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Speichelfaeden in der Buttermilch

Speichelfaeden in der Buttermilch

Titel: Speichelfaeden in der Buttermilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Stermann , Christoph Grissemann
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die Superputze«, werde ich auf jeden Fall eingeladen. Um auf die Showqueen Eindruck zu machen, hab ich Wischfetzen in jeder Hand und an jedem Fuß stecken gehabt und bin spinnengleich durch ihre Suiten gekrabbelt. Dann hab ich jede ihrer 120.000 Perücken gewaschen, geföhnt und onduliert. Mensch, Tagebuch, ich hatte echt Glück. Ich hätte ja auch den »Money Maker« ziehen können oder Fred Schreiber von der »Sendung ohne Namen«. In dessen Drecksbude hätte ich allein schon aus Neid noch zusätzlich Staub abgeladen.
    Liebes Tagebuch, es hieß, wir putzen für Fernsehkollegen, aber soweit ich weiß, ist Rainhard Fendrich doch gar kein Fernsehkollege. Trotzdem hab ich seinen Dachboden gewischt und gleich fein säuberlich meine Unterhosen in den Kasten einsortiert. Während ich putzte, kam seine Nochfrau und verlangte, dass ich mich ausziehe. Nacktputzen, na ja, ich mein, ich hab Geschichte studiert, hab ich das nötig? Sie brachte mir ein Mineralwasser, und aus Dankbarkeit hab ich mich ausgezogen und wie Gott mich schuf, gesaugt und gebügelt. Parallel zum Putzen und Fendrich Hörnen hab ich fünf, sechs Musicals geschrieben und Raini auf den Schreibtisch gelegt. Ich hab die Musicals extra so fürchterlich geschrieben, dass sie bestimmt von den Vereinigten Bühnen aufgeführt werden.
    5.2.
    Liebes Tagebuch, als alter, gelernter ORF ler bin ich im Personenkomittee für Ferrero-Waldner und Fischer. Besser, sich nicht zu früh zu entscheiden. Für beide verteile ich Kugelschreiber und Socken mit lustigen Slogans. Außerdem bringe ich mich auch inhaltlich ein. Für Benita hab ich den Slogan erfunden: »Lieber ein Ferrero-Küsschen als Fischers Fritze«. Bei der SPÖ wurde ich im Wahlkampfbüro für meinen Vorschlag »Na sischer: Fischer.« beglückwünscht. Na ja, seit der ORF völlig entpolitisiert worden ist, bin ich sicherheitshalber Mitglied der ÖVP geworden. Bei allen anderen Parteien war ich ja schon vorher Mitglied. Man muss eben clever sein. Stermann, der Trottel, tut sich zunehmend schwer im Österreichischen Rundfunk. Er ist eben kein gelernter Österreicher. Das merkt man allein schon daran, dass er nur beim ÖAMTC ist, nicht aber beim ARBÖ . So wird das nie was mit ihm.
    Liebes Tagebuch, seit Grissemann versucht, mir verzweifelt den österreichischen Weg beizubringen, bin ich völlig verwirrt. Ich trau mich beim Autofahren zum Beispiel nicht mehr links abzubiegen oder rechts. Ich fahre nur noch geradeaus und komm nie mehr dahin, wo ich eigentlich hin wollte. Ich spritze Rotwein mit Weißwein und esse Schnitzel mit Schweinsbraten, ich arbeite bei FM4 und höre Ö3 , bin Ketten-Nichtraucher, und beim Skifahren hab ich links einen Carvingski und rechts ein Snowboard. Aber Grissemann ist trotzdem nie zufrieden mit mir. Als ich im Wiener Lokal »Flex« Walzer tanzte nicht, und als ich auf dem Polizeiball Drogen verkaufen wollte auch nicht. Ach, ich weiß nicht … Ich glaub, ich lerne nie, ein richtiger Österreicher zu sein.
    6.2.
    Liebes Tagebuch, es ist absurd. Abgrundtief absurd und lächerlich. Chefin Eigensperger war in der vergangenen Woche bei einem Seminar in Hamburg: »Frauen im öffentlich-rechtlichen Radio«, und sofort nach ihrer Rückkehr hat sie eine Gleichberechtigungswoche ausgerufen. »Auch Frauen sollen wichtige Positionen einnehmen können!«, schrie die Chefin über die Hausanlage. »Die Medien sind männerdominiert und archaisch. Hier wird jetzt mit geschlechtsspezifischen Ungerechtigkeiten aufgeräumt.« Nun, liebes Tagebuch, soweit ich weiß, ist Chefin Eigensperger eine Frau, detto Ersatzchefin Claudia Czesch – aber gut, so weit konnte ich ihr folgen, bestimmt gibt es Firmen und Sender, wo es anders ist als bei uns, aber was wir jetzt hier bei FM4 erleben, ist jedes Irrenhauses unwürdig. Damit wir Männer wissen, wie Frauen sich fühlen, müssen alle männlichen Mitarbeiter Frauenklischeetätigkeiten ausführen. Stermann, Votava, Edlinger, Zsutty, Ortner, Manuva und ich z. B. müssen Pullover, Mützen und Socken für die Kolleginnen stricken, obwohl keine FM4- Mitarbeiterin jemals selbstgestrickte Klamotten tragen würde. Die Pissoirs wurden rausgerissen, damit wir uns auch anstellen müssen. Wir müssen Unterweger, Unger, Higazi und all den anderen Moderatorinnen Patschen anziehen und Bierflaschen bringen. Mein Gott, das wirkt alles wie in einem Film aus den 50er Jahren.
    Liebes Tagebuch, ich dachte, es wäre ein Scherz, aber tatsächlich: alle Männer müssen Binden tragen!

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