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Speichelfaeden in der Buttermilch

Speichelfaeden in der Buttermilch

Titel: Speichelfaeden in der Buttermilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Stermann , Christoph Grissemann
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Tagebuch, Grissemann hat sich ein ganzes Muskelbündel gerissen, nachdem wir zum ersten Mal mit einem Lederball trainiert haben. Unser aller Muskulatur ist halt noch nicht so weit. Laut Laktattest dürften wir maximal mit Luftballons oder Wattebällchen trainieren, sitzend. Und eine Trainingseinheit dürfte drei bis vier Minuten nicht überschreiten. Laut Auskunft der Mediziner benötigen wir zwischen zwei Spielen bei unserer aktuellen Verfassung sieben Jahre Ruhe. Aber Trainerin Hölzl pfeift auf moderne Trainingsmethoden. Sie schleift uns regelrecht – und zwar wirklich – und an den Haaren durch die Halle.
    14.3.
    Liebes Tagebuch, der Emotionale Quotient ist bei FM4 aus Niedrigkeitsgründen nicht messbar, dabei hatten wir alle nach dem desaströsen Intelligenztest so auf den EQ gesetzt. Das vierköpfige Psychologenteam, zwei siamesische Zwillinge, war selbst erstaunt und fassungslos über die emotionale Vergletscherung bei unserem kleinen Radiosender. Ihr Test bestand aus Einzel-, Partner- und Gruppenübungen, und bei jeder Einzelnen haben wir schlechter abgeschnitten als die chilenische Militärjunta, mit der die gleichen Tests in den 80er Jahren durchgeführt worden sind. Stermann liegt, was seinen emotionalen Quotienten betrifft, gleichauf mit dem belgischen Kindermörder Dutroux, aber weit hinter Idi Amin und sagenhafte 70 Punkte hinter Saddam Hussein.
    Liebes Tagebuch, von allen FM4- Mitarbeitern verfüge ich über die größten emotionalen Fähigkeiten. Weil ich bei der Übung »Wie reagiere ich, wenn meinem Kollegen mit einem Stein auf den Kopf gehauen wird?« als Einziger nicht lachend applaudiert, sondern nur gelacht habe, ohne Applaus. Chefcontroller Blumenau hat nicht nur lachend geklatscht, sondern den siamesischen Psychologinnen den Stein aus der Hand gerissen und damit wahllos Kollegen auf den Kopf gehauen. Blumenaus EQ liegt unter dem des Tigers von Roy, sein EQ ist in etwa vergleichbar mit dem einer Feuerqualle.
    15.3.
    Liebes Tagebuch, Christian Fuchs, der Moderator von »House of Pain«, ist ja privat ein ungemein sanfter Mensch, aber ich war doch verwundert, als er mir sein Poesiealbum in die Hand drückte und mich höflich bat, etwas hineinzuschreiben. Ich meine, liebes Tagebuch, kennst du die Musik, die er präsentiert? Ich war wirklich – gelinde gesagt – überrascht, als er mir sein Poesiealbum gab, auf dem Poesiealbumumschlag ist eine Zeichnung vom König der Löwen zu sehen. Ich hab mir dann angeschaut, was die anderen Kollegen hineingeschrieben haben. »Fuchs verpiss dich, keiner vermisst dich, dein Kollege Davidek«, stand da zum Beispiel oder »Gott ist ein Tod aus der Steckdose, dein Fritz Ostermayr«. Oder »House of Pain – lass mich mit dem Schrott allein, deine Chefin Eigensperger«. »Könntest du vielleicht etwas Nettes hineinschreiben?«, fragte mich Christian Fuchs mit Dackelblick. Leider fiel mir nur ein: »Fuchs, du hast die Gans gestohlen, gib sie wieder her, also tschüss, dein Grissemann«. Ganz zufrieden schien er damit nicht zu sein.
    Liebes Tagebuch, der arme Christian Fuchs ist ganz niedergeschlagen, weil ihm niemand etwas Nettes oder Aufbauendes in sein Poesiealbum schreibt. Sowas wie: »Wie schön, dass du geboren bist, wir hätten dich sonst sehr vermisst« oder »Mach es wie die Sonnenuhr, zähl die heit'ren Stunden nur«. Sowas hätte er gerne gehabt, aber nicht Eintragungen wie diese: »Poesie – ich scheiß auf sie. Schnauze halten und weiterarbeiten, Chefcontroller Blumenau« oder das Bernhard-Zitat von Claudia Czesch: »Es ist wie es ist und es ist fürchterlich, deine Czesch«. Vielleicht ist FM4 auch einfach der völlig falsche Ort für Nettigkeiten. Wie kann Kollege Fuchs ernsthaft erwarten, Nettigkeiten von Kollegen zu bekommen, die sich wie er in einem Laufrad der Demütigung und Unterdrückung abstrampeln? Ich schrieb ihm deswegen hinter die Ohren, in die Leviten und sein König-der-Löwen-Poesiealbum: »Lieber Christian, dir ham sie wohl ins Hirn geschissen, dein Kollege Stermann.«
    16.3.
    Wir müssen alle unsere Hochschulabschlüsse nachholen. Das sei international so üblich, dass man im gehobenen Radiogeschäft mindestens seinen Magister vorweisen kann, meinte Senderchefin Eigensperger, die selbst nur eine halbe Klasse Hauptschule Floridsdorf-Nord vorweisen kann. Bei FM4 haben nur die schlauen Jungs Reich, Rotifer und meine Wenigkeit die Uni abgeschlossen. Bei den anderen sieht's düster aus. Herr Haipl wurde wegen grober

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