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Speichelfaeden in der Buttermilch

Speichelfaeden in der Buttermilch

Titel: Speichelfaeden in der Buttermilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Stermann , Christoph Grissemann
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kommen nicht nur aus dem Auspuff Stichflammen, nein, auch der Sattel brennt und die Reifen und leider auch das Lenkrad, sodass es sehr schmerzhaft ist, mit meinem Moped zu fahren. Aber das ist den Herrschaften bei FM4 ja egal. Hier muss man einfach nur funktionieren, egal wie. Ich muss immer müde lächeln, wenn ich lese, dass Fußballer pausieren, wenn sie einen Kreuzbandriss haben oder ein gebrochenes Schienbein. Bei Mathias Zsutty müssten sie auch spielen, wenn sie künstlich ernährt werden, und Operationen müssten während des Spiels durchgeführt werden. Ich kann nicht mehr. Nachdem wir dieses heutigen Tagebucheintrag gelesen haben, müssen wir sofort mit dem Moped nach Berlin fahren. Das geht sich alles doch nie aus, vor allem, weil wir ständig von der Polizei angehalten werden, weil man scheinbar nicht mit brennenden Mopeds fahren darf.
    29.4.
    Liebes Tagebuch, Stermann und ich sind in Bayern, in Ingolstadt aufgetreten, und in der Ingolstädter Zeitung stand: »Bekannt von SM4 .« Deshalb waren im Publikum viele Menschen in schwarzen Lederkostümen, mit Latexmützen, Gewichten an den Brustwarzen, und wollten entweder unsere Stiefel lecken oder hielten uns ihre hin. Vielleicht wäre es ja tatsächlich eine Marktlücke, einen reinen SM -Radiosender zu gründen. Obwohl, Stermann meinte, es gebe ja mit Ö3 bereits einen, aber das war wohl Spaß. Aber den mal beiseite, in Amerika gibt es unzählige Spartensender, warum eigentlich nicht auch bei uns? Ein Jazzsender ausschließlich für Ornithologen oder eine finnische Hip-Hop-Station oder eine Schmusewelle für Hausfrauen bis 14, Beerdigungssender, Spezialmoderatoren, die wissen, was Menschen mit eingewachsenen Zehennägeln hören wollen, Embryofunk, reine Wettersender für Komapatienten. Mein Gott, es gibt so viel, womit man innerhalb einer bestimmten Zielgruppe erfolgreich sein kann. SM4 wäre da nur ein Anfang.
    Liebes Tagebuch, Grissemann hat sich mit einem Ingolstädter Sadisten die ganze Nacht herrlich unterhalten. Ich musste ihn in der Früh von den Handschellen befreien, mit denen ihn der Bayer an ein Heizungsrohr gekettet hat. Aber mein Kollege war hellauf begeistert von seinem neuen Bekannten. Er plant, bei unserer Heimkehr nach Wien einen eigenen Radiosender für Reptilienfreunde zu gründen, also für befreundete Schlangen, Echsen und Warane. Er will mich für dieses idiotische Projekt begeistern. Ich weiß nicht, was der Ingolstädter Maskenmann ihm in den Stiefel gegeben hat, den er ausgetrunken hat, aber ich fürchte, dass er verrückt geworden ist. Welche Schlange hört denn Radio? So ein Schwachsinn. Außerdem habe ich ein eigenes Radioprojekt, für das ich alle meine Energie brauche. Ich plane, einen Kirchenmusiksender zu gründen, der von Amazonasindianern für Amazonasindianer in Wien gemacht werden soll. Ich weiß, das klingt jetzt ein bisschen kommerziell. Aber es handelt sich um taube Indianer über 90. Ein interessantes Projekt, für das ich mehr als 30 Millionen Euro an EU -Förderungsgeldern erwarte.
    30.4.
    Liebes Tagebuch, mein legasthenischer Innenarchitekt hat alle Steckdosen an der Außenfassade meines Hauses angebracht, sodass ich im Freien fernsehen muss. Dafür hat mein legasthenischer Garten- und Landschaftsarchitekt in der Küche einen Kastanienbaum gepflanzt. Und einen Magnolienbaum und eine stolze deutsche Eiche. Sehr hübsch, aber ich passe nicht mehr in die Küche. Höflich, wie ich bin, lass ich mir nichts anmerken, außerdem bin ich durch die Arbeit bei FM4 einiges gewohnt. Dass der Portier ein Mann ohne Gedächtnis ist und seit 15 Jahren jedes Mal, wenn ich das Funkhaus betrete, den Sicherheitsdienst kommen lässt, um mich überprüfen zu lassen, zum Beispiel. Oder dass Stuart Freeman immer in den Kopfhörer spricht und versucht, sich das Mikrofon auf den Kopf zu setzen. Oder dass Senderchefin Eigensperger bei jeder Entscheidung die Praktikanten um Rat bittet, es ist eine verdrehte Welt hier beim Jugendsender mit einem Altersschnitt von 69.
    Liebes Tagebuch, weil bei FM4 der Hauselektriker die Installationen gemacht hat und der Installateur die Stromkreise, spritzen die Lampen und das Klo leuchtet. Aber egal. Musikchef Makossa kommt auch eigentlich vom Squaredance und programmiert bei uns das gesamte Musikprogramm. Interessanterweise kommen ja die meisten Kollegen bei FM4 eigentlich vom Squaredance, diesem hübschen Tanzstil aus dem Amerika der Siedler. Fritz Ostermayer näht in seiner Freizeit Siedlerkleider und flicht

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