Speichelfaeden in der Buttermilch
Aufsatz »Rudelsex im Ruhrpott« gelesen? Nein, haben Sie nicht, weil Ringelnatz so etwas ablehnt. (Lebt der eigentlich noch?)
Wir könnten jetzt sagen: »Lieber Doktor Mosser, ›Sex im Freien‹ ist uns, die wir die führenden Satiriker des Landes sind, als Thema zu banal und würdelos. Hiermit verweigern wir zum ersten Mal die Mitarbeit.«
Tatsächlich haben wir zu Doktor Doktor Peter Mosser am Telefon gesagt: »Sex im Freien? Geil, super, die Idee. Das brennt uns schon unter den Fingernägeln und woanders auch. Wir setzen uns sofort hin und werden mit dem Gemächte selbst schreiben!«
Na ja, wir trauen es uns halt nicht, den Menschen alles direkt ins Gesicht zu sagen. Vor allem weil der Herr Direktor Mosser ein liebenswerter und gescheiter Mensch ist, der auch so schon genug um die Ohren hat und sich nicht auch noch mit renitenten, führenden Satirikern des Landes herumschlagen möchte.
In der Badener Bahn haben wir vorgestern den Lyriker Christian Morgenstern getroffen und ihm von unserer heiklen Situation erzählt. Von Sprachkünstler zu Sprachkünstler. Er meinte, Ingeborg Bachmann habe im letzten Jahrhundert eine regelmäßige Kolumne im Branchenblatt Busen verfasst, das man heute noch verschämt am Westbahnhof kaufen kann. Morgenstern überzeugte uns, über unseren Schatten zu springen und uns dem Thema »Sex im Freien« zu stellen.
Sex im Freien ist wesentlich besser als Sex im Gefängnis. Bei den Recherchen für diese Kolumne sind wir drauf gekommen, dass wir beide unabhängig voneinander 1978 am Strand von Jesolo mit Daliah Lavi geschlafen haben. Allerdings unter Wasser, am Meeresgrund, um den Paparazzi zu entfliehen. Insofern sind wir uns nicht ganz sicher, ob diese Art des Geschlechtsverkehrs als Sex im Freien bezeichnet werden kann.
Es hat uns auch nicht gut gefallen. Erstens hat sich ein Hammerhai dem lustigen Treiben angeschlossen, außerdem mussten wir nach dem Akt via Mund-zu-Mund-Beatmung wiederbelebt werden. Deshalb hatten wir auch beide seit damals keinen Sex mehr. Einmal ist genug.
Wir kennen auch niemanden, der Sex hat, geschweige denn im Freien. Uns ist bei unseren ausgedehnten Spaziergängen in Altaussee mit Klaus Maria Brandauer noch nie jemand aufgefallen, der den Akt im Freien vollzog. Bis auf zwei Cocker-Spaniels.
Aber über Sex von Hunden im Freien zu schreiben, das geht zu weit. Das geht endgültig zu weit. Sagt auch Morgenstern.
Isolation
Unser heutiges Aufsatzthema lautet: die österreichische Isolation und ihre Auswirkungen auf Wien und den Wiener. Nachdem die neue österreichische Bundesregierung angelobt worden ist, griff der 39jährige Entertainer-Papst zum Telefon und wählte die Nummer seines 38jährigen Kollegen Christoph M. Grissemann, ein hoffnungsloses Nachwuchstalent des österreichischen Kabarettismus.
Hier ein Auszug des hochinteressanten Telefonprotokolls der beiden Welthumoristen, das zeigt, dass politische Diskussionen nicht nur auf Stammtisch-Niveau geführt werden müssen.
( Grissemanns Anrufbeantwortermaschine ): »Guten Abend. Sie werden verstehen, dass Sie nicht der Einzige sind, der mit Herrn Grissemann kommunizieren will. Sie kommen jetzt in die Warteschleife. Richten Sie sich auf eine durchschnittliche Wartezeit von sechs bis sieben Stunden ein. Und überlegen Sie in der Zwischenzeit, ob ihr Anruf wirklich nötig ist!«
Stermann (zu sich selbst) : Scheiße… Mist… Mit dem dicken Stermann kann man’s ja machen.
Stermann schläft im Stehen auf der Straße ein, während die anderen Demonstranten mit dem schlafenden Stermann mehrmals auf Polizisten werfen.
Sechs Stunden später.
G (zart angetrunken und unwirsch) : Ja!
S (der von mehreren Radikalen als Rammbock benutzt wird, um die schwere Eingangstür der Präsidentschaftskanzlei aufzubrechen) : Äh, ja, jetzt ist gerade ungünstig, Herr Grissemann. Man versucht gerade, mich zum Spielball der Innenpolitik zu machen!
G : Stermann! Sie sind Ausländer, hören Sie Dreckschwein auf, sich in innere österreichische Angelegenheiten einzumischen.
S : Dreckschwein ist eine Beleidigung. Entschuldigen Sie sich sofort!
G : Meinetwegen entschuldige ich mich bei Ihnen für diese Äußerung, die mir von Ihnen zugeordnet wird, Sie Stinkstange!
S : Stinkstange?
G : Stinkstange!
Stermann kramt, mittlerweile aus Ohren, Augen und Haaren blutend, eine Urkunde aus seinem blutigen Hosensack hervor
S : So, jetzt hab ich sie, Herr Grissemann. Die Präambel, die wir vor zehn Jahren, als wir begonnen haben,
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