Speichelfaeden in der Buttermilch
Architekturbüro Plärrwurst, der in das Gangklo spähte. »Was scharrt, schabt und kratzt denn da so geheimnisvoll am Gangklo?« »Nichts.« »Gar nichts?« »Doch, doch, natürlich, eine klitzekleine, klitzekleine, große, klitzekleine Maus schaut aus der Gangkloklomuschel heraus.« Fasziniert beobachteten die drei Herren die Unternehmungen der kleinen Maus. War die klitzegroße Maus doch glatt durch die Kanalrohre ins Gangklo gegangen! Das Kratzen, Scharren und Schaben wurde aber immer lauter. Da kam noch etwas Anderes aus dem Klo heraus. Entsetzt erspähten die drei Herren eine Ratte, die aus der Toilette kam, und einen Dackelhund und ein Maultier, eine Eule, noch eine Eule, und da kam auch der Chef vom Architekturbüro Plärrwurst heraus aus dem Klo, der alte Plärrwurst selbst. »Morgen«, murmelte Plärrwurst. »Morgen«, »Morgen«, »Morgen«, antworteten die drei Herren. »Irgendwas Besonderes?«, fragte Plärrwurst seinen Assistenten, während er sich von Kot, Urin und Eulenfedern befreite. »Nein, nein«, antwortete der Herr vom Architekturbüro Plärrwurst. Dann gingen alle wieder an ihre Arbeit. Ein seltsamer Morgen, über den alle Beteiligten noch lange grübeln mussten.
Magistra Inge Sämann schreibt über dieses kurze Prosastück in ihrer Promotionsschrift »Abschwellender Bocksgesang. Kulturkritik im Schweinehälftenkostüm«:
»Was ist das für eine kalte, fremde Welt, die sich da hinter der Kühlschranktür von Miele verbirgt?«, fragt sich der namenlose Held dieses kleinen Prosastücks aus der mittleren Schaffensperiode des österreichisch-deutschen Autorenduos. Und zunächst möchte man ihm sein kindlich-unschuldiges Erkenntnisinteresse sogar abnehmen, so überzeugend sind der naive Stil und Erzählduktus, der Märchenton, den unsere beiden Diskurs-Jongleure – einmal angeschlagen – unter Aufwendung der typischen rhetorischen Mittel und Verfahrensweisen quasi bis zur Rückkopplung verstärken.
Die dominantesten der hier aufgewendeten Wort- und Sinnfiguren sind Parallelismus, respektive Anapher, sowie Anthropomorphisierung, soll heißen Vermenschlichung der unbelebten Dingwelt. Beide finden im ersten Abschnitt von »Hinter der Kühlschranktür« nachgerade inflationäre Anwendung. Ich zitiere: »Da sitzt der Käse, dort hockt die Wurst, hinten stehen beisammen die Butter und die Wurst. Einträchtig beisammen liegen im Eierfach Eier und Wurst, und dort, dort wo normalerweise die Milch kniet, schläft die Wurst.«
Die Wirkungsweise dieser syntaktischen Parallelismen und Anaphern – ich zitiere nochmals: »da sitzt der Käse, dort hockt die Wurst, hinten stehen beisammen…, einträchtig beisammen stehen…« etc.pp – ist von Alters her bekannt und belegt. Weder die antike Rhetorik, noch der heidnische Animismus, ebenso wenig die christlichen Liturgiker wollten sich der Suggestivkraft und des mnemotechnischen Potentials dieser Stilfiguren enthalten. Sie dienen der amplificatio , strukturieren und rhythmisieren die Rede und verleihen ihr Nachdruck. Die Zugehörigkeit zur Figur der Wiederholung profiliert sie als Pathosformel.
Und doch geht dieses Pathos – wie so oft im Œuvre unserer Autoren – ins Leere. Es diffundiert in die kühle Nichtigkeit einer modernen, durchbürokratisierten Welt. Allein der Kot und die Eulenfedern am Anzug des dem Gangklo entstiegenen Dr. Plärrwurst verweisen noch metonymisch auf jene archaische Vorzeit, in der der tragische Konflikt zwischen Freiheit und Notwendigkeit noch die Möglichkeit tragischen Pathos barg.
Was uns und unserem namenlosen Ich-Erzähler heute bleibt, ist nur mehr Zitat, »eine entsetzlich beklemmende Situation im dritten Stock eines Wohnhauses.«
How to act in a Badewanne
Es sind ganz aufgeräumte und ausgewaschene Typen, unsere Herren Verhaltensforscher, Irenäus Eibl-Eibesfeldt, Konrad Lorenz und der Antal Festetics. Immer wissen: Wie verhalten? Cool. Gehen bei Grün; schlafen, wenn Nacht; und klettern, wenn Berg. Immer richtig verhalten. Nicht unsouverän, meine Herren! Aber was war da los 1973 in der schäbigen Sitzbadewanne von Eibl-Eibesfeldt? Da wusste keiner von euch dreien weiter! »Kommt da Wasser rein oder Salat?«, fragtest du, Irenäus, deine nackten Verhaltensforscherkumpels. Und die anderen beiden wussten keine Antwort. Aber Hauptsache, schamesrote Forscherköpfe! Mein lieber Scholli!
Hildes Hände
Sie war sehr schlecht im Kopfrechnen, aber auch mit den Fingern zählen, machte ihr Probleme. Bis fünf war nicht
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