Speichelfaeden in der Buttermilch
nicht!
G : Doch, Hasso!
H : Nicht wieder mit dem Vorschlaghammer auf meine Knabberleiste!
G : Und jetzt legen wir auf!
H : Ja. Grüß Sie.
Hektor
Hektor war ein hässliches Kind. Mit sechs Jahren wackelten seine Milchaugen und fielen kurze Zeit später aus. Dann schielte er und bekam eine Augenspange. Mit 12 Jahren fielen ihm alle Haare aus, mit 13 aber Gott sei Dank alle wieder ein. Die Ärzte diagnostizierten eine sogenannte »Kurzzeitglatze«. Hektor konnte zwar schreiben, aber nicht lesen. Er sprach fließend vier Fremdsprachen, doch seine Muttersprache beherrschte er so gut wie gar nicht. Am liebsten war Hektor draußen, im Freien. An der Natur liebte er die eigenen vier Wände am meisten. Tja, insgesamt war Hektor ein ganz spezieller außergewöhnlicher, unverwechselbarer Durchschnittsmensch. Sein Pass ist 1922 abgelaufen. Verlängert hat er ihn bis heute nicht. »Meinen Pass verlängere ich niemals, mein Pass gefällt mir so wie er ist! Würd ich ihn verlängern, passte er nicht mehr in die Sakkotasche!« Vielleicht ist es an dieser Stelle jetzt angebracht, zwei, drei Worte über Hektors Großmutter zu verlieren: »Feierabend«, »Traktor« und »sind«. Das sind nur ein paar Worte, die mit Hektors Großmutter jetzt nicht so viel zu tun haben, aber dass »Feierabend«, »Traktor« und »sind« in dieser Reihenfolge endlich einmal in einer Geschichte auftauchen, das ist doch auch ein Ding!
Gestern starb Hektor übrigens. Er wurde im Bauch seiner eigenen Mutter tot aufgefunden. Die Fenster waren offen, und ein plötzlicher Windstoß hat ihn da reingeweht. Ja, wie das Schicksal halt so spielt, durch Mutters Wehen kam er raus, durch Mutter Erdes Wehen wieder rein! Das alte Rein-raus-Spiel, man kennt das doch. Hektor! Hektor, eins sei dir nachgerufen: du wirst uns nicht fehlen! Du wirst uns allen nicht fehlen, die meisten kannten dich ja gar nicht. Und die, die dich kannten, denen ist es wurschtegal, du alter Mistfuchs!
Das Haarnetz Lord
»Mannomann, Manno-, Manno-, Mannomann!« stöhnte der homosexuelle Kürschner und Apotheker Manfred Ulfig-Dunse-Wrampelmeyer, als er in seiner Spucke fremde DE-EN-A -Spuren fand. Er hatte sich einfach nur so in die Hände gespuckt, wie er es immer tat, bevor er einem Kunden die Hand gab. Da sah er sie, mit bloßem Auge: fremde DE-EN-A -Spuren, so groß wie Golfbälle. Zur Kontrolle spie er noch einmal in seine Handfläche und wieder: tellergroße fremde DE-EN-A -Spuren. Dazu, wie er feststellte, klebten an seiner linken Schulter Salatreste eines Salates, den er nie gegessen hatte.
»Scheiße auch!«, ächzte Ulfig-Dunse-Wrampelmeyer und schoß sich zur Beruhigung einen Liter Tranquilizer in die künstliche Holzhüfte.
Vielleicht sollte man an dieser Stelle erwähnen, dass der 71jährige gehbehinderte Apotheker und Teilzeit-Kürschner Ulfig-Dunse-Wrampelmeyer seit Jahren im homosexuellen Milieu keine Partner finden konnte. Ein langes Rasta-Schamhaar wuchs ihm aus dem Unterbauch, es war nicht seins. Er begann zu schwitzen und taumelte vor die Kürschnerei-Apotheke, so dass seine Fußspuren im gelb pepinkelten Schnee sichtbar wurden. Es waren Moonboots-Abdrücke. Schuhgröße 46. Er konnte es kaum glauben, trug er doch seit 12 Jahren links eine Sandale und rechts einen Stöckelschuh, beide Größe 39.
Im Schaufenster der Apotheke spiegelte sich sein Ebenbild, er sah aber nicht sein Gesicht, sondern das einer afrikanischen Rentnerin, die ein merkwürdiges Haarnetz trug. Er schaute sich das Haarnetz genauer an. Es war ein belgisches Herrenhaarnetz gegen Inkontinenz. Vor Aufrequng machte er es sich in die Hose.
Der Schnee wurde immer gelber und er sah wie die Afrikanerin im Schaufenster überlegen lächelnd den Kopf schüttelte. Seine Identität schien sich von Innen heraus verändert zu haben. Er fiel um. Er schloss die Augen. Im vollgepissten Schnee lag es sich gemütlich wie im Korbsessel von Wintroppetz, seinem einzigen Bekannten, der in Thailand einen Jahrmarkt für Herren führte. Könnte Wintroppetz ihn hier so liegen sehen, er würde ihm das sagen, was Wintroppetz immer sagte, wenn er was Ungewöhnliches sah, nämlich: »Nanu, nu, nu, nu, nu!«
So war Wintroppetz.
Mit allerletzter Kraft kroch Manfred Ulfig-Dunse-Wrampelmeyer ins homosexuelle Milieu, das sechs Meter weiter sein unmoralisches Unwesen trieb. »Geiles Haarnetz, Puppe!«, rief ihm ein 22jähriger Skandinavier zu, und bot ihm beidseitigen Oralverkehr an, den Ulfig-Dunse-Wrampelmeyer höflich dankend
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