Speichelfaeden in der Buttermilch
weitergehen, das wurde mir klar, als ich gestern zuhause in die Badewanne stieg und aus dem Schaum Grissemann aufstieg und mich mit einem gequäkten »Servus« begrüßte.
3.5.
Liebes Tagebuch, ich war jetzt im Rahmen unserer »Harte Hasen«-Tour das erste Mal in Stermanns Heimat, in Düsseldorf. Seine Eltern wohnen etwas außerhalb, direkt neben dem Neandertal. Plötzlich wurde mir einiges klar, was Stermanns Primitivität betrifft. Auch was seine Ernährung angeht. Die Neandertaler waren reine Fleischfresser, wie Stermann. Seine dichte Brustbehaarung allerdings deutet daraufhin, dass die Neandertaler, zumindest was das Fell betrifft, bereits weiter entwickelt waren als er. Und wenn ich die Höhlenmalereien der Neandertaler mit Stermanns Kritzeleien vergleiche. Nun, da liegen Welten dazwischen, was Technik und Fantasie betrifft. Stermann reicht den Neandertalern künstlerisch betrachtet nicht einmal annähernd das Wasser.
Ich fürchte, dass mein Kollege in Düsseldorf auf einem Altbiertrip hängen geblieben ist. Er hat meinem Vater ein Fass mit Altbier gestohlen und sich in der Nähe des Hauses meiner Eltern in einer Höhle versteckt. Zwei Tage lang, dann haben wir ihn gefunden. Das 100-Liter-Fass neben ihm war leer. Er brabbelte was von Mammuts und primitiven Werkzeugen. Ich habe kurz überlegt, ihn liegen zu lassen. Und wenn dann in 100.000 Jahren wieder Archäologen im Neandertal graben, finden sie Grissemanns Knochen. Wäre spannend zu sehen, ob sie ihn für einen Homo intelligentes oder auch so eine dumme Neandertalnuss halten. Aber selbstverständlich habe ich ihn nicht liegen gelassen. Ich hab ihn in die Düsseldorfer Uniklinik gebracht, wo ihm der Magen ausgepumpt und die Niere und die Leber und Teile des Gehirns entfernt wurden.
4.5.
Liebes Tagebuch, will ja nix sagen, aber ich feiere Mitte Mai meinen 32. Geburtstag. Das haben sich alle Mitarbeiter längst rot im Kalender angestrichen und sind in höchster Aufregung deshalb. Weil ich irgendwann einmal gemeint habe, dass mir selbstgebastelte Geschenke die liebsten seien, gleicht die FM4- Redaktion dieser Tage einer Bastelwerkstatt. Da wird gehobelt, geklopft, gespachtelt, gebohrt und geklebt. Alle wollen mir eine besondere Freude machen. Chefcontroller Blumenau schnitzt mir eine Obstschüssel, die Senderchefin eine Panflöte, und Musikchef Makossa baut mir aus Streichhölzern den Eiffelturm nach. In Originalgröße selbstverständlich. Nicht so eine Miniaturscheiße. Alle wollen sich mit ihren Geschenken bei mir einhauen. Der Edlinger strickt mir Handschuhe für den Winter, Wortchef Pieper bastelt mir ein Holzkätzchen, und der liebe Herr Freeman hat auch eine Idee, weiß nur noch nicht, welche.
Stuart Freeman, der genau dreimal so alt ist wie der junge Pfiffikus Grissemann, arbeitet seit drei Monaten hinter einem Vorhang neben dem Minidiscschrank am Geschenk für Grissemann: an einer wunderschönen Stermann-Puppe. Also ich in Holz. Im Falle meines Ablebens kann Grissemann sich dann die Stermann-Puppe neben sich ins Zugabteil setzen, sodass alles ist wie immer. Schließlich ist Grissemann sehr an mich gewöhnt und mit einer Stermann-Puppe an seiner Seite braucht er sein Leben auch nach meinem Tod nicht umzustellen. Hach, der Herr Freeman ist ein begnadeter Bastler. Die Stermann-Puppe ist bald fertig, Stuart muss nur noch die Frisur weiß einfärben. Grissemann wird staunen!
5.5.
Der Kannibalenprozess in Deutschland wird neu aufgerollt, liebes Tagebuch. Das interessiert uns alle sehr, liebes Tagebuch, schließlich haben sich viele von uns in Kannibalenforen im Internet kennen gelernt. Herr Fuchs von »House of Pain« ist im Oktober 2002 haarscharf an der gleichen Katastrophe vorbeigeschrammt, die dem deutschen Kannibalen zum Verhängnis wurde. Herr Fuchs hat im Netz einen gewissen Herrn Edlinger kennen gelernt, der, zu allem bereit, unter anderem auch aufgegessen werden wollte. Die beiden trafen sich in einem Keller in Wien-Hetzendorf. Nun, Gott sei Dank konnte ich früh genug einschreiten, sodass nichts weiter passierte. Herr Fuchs hat Herrn Edlinger lediglich drei Zehen seines rechten Fußes abgebissen. Mehr nicht. Heute sind die beiden die besten Freunde und Herr Edlinger durch eine Therapie auch seine bizarre Neigung los.
Christian Fuchs, übrigens ein ausgesucht gutaussehender junger Mann mit besten Manieren und hoher Intelligenz, kommt dann und wann mit blutverschmierten Mundwinkeln in die Redaktion. Vor allem die jungen
Weitere Kostenlose Bücher