Speichelfaeden in der Buttermilch
Unser Nervenkostüm ist zwar von Versace, aber zum Reißen gespannt. Die Herren Tyrannen vom Wiener haben uns nämlich ein Thema für unseren Aufsatz befohlen, zu dem einem weniger als gar nichts einfällt, und das ist noch übertrieben. Es lautet »Sonnwendfeier«.
Puh.
Schreiben Sie mal zwei Gags pro Halbsatz zum Thema »Sonnwendfeier«. Um ehrlich zu sein, wissen wir zwei Kosmopoliten überhaupt nicht, was das ist. Und für Recherche fehlt das Geld. Also einfach aus dem Bauch heraus.
Wir vermuten, bei Sonnwend-Feiern muss man mit dem Vater von Jörg Haider über glühende Hakenkreuze laufen und anschließend mit Kriemhild Trattnig das Hakenkreuzworträtsel aus der Nationalzeitung lösen. »Germanischer Wurfspeer mit drei Buchstaben« und so. Nee, nee. Bei so einem Nazidreck machen wir nicht mit. Ist uns doch viel zu links und warmduschrig. Wir sind echte Kerle. Schlappschwänze feiern Sonnwend-Feiern. Die, die auch das Handy im Flugzeug ausschalten. Oder Beim-Ertrinken-um-Hilfe-Rufer. Oder Zweite-Weltkrieg-Bombe-Entschärfer, Beim-Pinkeln-Hose-Öffner. Die Welt wird an diesen Sonnwend-Softies zugrunde gehen.
Wir, die wir schon zehn brennende Flugzeuge wieder auf den Boden gebracht haben, können darüber nur lachen. Wir haben auch schon mal ein Hochhaus während der Sprengung mit unseren Armen zusammengehalten und wohnen heute drin. Außerdem haben wir vor drei Jahren etwas gegen Schwerelosigkeit erfunden. In diesem Land werden Ideen bezahlt und nicht Recherchen. Alle Leute, die ernsthaft Sonnwend feiern, sollte Herr Endemol in einen fensterlosen Container sperren. Keiner darf raus, und das Ganze wird auch nicht im Fernsehen übertragen. Das wäre herrlich.
Als wir beide noch nicht die Elektrizität erfunden hatten, galt der 21. Juni als der längste Tag des Jahres. Heute kann man einfach 24 Stunden lang das Licht anlassen. So kann sich inzwischen jeder seinen eigenen längsten Tag machen.
Ist das nicht poetisch? Nein, überhaupt nicht. Was soll denn an kaltem Neonlicht poetisch sein, Sie Nase!
Poetisch sind Lagerfeuerromantik und gitarrespielende Langhaarige, die, während sie die eine Frau vögeln, einer anderen bei Kerzenlicht einen Liebesbrief schreiben. Oder Uniformierte, die Karten spielen und dazu leise ein bisschen furzen. Das ist für uns das romantischste Bild zurzeit, das uns einfällt. Womit wir eigentlich wieder bei der Sonnwendfeier sind, wo langhaarige, gitarrespielende uniformierte Frauen vögeln, Karten spielen und furzen.
So ist es.
Worauf Sie einen lassen können!
Sex im Freien
Wir sind die führenden Satiriker dieses Landes. Satyriker fast. Das sei an dieser Stelle noch einmal jenen hinter die Ohren geschrieben, die in dieser Machogazette ständig hasserfüllte Leserbriefe gegen uns verfassen. Es wird nichts nützen, hören Sie endlich auf damit. Falls Sie nicht damit aufhören, fordern wir hiermit die Wiener -Redaktion auf, solche Briefe nicht mehr zu veröffentlichen. Gleichzeitig verlangen wir, dass einzelne Wiener -Redakteure unter Pseudonymen Leserbriefe voll des Lobes über unsere Kolumne schreiben. Jeder Kolumnist dieses Landes wird mit Liebe und Lob überschüttet, nur wir nicht. Uns würde die geneigte Leserschaft am liebsten vierteilen und anschließend in Stücke reißen. Na ja, das ging Karl Kraus damals mit seiner Fackel auch nicht anders. Wahre Qualität wird immer erst viel später erkannt. Wir möchten Sie zum wiederholten Male auffordern, unsere Kolumne mit denen von Sir Peter Ustinov zu vergleichen. Dieser Vergleich macht sicher. Des Sirs Geschreibsel ist todlangweilig, unsere sprachlichen Spielereien hingegen jedes Mal ein Fest der Sinne.
Vielleicht ist die Ablehnung auf unsere Kolumne Folge der Themenwahl. Dazu möchten wir bemerken, dass unser Chef Doktor Peter Mosser in Absprache mit führenden Redakteuren uns die Themen telefonisch mitteilt. Wir haben kein Mitspracherecht und müssen uns fügen. Versuchen Sie sich doch bitte einmal unser Entsetzen vorzustellen, als führende Satiriker des Landes vor wenigen Tagen mit folgendem Thema alleingelassen zu werden: »Sex im Freien«!
Das ist eine Frechheit. Das ist was für Jürgen Drews oder René Weller. Vielleicht kann auch Sir Peter Ustinov was damit anfangen, aber wir sind keine Schmuddelkolumnisten. Bei uns steht jedes Mal ein Weltruf auf dem Spiel. Thomas Bernhard hätte in der Praline auch nie übers Bumsen auf der Motorhaube geschrieben. Das ist eine Stilfrage. Haben Sie jemals von Joachim Ringelnatz den
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