Speichelfaeden in der Buttermilch
nach Washington und versuche sie anzubraten. Da geht sicher einiges.
14.11.
Wen sehe ich gestern, liebes Tagebuch, klammheimlich aus einem Hörgerätezubehör-Geschäft kommen mit hochgezogenem Mantelkragen? Den Horwath Florian, vulgo DJ Tschamba Fii. Peinlich war's ihm, als hätte er gerade im Bordell eine haltlose Liebesnacht verbracht. Ja ja, die DJ s und ihr Tinnitus. Berufskrankheit Hörschaden. Das komplette FM4- DJ -Team ist annähernd so taub wie eine Gruppe 95jähriger Altersheimopis. Jeder von denen hat so ein kleines diskretes, fleischfarbenes, batteriebetriebenes Hörgerät am Ohr stecken. Das ist zwar reichlich unsexy, aber notwendig, um den Alltag zu meistern. Ich selbst höre ja wie ein Luchs und spiele diese Überlegenheit gerne aus. So spreche ich betont leise mit DJ s, sodass diese sich ständig ans Ohr greifen und lauter drehen oder »Hä?« und »Was?« brüllen. Kleiner gemeiner Spaß im todlangweiligen Tagesgeschäft.
Seit ein paar Tagen bietet Grissemann für hörschwache FM4- Mitarbeiter einen Kurs an, in dem man Lippenlesen lernen kann. Für unverschämte 260 Euro die Stunde lernen die armen tauben FM4- DJ s nun von Grissemann, von den Lippen abzulesen. DJ Fleance musste in eine kleinere Wohnung ziehen, um sich den Kurs leisten zu können, der Herr Pulsinger hat seine ganze Plattensammlung verkauft, und Makossa, der am längsten im DJ -Geschäft ist, und somit der Taubste von allen, hat tatsächlich Auto, Rolex-Uhr, Ferienhäuschen in der Schweiz und seinen Ehering versetzt, um sich Grissemanns verbrecherischen Lippenlesekurs leisten zu können. Das geht zu weit, vor allem deshalb, weil ich herausgefunden habe, dass Grissemann als Lehrer ausschließlich irgendwelche nicht existierenden Fantasiewörter mit seinem Mund formt und die armen DJ s so in den Wahnsinn treibt.
16.11.
In der letzten »Treffpunkt Kultur«-Ausgabe kam der verkultete Orchesterleiter James Last zu Wort, der ja neuerdings Hansi heißt und versucht, sich 75jährig ein neues Image zu verpassen, indem er mit Grönemeyer und Jan Delay in die Kamera grinst. Die kreisenden Bewegungen von James Lasts linker Hand sind Legende. Weniger legendär ist seine Art zu sprechen. Ich schwöre, Tagebuch, ich habe kein Wort von ihm verstanden. James »Hansi« Last spricht etwa so: »……« Es war unmöglich zu verstehen, und die schwanenhalsige Rett hat es auch nicht übersetzt. Konnte sie auch nicht, sie hat es ja nicht verstanden. Als dann zwei Stunden später Frau Maischberger den Nahostexperten Peter Scholl-Latour zu Gast hatte, wurde es endgültig gespenstisch. Denn aus Scholl-Latour nuschelt es und kracht es noch unverständlicher als aus Last. Scholl-Latour hat irgendwas über Arafat dahergebrabbelt, und zwar so: »… Arafat …« So hat Fernsehen keinen Sinn.
Eine Sprechausbildung ist das Um und Auf, um in den Medien zu arbeiten, liebes Tagebuch! Mich selbst hat ja noch Gustaf Gründgens sprechtechnisch ausgebildet. Trotz dritter Zähne und fehlender Zunge verfügt Ihr Dirk Stermann über eine glasklare, eindrucksvolle Ausdrucksweise, stimmt's? Mit Sprechübungen verschiedenster Art vertreibe ich mir die Zeit zwischen den Sendungen. Zum Beispiel Flaschenkorken zwischen die Lippen nehmen und dann »In Ulm, um Ulm und um Ulm herum« zehnmal hintereinander aufsagen. Ja, ja, Übung macht den Meister. Das sei vor allem den Herren Last und Scholl-Latour empfohlen! Sonst kann an deren Stelle gleich die Leiche von Herrn Arafat sprechen. Macht auch keinen Unterschied.
18.11.
Nahezu der einzige Prominente, den ich im Boulevardfernsehen neben Hugh Grant ertragen kann, liebes Tagebuch, ist Karl Lagerfeld. Der lispelnde »God of Fashion« hat immer ein schlaues Witzchen parat und eine kleine wunderbare Demütigung für den Interviewer. Nun hat mir Luna Luce gesteckt, dass letzten Freitag der Kleidersupermarkt H&M mit Lagerfelds Mode veredelt wurde. Ich natürlich sofort hin. Habe die ganze Kollektion in fünf Minuten aufgekauft. Vor allen anderen. Lagerfeld ist nichts für dahergelaufene 17jährige Red-Bull-mit-Wodka-Prolls, die mit abscheulichen Arschtattoos unsereins in der U-Bahn auf die Nerven gehen. 100 Hosen, Mäntel und T-Shirts von König Karl habe ich dann an die FM4- Mitarbeiter verteilt. Wir sehen fantastisch aus zurzeit. Lagerfeld nicht für H&M , sondern für FM4 !
Die Hose, die mir der großzügige Grissemann geschenkt hat, ist mir neun Nummern zu eng. Und die Stiefelchen bedecken gerade mal den großen Zeh. Der kleine
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