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Speichelfaeden in der Buttermilch

Speichelfaeden in der Buttermilch

Titel: Speichelfaeden in der Buttermilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Stermann , Christoph Grissemann
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singen, denn Leander sang viel zu leise. Ronnie sang Chansons, Leander auch, aber Leander hätte auch Death Metal singen können, es war egal, man hörte ja nichts. Irgendwann fiel Leander um im Kosmetiksalon. Das war schade. Wie er da so lag, am Boden, zwischen künstlichen Fingernägeln und einem Berg abgeriebener Hornhaut, das war schon ein trauriges Szenario. Vergleichbar nur mit der Situation als Ronnie Hornschuh fünf Jahre später starb. Ronnie fiel nämlich einem Raubmord zum Opfer. Der Maskierte hatte ihn nicht beunruhigt, trug er doch eine Gurkenmaske, als er den Kosmetiksalon überfiel. Ronnie und Leander – die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft. Man wird die beiden nie mehr gemeinsam Chansons singen hören. Das hat man aber sowieso nie, denn Leander sang immer viel zu leise. Insofern ist eigentlich alles ganz egal.
    Arbeitstexte fürs Romantik-Seminar
    Duft durchdringt das Haar der Magd. Der Mondschein lässt es gülden glitzern. Sie trägt nachhause die Körbe voller Frucht. Sie stolpert über Stock, dann Stein. Da guckt der Ziesel. Ist der Abendstern noch wach? Und da, im Bach – muh, muh – bumst der Dorfdepp seine Lieblingskuh.
    Von ferne schon hört man die Kindlein singen, glockengleich die Kinderstimmen, die Bäcklein rosarot. Die braungebrannten Beinchen, hurtig auf dem Weg zur Schule. Schnell schnell, ihr Lieben. Husch husch. Kräht da nicht schon der Hahn? Von Ferne töfft die Eisenbahn, da heißt es winken. Winke winke. Die Sonne blinzelt freundlich nieder, die Ränzlein wackeln frech im Wind. Gütig sieht man Lehrer Hampe blicken, er selbst denkt immer nur ans Dorfdepp-Ficken.
    Schneeflöckchen fallen sanft und leicht. Vöglein zwitschern, ein Bächlein rauscht und das Reh streckt frech sein Köpfchen in den Wind. Ein Glockenspiel erklingt von weit, der Duft von Heu erfüllt die Luft, die klar und rein dem Füchslein Atem gibt. Der Frühling zeigt sein zärtlich Kleid, dort springen Forellen und hier summen die Bienchen. Auf den Blättern liegt Tau und dem Bauern seine Frau, wird, während der Mond durchs Himmelsdach blickt, vom Dorfdeppen ordentlich durchgefickt.
    Dazu schreibt Magistra Inge Sämann in ihrer Promotionsschrift »Abschwellender Bocksgesang. Kulturkritik im Schweinehälften-Kostüm«:
    »Oh Wildnis, oh Schutz vor ihr« – möchte man nach der Lektüre dieses kleinen Prosa-Gedichts gemeinsam mit der großen österreichischen Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek ausrufen, welche wohl zu den prominentesten Vertreterinnen jener postmodernen Anti-Heimat-Literatur zählt, in deren Traditionslinie sich unsere beiden Autoren mit diesen Arbeitstexten fürs Romantik-Seminar eingeschrieben haben. Oder sollte man sagen: eingeschrieben zu haben scheinen? Denn bei genauerer Lektüre wird diese leichterhand vollzogene Einordnung zusehends problematisch. Zwar dient die pastorale Idylle den Autoren Grisse- und Stermann offenkundig nur mehr als Staffage für ihr satirisch ideologiekritisches Verwechslungsspiel. Ihre Aussage- und Wirkungsabsichten lassen sich allerdings – anders als bei der Kollegin Jelinek – nicht ganz eindeutig auflösen. Hier bleibt ein inkommensurabler Rest. So scheinen insbesondere jene formelhaft wiederkehrenden derben Schlusspointen einerseits in klar desillusionierender, also satirisch-kritischer Absicht auf die Anachronizität und Fragilität jenes Wunschbildes vom naturverbundenen Dasein bedürfnisloser friedlicher Landbewohner zu verweisen. Andererseits ließe sich aus denselben Formeln genausogut das Lob ländlicher Promiskuität heraushören, ist doch nicht zuletzt die Figur des so genannten Dorfdeppen als Verdichtung, wenn nicht gar als Apotheose einer naiven und damit unschuldigen, also positiv konnotierten Sexualität lesbar.
    Sollten unsere Autoren etwa weniger an einer kritischen Demontage als vielmehr an der emphatischen Rekonstruktion eines überkommenen Naturbildes interessiert gewesen sein?
    (Hierauf kann es an dieser Stelle keine Antwort geben. Zumal die Topoi Ehebruch, Sodomie, Homoerotik und sexuelle Beziehungen mit Abhängigen – sofern deren literarische Ausgestaltung von vergleichbaren Topoi in der erotischen Hirtenpoesie der Anakreontiker abweicht – keinesfalls zu meinen Fachgebieten zählen. Sehr unangenehm.)
    Nassfratz und Kleinrensing
    Beim Vögeln zwitscherten sie wie blöde Gänse, es war ihnen unmöglich, cool Sex zu haben. Hysterische Narreteien und exaltierte Kasperliaden beim Geschlechtsverkehr mit

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