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Speichelfaeden in der Buttermilch

Speichelfaeden in der Buttermilch

Titel: Speichelfaeden in der Buttermilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Stermann , Christoph Grissemann
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Oma Belästigers Alkoholismus und empfand eine tiefe innere Zufriedenheit, wenn seine alte Mutter betrunken hereingetragen wurde. Die Alte wurde immer aggressiv, wenn sie betrunken war. Das machte Udo, den Sohn, sehr glücklich, richtete sich ihre Aggressivität doch ausschließlich gegen ihn. Einmal im Suff, so erzählte Udo immer wieder gern mit einem bewundernden Unterton in der Stimme, einmal im Suff habe sie versucht, ihm mit seinem Kaschmirmantel die Augen auszustechen. Lieber Leser, was so unmöglich klingt, gelang! Sein Vater übrigens, Udos Vater, ist gestorben, als er drei war – der Vater. Oma Belästiger war im herkömmlichen Sinn keine Oma, weil ihr Sohn Udo keine Kinder hatte. Udo hatte einen Hund, einen toten Hund, und zwar einen ehemaligen Vorsteherhund. Udo kaufte den Hund lebend 1974, als er beim Hundezüchter anfragte nach einem Hund, der zu seiner Prostata passte. Udo nannte den Hund Ziegenhemd, und Ziegenhemd starb 1976 an Prostatakrebs. Seit damals zog Udo Belästiger den toten Hund an der Leine hinter sich her, wenn Udo glaubte, dass Ziegenhemd Gassi gehen musste. zuhause im Altersheim steckte Udo Ziegenhemd in eine antike Vase, die mit Formalin gefüllt war, damit Ziegenhemd nicht vom Fleisch fiel. Zweimal im Jahr ging Udo mit Ziegenhemd zum Tierarzt, der jedesmal aufs neue Ziegenhemds Tod feststellte. Als Udo 1986 einmal drei Monate im Knast war, weil er einen vollbesetzten Passagierdampfer in die Luft gejagt hatte, musste Oma Belästiger sich um den toten Vorsteherhund kümmern. Im Suff steckte Oma Belästiger Ziegenhemd nicht in Formalin, sondern in flüssiges Koffein. Die Brühe war so stark, dass der seit acht Jahren tote Ziegenhemd wieder erwachte. Im Suff erschoss sie ihn. Als Udo, aus dem Knast entlassen, mit Ziegenhemd zum Tierarzt ging, konnte dieser wieder nur den Tod feststellen. Oma zog inzwischen den Hut vor sich selbst, weil sie trotz 142 Promille noch immer auf der Straße stand und in der prallen Sonne Bier vom Fass trank. Udo Belästiger fand es eigentlich nur lässig, vor Gericht fand man es aber fahrlässig, alle Pfleger in Udos Altersheim mit dem toten Ziegenhemd zu erschlagen. Man verurteilte ihn zu zwei Wochen Knast. Oma Belästiger musste sich währenddessen wieder um Ziegenhemd kümmern. Im Suff rief sie den Tierarzt, weil Ziegenhemd beim Schlagen kaputtgegangen war. Der Tierarzt kam zu ihr auf die Straße, wo Oma seit Jahren Bier aus dem Fass soff und 198 Promille hatte. Der Tierarzt aber konnte den toten Vorsteherhund nicht finden. Da hatte Oma Belästiger den Tierarzt aber ganz schön an der Nase herumgeführt, hatte sie doch den toten Ziegenhemd in ihrem Bierfass versteckt! Als Oma Belästiger das Fass ausgesoffen hatte, zog sie erst – wie immer – den Hut vor sich, vor so viel Trinkfestigkeit, und fiel dann – wie immer – auf der Straße um. Der Tierarzt trug Oma zu Udo in den Knast. Ziegenhemd aber, der auf der Straße im Fass versteckt lag, kaputt und tot, wurde vergessen.
    Was passierte mit dem armen Ziegenhemd? Udo wusste nichts, weil er ja im Knast war. Oma wusste auch nichts, weil sie ja im Suff war. Der Tierarzt selbst wusste ja gar nicht, dass Ziegenhemd im Faß versteckt ist. Wie die Geschichte weiterging und ob Ziegenhemd je wieder gesund wurde? Das erfährt man vielleicht auch irgendwann.
    Oma Belästiger, Udo und Ziegenhemd II
    Als Oma aus ihrem dreiwöchigen Koma erwachte, schnappte sie japsend nach Luft, weil der tote Vorsteherhund Ziegenhemd auf ihrem Gesicht lag. Ein scharfer Geruch nach Verwesung stieg in ihre rotgeäderte Nase, Udo hatte wohl länger vergessen, Ziegenhemd in Formalin zu stecken. Nein, Udo hatte es nicht vergessen, er war einfach verhindert. Udo war im Knast. Udo hatte aus einem glücklichen Gefühl heraus einen vollbesetzten Touristenbus in die Luft gesprengt und mehrere Passanten auf offener Straße hingerichtet. Klar musste er dafür Strafe ausfassen, drei lange Wochen im Gefängnis. Und es war ihm untersagt, seinen toten Vorsteherhund Ziegenhemd mit in die Zelle zu nehmen, also musste er Ziegenhemd irgendwo lassen. Er entschied sich für Omas kleines Zimmer im Altersheim. Er legte Ziegenhemd drei Wochen direkt auf Omas Gesicht, damit er sich die Füße nicht dreckig machte und Oma Ziegenhemd sofort sah, wenn sie aufwachte. Heute wurde Udo aus der Haft entlassen. Sein erster Weg führte ihn sofort zu seinen Liebsten, zu Oma und zu Ziegenhemd, doch beide waren weg. Oma hatte sich längst besinnungslos gesoffen und

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