Speichelfaeden in der Buttermilch
und Gelb des FM4 Logos. Schwarz-gelb, die Farben des Hauses Habsburg. Eine Oma hat uns geohrfeigt und gesagt, die k.-und-k.-Zeit sei vorbei, ob es uns passt oder nicht. So richtig erfolgreich ist unsere EU -Osterweiterungskampagne bis jetzt noch nicht.
Liebes Tagebuch, eben hat am Hauptplatz von Ljubljana Chefcontroller Blumenau eine Rede gehalten darüber, wie toll die Osterweiterung sei, weil die Slowenen jetzt FM4 hören können. Man hat fast nichts von seiner Rede verstanden, weil die Einheimischen mit Trillerpfeifen und Hupen einen Mordslärm gemacht haben. Ein slowenischer Buddhist hat mir erklärt, dass die Bevölkerung auf Blumenau so schlecht reagiere, weil er sie an Stalin erinnert. Na und? Uns bei FM4 erinnert er auch an Stalin, und wir pfeifen ihn trotzdem nicht aus. Die Menschen am Hauptplatz skandierten dann » FM4 – Gulagsender«, Grissemann verstand diese Anspielung inhaltlich und akustisch falsch und fragte mich, wieso die Leute finden, wir seien ein Gulaschsender. Es wartet noch viel Arbeit auf uns, bis wir – wie die Chefin es verlangt – in Slowenien der beliebteste Radiosender sind.
4.4.
Liebes Tagebuch, seit FM4 verzweifelt versucht, zum beliebtesten Radiosender Osteuropas zu werden, verlieren wir in Österreich minütlich Hörer. Inzwischen sind wir der Sender mit den zweitwenigsten Hörern. Weniger hat nur noch der Feldversuch für taubstumme Hörer in Vorchdorf. Sogar der Sender für katholische Eskimos von katholischen Eskimos in Ried hat uns überholt. Aber Chefin Eigensperger lässt sich nicht beirren und sieht in der EU -Osterweiterung gerade für FM4 nach wie vor eine Riesenchance. Also tuckern wir nach wie vor mit dem FM4- Ostmobil hinter dem ehemaligen eisernen Vorhang herum. Im Augenblick sind wir in Pilsen in der Tschechischen Republik. Mit dabei ist Steve Chaid, weil er der Einzige bei FM4 ist, der etwas auf Tschechisch sagen kann, nämlich »Pozor Pes« – »Vorsicht Hund«. Und so etwas wie »Amerikanski bombadiwatzki u Praha« – soll angeblich soviel heißen wie »Amerikanische Bomber über Prag.« Beides haben wir bis jetzt noch nicht wirklich gebrauchen können auf unserer Werbe- und Informationstour durch Tschechien.
Liebes Tagebuch, ich wurde eben von einem Hund gebissen. Kollege Chaid hat den Hund kommen sehen, aber im entscheidenden Moment sind ihm die Worte »Vorsicht Hund« nicht eingefallen, nicht mal auf deutsch. Ich frage mich wirklich, wieso er dabei ist. Er bringt nichts. Grissemann und ich machen wenigstens in jedem Dorf unser Stand-Up-Programm; aber Steve Chaid bleibt immer im FM4- Bus liegen und trinkt still in sich hinein. Trotzdem scheint er derjenige von uns zu sein, der am besten bei den Leuten ankommt. Am schwersten hat es Karl Schmoll. Niemand will einen FM4- Kaffeebecher oder einen Aufkleber haben. Wann immer er Kinder anspricht, kommt jemand von der Polizei und nimmt ihn fest. Wahrscheinlich wegen seiner Ähnlichkeit mit dem Belgier Dutroux. Kollegen des Tschechischen Radios bewerfen uns ununterbrochen mit Steinen und rütteln so stark an unserem Bus, dass er immer wieder umfällt. Wenn unser gelbschwarzer FM4- Bus dann wie ein dicker Käfer auf dem Rücken liegt, klatschen die Einheimischen begeistert in die Hände. Wenn man so will, sind diese Momente bisher die größten und erfolgreichsten unserer Imagetour im Osten. Ich hab jetzt schon Angst, wenn wir morgen in die DDR fahren.
5.4.
Liebes Tagebuch, ich war gestern Abend in »Emils Durstbunker«, einem ekelhaften Sauflokal. Zwangsweise. Alle FM4- Mitarbeiter mussten vollzählig erscheinen, weil Chefcontroller Blumenau wieder mal als DJ im Einsatz war. »Emils Durstbunker« ist das einzige Lokal in Wien, wo er noch auflegen darf, weil Emils Kundschaft so besoffen ist, dass sie nichts mehr mitkriegt. Außer uns waren nur drei Dauerarbeitslose mit ihren vier Kampfhunden anwesend.
Als Blumenau anfing »Cat Stevens – seine größten Hits« anzuspielen, heulten die Hunde auf, und ihre besoffenen Herrchen schnappten nach uns. Durstbunkerchef Emil biss mir wütend in den Oberschenkel, als gerade »Father and Son« lief, bei »Morning Has Broken« biss er mir in den Arm. Mensch, wie kommt Blumenau nur auf die Idee, ausgerechnet Cat Stevens in einem Sauflokal zu spielen? Das hat doch mit cleverem DJ en nichts mehr zu tun.
Liebes Tagebuch, ich komme gerade aus der Koranschule, dem ehemaligen Raucherzimmer. Seit Blumenau auf einem Langstreckenflug neben Cat Stevens saß, ist er konvertiert.
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