Speichelfaeden in der Buttermilch
knallharten Arbeitstag. »Da kommt er, der Piepmatz«, flüsterten bibbernd die Redaktionsmitglieder. »Piepmatz«, ein Spitzname, der zu Dr. Mastur so gar nicht passen wollte. Es war 9.00 Uhr, als Dr. Mastur sich mit dem Ärmel die Brühe aus dem Gesicht wischte und seine Mitarbeiter anbrüllte: »Redaktionssitzung, Blödmänner! Hat irgend jemand ›Piepmatz‹ gesagt? Dann werde ich Hengst und Schnecken verbreiten!« »Sie meinen wohl Angst und Schrecken?«, warf Molkentien von der Chronik kleinlaut ein, da war er auch schon tot. Erschossen vom knallharten Dr. Mastur, der sich verständlicherweise solche Frechheiten nicht bieten lässt. »Engvist, ihr Artikel über Schiebetüren war Scheiße! Kommen Sie vor zur Zerquetschung!« Es war wie immer. Um 9.05 Uhr waren zwei Redaktionsmitglieder tot. Kreidebleich und noch einmal dem Tod von der Schaufel gesprungen warteten sieben andere Journalisten auf die Befehle des knallharten Dr. Mastur.
Halt die Schnauze, Chinesenbein!
In der Zigarettenbar »Durstbunker« sitzen seit 18 Jahren ein Elmshorner Tennisspieler, ein Leimener Tennisspieler und eine Brühler Tennisspielerin. Die drei sitzen getrennt und doch irgendwie zusammen und beobachten seit 18 Jahren einen knabenhaften Fleischhauermeister aus Istrien, Ecke Muningworth/32te, der heftig gestikulierend auf Chinese macht. Wie man heftig gestikulierend auf Chinese macht, weiß keiner so recht in der Zigarettenbar »Durstbunker«. Die drei Elmshörner warten übertrieben zähneknirschend auf das, was sich seit 18 Jahren tagtäglich um 23.00 Uhr im »Durstbunker« abspielt, auf den Rabenvater und seinen isländischen Aasgeier, der auf Rabenvaters Schultern hockt und heftig gestikulierend auf Papagei macht. Und genau jetzt beginnt ein Gestikulierwettstreit, wie ihn der Durstbunker noch nie gesehen hat, vielmehr jeden Tag sieht. Bei näherem Hinsehen entpuppt sich der knabenhaft aussehende Fleischhauermeister aus Istrien als der Blödmann Klaus Wildbolz, der heftig gestikulierend auf Chinese macht, während der isländische Aasgeier auf Rabenvaters Schultern etwas schlechter heftig gestikulierend auf Papagei macht. Wieder hat der blöde Wildbolz alle mit seiner Chinesennummer in seinen Bann gezogen, was der Rabenvater pünktlich um 23.30 Uhr, heftigst akklamiert vom Tennisgesocks, mit den Worten quittiert: »Halt die Schnauze, Chinesenbein!« Erst dann kehrt wieder Durst ein in der Zigarettenbar »Ruhebunker«, irgendwo.
Götz nimmt's krumm
Nach einem Freilichtkonzert der deutschen Rockgruppe »Pur« im Stuttgarter Gottfried-Daimler-Stadion, anlässlich einer Mercedes-Gala des Ueberreuter-Verlages, zertraten die beiden in Deutschland zu Recht völlig unbekannten Entertainer Dirk Stermann und Christoph Grissemann Götz Georges gesundes Bein, was ihnen in der deutschen Presse nicht viele Sympathien einbrachte. Niedergeschlagen befummelten sie Passbilder von sich selbst in der Haftanstalt Kummermonika, benannt nach der 1911 tödlich verunglückten Monika Kummer. Da saßen sie jetzt also im Gefängnis. Die Bild -Zeitung klagte sie an als »irre Komiker aus Wien«, die Götz Georges gesundes Bein zertrümmert hatten. Ihre Karriere war so zertrümmert wie Götz Georges Bein. Der ORF weigerte sich, die Kaution zu bezahlen, und auch 3sat ignorierte sie schon seit Jahren. Der Jugendsender FM4 distanzierte sich augenblicklich von diesen – Zitat – »kranken Menschen«. Aus der Bild -Zeitung erfuhren die bis auf die Beinzertrümmerung Götz Georges eigentlich sehr harmlosen und nichtssagenden Zweite-Klasse-Moderatoren, dass ihre Frauen sehr glücklich seien, diese – Zitat – »Knallchargen jetzt endlich verlassen zu können«. Der Anstaltspsychologe Dr. Leander Pajees behandelte die Depressionen der beiden Entertainer mit Weltrekordeinläufen unter 9,80. Gefängnisalltag trat ein. Die Lektüre der täglichen Bild -Zeitung war der einzige Lichtblick. Bis auf die Serie von Herrn Schack, der fünf Jahre lang jeden Tag über die »Götz-George-Beinzertrümmerer aus Wien« einen miesen Artikel schrieb. Nur einmal in all der düsteren Zeit im Gefängnis bekamen sie Besuch, und zwar von Götz George, der, seine beiden zertrümmerten Beine in der Hand, weinerlich fragte: »Warum habt ihr das gemacht?« Ohne ihren Blick von der Bild -Zeitung zu wenden, traten sie den Darsteller raus. Der österreichische Gefängnisdirektor Gerhard Zimmer bot den beiden tätowierten Exhumoristen nach acht Jahren an, Führungen durch die
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