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Speichelfaeden in der Buttermilch

Speichelfaeden in der Buttermilch

Titel: Speichelfaeden in der Buttermilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Stermann , Christoph Grissemann
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Frau vom Team »Zeugen Jehovas« stand da und schwafelte in einem fort vom Paradies und bald und wenn nicht und so. Als sie fertig war, sagte Tulpe mit der Güte und der Souveränität eines wahnsinnigen Amokläufers: »Red keine Girlanden, Baby!« Er schlug die Zeugin zu und anschließend die Tür zusammen. So vergnügt wandte er sich pfeifend an Lotti, und dann hatten die beiden zum ersten Mal in ihrem Leben heftigen Telefonsex, zum Ortstarif!
    Mickey de Dou
    Es regnete schon seit vier Minuten, und der Handstandperformer Mickey de Dou ärgerte sich darüber, wieder keine Gummihandschuhe zu tragen. Er trainierte für eine kleine Handstandperformance, die er vor einer Handvoll Haftentlassener im Bewährungshilfezentrum darbieten sollte. Mit seiner Kunst auf Händen wollte er symbolisch den Knackis zeigen, dass man sich ruhig die Hände schmutzig machen kann für ehrliches Geld. Ja, Mickey war ein Idealist, Mickey de Dou. Schon als Dreijähriger trat er der Bewegung AFSF bei, der »Antifaschistischen Schornsteinfegerei«. Mit sieben gründete Mickey die Aktion IFSUGGFBAA , »Ikebana, Feng Shui und Glasblasen gegen Frauenbenachteiligung am Arbeitsplatz«, und im Alter von 19 Jahren die Plattform »Pu-Erh-Tee und Eigenurin statt Alkohol und Nikotin«. Tja, Mickey de Dou ist eine Legende, »a legend«, wie der indonesische Handstandguru Puma Lalobalala Ngamirudin einmal sagte. Dieses Lob aus dem Mund von Puma Lalobalala Ngamirudin gab Mickey die Kraft, weiterzugehen auf den Händen. Mittlerweile kann de Dou besser auf den Händen gehen als mit den Füßen! Wenn er Kampfgenossen von früher trifft, von der AFSF oder der IFSUGGFBAA , dann schütteln sie ihm den Fuß zur Begrüßung. Kaum jemand würde vermuten, dass Mickey de Dou ein eigentlich sehr bürgerliches Leben führt. Er spielt Golf, wobei er den Golfschläger zwischen die Zehen klemmt; er spielt Handball, Mickey selbst nennt es allerdings »Fußball« – zu Recht –, und Mickey führt eine glückliche Partnerschaft mit der Fußpilzaktionistin Zaza von Vorn, einer adeligen Ex-Ausdruckstänzerin für makrobiologische Ernährungstheorien. Zazas Hund, den sie Hund nannten, weil sie gegen die Benennung von Hunden ohne deren vorherige Einwilligung waren, Hund war Maskottchen der Initiative »Bäume beschneiden nur aus religiösen Gründen e. V.«. Im Sommer aber, im Sommer fahren Mickey und Zaza und Hund nach Majorka, um sich dort die Birnen vollaufen zu lassen, in »Ballermann 6«. Alles klar. Gut. Bitte, danke. Setzen. Fünf.
    Obstgarten
    Da ist er jetzt, der Scheißobstgarten. Erst pflanzt man ihn, dann ist er da, aber leider hat man da schon jedes Interesse an ihm verloren. »Kirschbäume, Apfelbäume – das ist doch alles nichts, was soll der Scheißdreck?«, dachte sich der 43jährige hochaufgeschossene Theaterliliputaner und Hobbybasketballer Hendrik Dreekmann. Auf der Bühne immer nur Zwerge oder Kleinkinder spielen oder bestenfalls menschliche Kanonenkugeln und jetzt auch noch dieser verfickte Scheißobstgarten – das setzt doch der Krone das Fass auf den heißen Stein. Am meisten hasste er den Birnbaum, den er nur Drecksau nannte, den Himbeerstrauch scholt er Hurensohn, die Bananenstaude Pissnelke und den Marillenbaum Wichser. Hendrik Dreekmann war ordentlich geladen, als er da so saß inmitten seines Obstgartens, zwischen, wie er fand, all den Drecksäuen, Hurensöhnen, Pissnelken und Wichsern. Also ging er runter in die Stadt, der 1,20m große Kleingärtner, und erschlug den Kellner, der ihm auf die Frage »Was empfehlen Sie als Nachspeise?« »Obstsalat« antwortete. Es gibt so Tage, da ist man irgendwie nicht so gut drauf.
    Im Keller
    Als bei ihm zuhause einmal alle Kerzen ausfielen, da war er froh, dass er noch ein bisschen elektrischen Strom vorrätig hatte. Er tappte im Dunkeln in den Keller, und tatsächlich, zwischen Konservendosen, Spinnweben und Marmeladegläsern fand er einen Lichtschalter. Er drückte ihn, ging nach oben und frühstückte weiter. »Immer wieder samstags kommt die Erinnerung«, sang er fröhlich vor sich hin und erinnerte sich daran, dass er seit genau einer Woche Witwer, arbeitslos, hoch verschuldet und todkrank war. »Tja, ein Unglück kommt eben selten allein«, schmunzelte er, als er bemerkte, dass aus dem Keller dichter Qualm emporstieg und sein halb verbrannter Kater hustend verendete. Als er dann auch noch Schluckauf bekam, sagte er: »Jetzt ist alles aus.« Viele andere wären in diesem Moment zerbrochen, nicht so

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