Speichelfaeden in der Buttermilch
Werde zur Ablenkung erst mal Zeitung lesen, den Standard , den mir das Zimmermädchen freundlicherweise jeden Morgen vor die Tür legt. Wenn mir Stermann Faulheit vorwirft, sage ich einfach: »Was is? Standardsituationen müssen auch trainiert werden.« Ha, auch Spaß muss sein.
Sollen wir schnell Robert Hoyzer anrufen, liebes Tagebuch? Nein, nein, wir bleiben ehrlich und setzen auf unsere größte Stärke: das Wunder. Die Trainingsmöglichkeiten im kleinen Hotelzimmer sind allerdings ziemlich begrenzt. Mir steht lediglich der Obstkorb zur Verfügung. Habe gestern immerhin fünf Stunden lang Bananenflanken geübt. Grissemann ist schon ganz grün im Gesicht, einerseits aus Angst, andererseits weil ich das Freistoßschießen mit Kiwis trainiere, die allesamt in sein Gesicht knallen und dort aufplatzen. Muss jetzt schließen, Tagebuch, weil ich mit der stacheligen Ananas mein Kopfballspiel perfektionieren muss. Ach, Fußballgott, hilf am Samstag!
9.5.
Herrlich sind die Tage gerade, liebes Tagebuch. Nachdem ja the poor Chefcontroller Blumenau diesmal den FM4- Tourmoderator gibt, haben wir Zeit, dem süßen Nichtstun zu frönen. Die Sonne lacht und so habe ich gestern 15 mintgrüne Badehosen mit Seepferdchenmotiv erstanden und an die männliche Belegschaft verteilt, zusätzlich wurden 15 knappe Fiona-Bikinis an die FM4- Ladys ausgegeben und dann ab – zwar nicht nach Capri, aber immerhin an die Alte Donau. Ministergriffe üben. Zuerst waren Zikmund und Unger dran. Zwei ausgewiesen hübsche FM4- Mitarbeiter, und ich schwöre dir, Tagebuch, von Weitem hätte man die zwei durchaus mit Karl-Heinz und der Kristall-Schnecke verwechseln können. Bei Davidek und Brunner das gleiche schöne Bild. Wahnsinn, beinahe alle FM4- Redakteure taugen als Fiona-und-Karl-Heinz-Doubles, mich eingeschlossen, der ich ja beiden irgendwie ähnlich sehe.
Grissemann und seine idiotische Capri-Nachstellaktion. Ich sollte mit der Senderchefin das Geturtel imitieren. Senderchefin Eigensperger, eine sehr schöne Frau mit Format und Klasse, hat ihren Job hervorragend erledigt. »Fiona, Fiona«, haben sogar Leute von der Straße herübergerufen. Aber als ich dann ins erbsengrüne Höschen stieg und mit der Senderchefin am Herumschnäbeln war, da hat der an und für sich sehr liebenswerte Harmes Duscher was sehr Gemeines getuschelt, ich hab's genau gehört: »Wenn die Swarovski Helmut Kohl heiratet, dann heißt sie nachher Fiona Kohl, und das hört sich nicht sehr jetsettig an.« Hat der Duscher an Helmut Kohl gedacht, als er meines halbnackten Leibes ansichtig wurde? Werde ihn zur Rede stellen müssen, ich, der Flavio Briatore von FM4 !
10.5.
Die Regisseurin vom Film »Brothers« heißt Susanne Bier. Bier. Susanne Bier. Was für ein wundervoller Name, Tagebuch. Bier. Vergleiche das mal mit Freeman, Davidek, Lang, Unterweger, Springenschmid oder Grissemann. Bier. So muss man heißen. Und nicht Blumenau, Horwath, Stermann, Gstettner, Bauer oder Eigensperger. Bier. Susanne Bier. Noch dazu Susanne. Susanne Bier. Und nicht Knut Bier oder Helmut Bier, nein, Susanne Bier. Ich bin entzückt. Ich muss diese Frau unbedingt kennen lernen. Ich muss Susanne Bier kennen lernen. Und zwar schnell. Ich bin mit Nachbarn gepeinigt, die Hundsnurscher, Zawradil, Schmanz und Huber heißen. Und da draußen läuft eine hinreißende Regisseurin herum, die Susanne Bier heißt. Ich fass es nicht. Ich muss sie kennen lernen. Bin auch jederzeit bereit, mich für sie in Christoph Maria Aquavit umtaufen zu lassen.
Frauen mit Getränkenachnamen, irgendwie kann ich die Grissemann'sche Obsession ja verstehen, liebes Tagebuch. Auch ich war jahrelang fasziniert von einer gewissen Käthe Krachen, die ich in Grinzing während meiner Zeit als Heurigensänger kennen lernen durfte. Aber ausgerechnet »Bier«? Ich weiß nicht. Ist das nicht ein bisschen sehr gewöhnlich? Was sind da für großartige Kreationen vorstellbar? Agnes Averna, Christin Campari, Maria Mai Tai, Wilma Whiskey Sour oder Chantal Champagner? Susanne Bier fällt da ziemlich ab, liebes Tagebuch, aber es passt zu Grissemann, diesem stumpfen, aus Humpen saufenden Möchtegernmoderator. Ich genehmige mir jetzt ein Gläschen herrlichen trockenen Weißwein aus dem Duisburger Weingut Stermann. Prost auf Deutschland! Ach, Quatsch, aufs Bier meinetwegen!
11.5.
Der rätselhafte Klavierspieler, der völlig durchnässt an einem Strand im Südosten von Großbritannien aufgegriffen worden ist und seither kein Wort geredet hat,
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