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Speichelfaeden in der Buttermilch

Speichelfaeden in der Buttermilch

Titel: Speichelfaeden in der Buttermilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Stermann , Christoph Grissemann
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Aufdringlichkeit langsam auf die Nerven. Werde mir eine Geheimnummer zulegen.
    16.2.
    Im Livestudio, liebes Tagebuch, hängen am Pult exakt zwei Kopfhörer. Diese beiden sogenannten Headsets werden von allen Moderatoren benützt, und eventuellen Interviewgästen werden sie auch auf die Rübe gesetzt. Du kannst dir ausmalen, wieviel Ohrenschmalz, Gesichtsschweiß und Hautfetzen an den Kopfhörern kleben. Da bekomme ich lieber zwei Tonnen Kakerlaken ins Gesicht, als mir diese Headsets über meinen edlen Kopf zu ziehen. Ich untersuche diese Dinger ja regelmäßig. Dann und wann klebt Blut von Herrn Schreiber drauf, wenn er sich beim Rasieren geschnitten hat, und wenn der gute Herr Smash hier war, sind die Kopfhörer permanent mit seiner nach Heringssalat stinkenden Glatzenpaste vollgeschmiert. Ich glaub, ich übergebe mich gleich, wenn ich dran denke, dass ich am Freitagabend mir wieder eins dieser Headsets überstreifen muss.
    Auch das Moderations-Stehpult ist kein hygienischer Leckerbissen, liebes Tagebuch. Zehntausende glänzende Fingerabdrücke und Sabbertropfen von Moderatoren mit Feuchtmäulern bieten Bakterien aller Art ein neues Zuhause. Rauchende Kollegen spucken ihren schwarzen, übelriechenden Auswurf drauf. Gefärbte Frauenhaare, Fingernägel und Lippenstiftreste steigern den Ekel ins Unermessliche. Das FM4- Livestudio ist ein Paradies für DNA -Tester, aber eine Zumutung für einen gepflegten Herren wie mich. Vor zwei Monaten habe ich doch tatsächlich das Zungenpiercing von Frau Lang verschluckt, das versehentlich noch am Mikrofon des Headsets hing. Das war der Gipfel der Geschmacklosigkeit.
    17.2.
    Die Goldene-Bär-Gewinnerin der Berlinale war früher Pornodarstellerin. Mein Gott, was für eine Aufregung! Hoffentlich fragt niemand bei FM4 nach und bringt das peinsame Vorleben diverser FM4- Helden ans Tageslicht. Stermann zum Beispiel war früher Zauberer im Puff, Zikmund und Pfister schmuggelten gefälschte Breitling-Uhren und Walther-Faustwaffen, die Damen Unterweger und Lang synchronisierten früher bulgarische Pferdepornos, und der liebe Herr Springenschmid war, bevor er bei FM4 anheuerte, Fotograf und Leitartikler für das erotische Zentralorgan St.Pauli Nachrichten . Senderchefin Eigensperger übrigens hat in den 70er Jahren gegrillte Hühnerbeine in einer Imbissbude in Sopron verkauft und hat damit die sauberste Vergangenheit von allen.
    Grissemann, der sein Maul nicht halten kann, hat meine Vergangenheit als Bordell-Illusionist geoutet. Ja, mein Gott, es stimmt. Ich hab Anfang der 80er Jahre auf der Reeperbahn in Hamburg im Strip- und Bumslokal »Ritze« Kaninchen aus einem Zylinder gezogen! Na und? Von irgendwas muss der Mensch ja leben.
    Es war eine schöne Zeit damals. Ich durfte bei Neger-Kalle auf'm Sofa schlafen und hatte einen extra angefertigten Show-Frack, der über und über mit Sperma und Sekt besudelt war. Zwölf Jahre lang war ich in Hamburg Varietékünstler. Wahrscheinlich wär ich's heute noch, aber 1992 musste die »Ritze« zusperren, als Neger-Kalle und ich im Rausch vier Freier erschossen haben.
    Ich bin dann nach Österreich geflüchtet.
    20.2.
    Die mit Abstand häufigsten Gäste hier bei FM4 sind Fahrradboten. Bequeme Redakteure bestellen telefonisch den Fahrradkurierdienst, um irgendwelches Zeug schnell von A nach B zu befördern: CD s, Bücher, Drogen, was auch immer. Jedenfalls sind diese schnittigen Burschen äußerst beliebt bei den Frauen in der Redaktion. Wie sie da so stehen in ihren knallengen, bunten Höschen, diese futuristischen Fahrradhelme auf dem Kopf, immer ein Funkgerät lässig um die Schulter geworfen und ein geiler Strampelkörper, frage nicht. Riem Higazi war einmal so hingerissen von einem, dass sie mit ihm drei Tage durchgebrannt ist. Angeblich ein bisschen Tandem fahren im Wienerwald. Na ja, jedenfalls demütigen uns Männer diese scharfen Fahrradboten mit ihren makellosen Körpern. Viele nehmen sich auch schon Frechheiten heraus und klopfen dem lieben Herrn Sternarm zum Beispiel auf den Schwabbelbauch und sagen: »Na, soll ich auch ein bisschen Bauchfleisch von hier mitnehmen?« Bald werden uns die Fahrradboten knechten und das Regiment hier übernehmen. Wie ich diese Drahtesel hasse …
    Grissemann malt schon wieder den Teufel an die Wand und spricht nur noch von der Diktatur der Fahrradboten. Und wir sollen aufpassen, meint er, die wollen uns die Weiber und die Jobs wegnehmen. Ich habe nichts gegen die süßen Fahrradboten, ich greif auch dann und

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