Speichelfaeden in der Buttermilch
mich allerdings wieder entliebt, weil sie für mich doch ein wenig zu alt ist. Jetzt prügeln sich der olle Stermann und der graue Star Ostermayer um die tolle, aber angejahrte Hilde. Ostermayer beginnt in der Garderobe mit einem peinlichen ostangolischen Liebestanz, um dann mit einer umgeschnallten Sektflasche eine Erektion anzudeuten. Stermann, Kavalier der alten Schule, küsst dann der lieben Hilde beide Hände und Oberarme und überreicht kniend regelmäßig bis zu 500 Rosen. Die souveräne Sochor kostet das alles nur ein Lächeln, zwei Ohrfeigen für Ostermayer und drei für Stermann, und schon ist wieder Sittsamkeit in der Theatro-Garderobe hergestellt …
Es stimmt schon, liebes Tagebuch, Grissemann ist bei dem geriatrischen Theatererlebnis »Seele brennt« der Jüngste und er kann als Einziger auch seinen Text auswendig, aber trotzdem soll er sich seine abfälligen Bemerkungen sparen. Es ist doch nur ein harmloses Geflirte zwischen Ostermayer, Sochor und mir im Gange. Wir haben es halt lustig in der Künstlergarderobe. Während der verbissene Grissemann still im Dunkeln an seiner Interpretation feilt, machen wir der großartigen Sochor Komplimente im Minutentakt, na und? Das hebt die Stimmung. Wirklich letztklassig war Grissemanns Witz letztens bei der Probe. Er fragte in Sochors Anwesenheit: »Was ist der Unterschied zwischen Casanova und Jesus?« Antwort: »Der Gesichtsausdruck beim Nageln!«
Sehr komisch, die Stimmung jedenfalls ist sehr angespannt. Hoffentlich kriegen wir die acht Termine ab 12. November halbwegs über die Bühne.
4.11.
Wir sind immer noch voll am Proben für die Wiederaufnahme von »Seele brennt« im Wiener Rabenhof-Theater und kommen kaum dazu, uns FM4 zu widmen. Aber ich muss schon sagen, ich bin ein verdammt guter Schauspieler, Tagebuch. Wie ein genialischer Derwisch wirble ich leichtfüßig durch die schweren Schwab-Texte, äußerlich eine Mischung aus Klaus Kinski und Brad Pitt, jede Mimik preiswürdig und die Stimme sowieso mindestens von Gott. Mein Gott, ich hätte mit 18 Schauspieler werden sollen! So hab ich meine besten Jahre im Kellerradio vergeudet. Aber was soll's? Bis Mitte Dezember zeige ich im Rabenhof, dass der Ifflandring schleunigst einen neuen Finger braucht, meinen nämlich. Spüü, Grissemann, spüü! Theater, jaaa.
Grissemann hat sich einen neun Meter langen schneeweißen Maximilian-Schell-Schal um den Hals gewickelt und behauptet auf Puls TV dass wir, Sochor und ich, im Vergleich zu ihm so talentiert seien wie McDonald's-Pappfiguren. Er knallt endgültig durch und trinkt nur mehr den Schnaps, der schon Oskar Werner ins Grab brachte. Bis zur Premiere im Rabenhof-Theater müssen wir ihn wieder hinkriegen. Der Rabenhof-Direktor Gratzer hat aus eigener Tasche einen psychiatrischen Crashkurs für Grissemann berappt. Der hat aber bei Helmut Berger schon nicht funktioniert. Das kann ja was werden.
10.11.
Wir alle hier bei FM4 haben die – by the way – hervorragende ORF -Berichterstattung um die US -Präsidentschaftswahlen mitverfolgt. Im Schneidersitz saßen wir um den winzigen Fernseher herum, reichten uns gegenseitig Chips und Jägermeisterfläschchen. Es war schön. Bis auf den durchgedrehten Komiker Clemens Haipl, der behauptete, dass es »der Clinton schon schaffen werde«, waren wir uns alle sicher, dass das Affengesicht erneut das Rennen macht. Wir sollten Recht behalten. Als der Menschenaffe dann zum Volke sprach, fielen Chefcontroller Blumenau und mir die rattenscharfen Bush-Töchter auf, die sich im Hintergrund debil grinsend aufs Podium stellten. Meine Güte, was sind das für geile, kreuzkonservative Sexgeräte. Blumenaus und meine sexuellen Demütigungsfantasien gingen augenblicklich mit uns durch. Was für eine Nacht, Tagebuch.
Mir persönlich, da ich doch schon gesetzteren Alters bin, gefiel ja eher die Frau vom Affenmenschen, die einen Schritt vor ihren dumm-gelockten Töchtern stand, aber immer brav einen Meter hinter Mr. Monkey-President. Und als Haipl – knallbesoffen vom Jägermeister – irgendwas von »der Reagan wird's schon machen« brabbelte, überlegte ich klammheimlich, ob es möglich wäre, dem amerikanischen Präsidenten seine liebe Frau auszuspannen. Schließlich sehe ich zehn Klassen besser aus als er und bin auch ein wenig intelligenter. Das wäre eine Schlagzeile: » ORF -Komiker verbrachte Liebesnacht mit Präsidentengattin!« Könnte meiner etwas ins Stocken geratenen Karriere neuen Aufschwung geben. Ich fliege mal
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