Speichelfaeden in der Buttermilch
gekauft habe. Auch der Lügendetektortest ist zu ihren Gunsten ausgefallen. Trotzdem – ich muss ganz sichergehen.
Was wollen Sie denn noch testen? Herr Grissemann, lassen Sie Ihre Mutter doch in Ruhe.
Spezialisten aus Philadelphia werden eingeflogen. Psychologen, Juristen, Kriminologen, ein Schamane und ein Neurochirurg, außerdem kommen meine Brüder, mein Vater, der Arzt, der mich zur Welt gebracht hat. Ich hoffe, so ein bisschen Licht ins Dunkel dieser Situation zu bringen.
Verstehe. Glauben Sie, wäre es möglich, dass Sie mir jemanden aus Ihrem Ärzteteam vorbeischicken?
Warum denn?
Ich habe Ihren Rat befolgt. Ich habe gewimmert und damit ihre Muttergefühle geweckt. Sie ist rausgekommen und ich habe sie umarmt. Genauso fest und herzlich, wie ich vor 26 Jahren den lieben Zorro umarmt habe, den Schäferhund von Fräulein Rummelplatz.
Ja, und? Wozu brauchen Sie jetzt einen Arzt?
Für meine Mutter. Während der Umarmung krachten ihre Knochen, dann fiel sie in sich zusammen und begann leise zu wimmern. Ich habe vermutet, sie wimmert, um so meine Sohngefühle für sie zu wecken. Ich nahm sie noch einmal fest in den Arm, und jetzt wimmert sie gar nicht mehr.
Vielleicht ist ihr einfach kalt.
Kann nicht sein. Ich habe ihr die Ledersocken angezogen.
Ich schicke Ihnen Dr. Raumflasche vorbei, ihn kenn ich auch aus der Gemüsegruppe.
Was ist das eigentlich für eine Gruppe, diese Gemüsegruppe?
In meiner Gemüsegruppe werden schwere Misstrauensneurosen behandelt. Mit Zucchini, Lauch und Erbsen wird Vertrauen aufgebaut.
Und das funktioniert?
Nein, eigentlich gar nicht. Wir machen jetzt nur mehr Jazzgymnastik.
Aha.
Moment mal … (der Speicheltest jetzt … ja, ich komme gleich) Herr Stermann, es ist schon alles für den Speicheltest vorbereitet. Ich muss aufhören.
Meine Mutter liegt am Boden.
Ja ja. Ich schicke Ihnen Dr. Raumflasche vorbei. Bis er kommt, beschäftigen Sie Ihre Mutter, machen Sie ihr eine Freude.
Au ja. Ich zeig ihr das Hundevideo, das ich heimlich aufgenommen habe. Da sieht man, wie Schäferhunde mit Schaum gewaschen werden. Wiederhörn.
Wiederhörn.
Folge 3: Nanni
Stermann.
Grissemann hier. Die Frau ist meine Mutter! Alle Tests positiv. Kein Zweifel. Ich hab Kaffee aufgesetzt. Puppenfleisch holt Blumen und Kuchen. Wir feiern Muttertag.
Das ist schön.
Es ist – und das hat mich verblüfft – das exakt gleiche Testergebnis wie in den letzten Jahren. Mutter ist noch etwas schwach, aber sobald sie die Augen wieder aufschlägt, wünsche ich ihr alles Gute.
Bei mir ist es auch so wie in den letzten Jahren. Meine Mutter ist im Krankenhaus, und ich bin allein zuhause und kucke Hundevideos.
Was war denn los?
Dieser Dr. Raumflasche hat sie untersucht und sofort ins Krankenhaus überstellt. Meine arme Mutter wird wieder ein ganzes Jahr im Krankenhaus bleiben müssen.
Wollen Sie zu mir kommen?
Nein. Ihre Mutter bedeutet mir nichts. Falls es überhaupt Ihre Mutter ist.
Wie meinen Sie das?
Na ja, Dr. Raumflasche hat da so was angedeutet …
Was?
Der grafologische Test zeigte eine 0,008%ige Wahrscheinlichkeit, dass diese Frau eine Schwindlerin ist.
(Kaffeemaschine sofort abschalten und das Wasser wieder aus der Vase schütten! In fünf Minuten neuerliche Besprechung im Wohnzimmer!)
Es tut mir leid, Grissemann. Falls sich herausgestellt hat, dass es doch nicht Ihre Mutter ist, können Sie anschließend gern zu mir kommen.
Ein Muttertag ohne Mutter? Nein danke, Herr Stermann.
Herr Grissemann, warten Sie mal, äh, ich hab in meinem Portemonnaie eine Fotografie von Nanni.
Nanni?
Die Mutter von Zorro. Eine treue Schäferhündin.
Sind Sie sicher, dass sie die Mutter von Zorro ist?
Ja, ich war bei der Geburt dabei. Heimlich.
Ich weiß nicht, Stermann. Am Muttertag wäre ich schon gern bei meiner Mutter und nicht bei dem Foto der Mutter irgendeines verdammten Schäferhundes. Nichts für ungut, Wiederhörn.
Wiederhörn.
Das Video
Folge 1: Wenzel-Knattek
Stermann. Wer ist denn da?
Fragen Sie nicht so blöd. Ich bin doch der Einzige, der Sie seit Jahrzehnten anruft. Hören Sie, ich hab doch diesen neuen Kühlschrank, den ich mir 68 gekauft habe, während der Studentenrevolution, einen langhaarigen, rebellischen Kühlschrank.
Ist das nicht der, der damals diese legendäre Kühlschrankdemo organisiert hat?
Ja, es existiert ein Foto, darauf ist er aber nicht genau zu erkennen, weil er vermummt war.
Ja, und?
Ich hab ihn heute zum ersten Mal geöffnet. Ich hab das vorher
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