Speichelfaeden in der Buttermilch
Verhaltensauffälligkeit schon in der zweiten Klasse Grundschule hochkant rausgeschmissen, bei den Damen Unger und Unterweger hat's immerhin bis zum Realschulabschluss gereicht, sonst nur Sonderschule, soweit das Auge reicht. Herr Farkas lässt jegliche Bildung hinter sich. Er gab kleinlaut zu Protokoll, dass er als Schiffbrüchiger von Riesenschildkröten auf den Galapagosinseln aufgezogen wurde. Er kann bis heute den Namen des Senders nicht fehlerfrei schreiben.
Dass ich nur das kleine Abitur habe, nämlich eine Klasse Grundschule und drei Tanzstunden, daraus habe ich nie ein Hehl gemacht. Beim letzten IQ -Test waren Farkas und ich mit 73 Punkten ex aequo Letzte. Na und? Trotzdem mache ich seit beinah 25 Jahren Radio! Was soll denn dieses entsetzliche Elitedenken? Ich weigere mich, jetzt – mit fast 52 – wieder die Schulbank zu drücken! Ich werde den ORF -Betriebsrat anrufen, das kann man nicht mit mir machen. Gerade eben hat Chefcontroller Blumenau bei allen das kleine Einmaleins abgeprüft. Ich hatte nur Fehler bei 3×5, 2×9, 4×6, 7×2, 8×6, 3×7, 1×3, 9×7, 9×8, 7×4, 5×9, 6×7, 1×2 und 1×3. Sonst hab ich alles richtig gehabt. Ach, leckt mich doch am Arsch!
17.3.
Liebes Tagebuch, wir haben an dieser Stelle ja schon oft über die Überalterung der FM4- Redakteure gesprochen. Diesbezüglich ist endlich etwas geschehen. Gestern kam ein neuer Schwung Redakteure in die Redaktion. Blutjunge Praktikanten haben ihre Schreibtische bezogen und ihre peinlichen Stofftiere draufgestellt. Die neuen Mitarbeiter sind so jung, dass die Mami noch beim Hip-Hop Jacken Ausziehen helfen muss. Als sich diese 17jährigen Karrieristen vorstellten, habe ich jedem Einzelnen erstmal einen Schnuller ins vorlaute Maul gesteckt, um ihnen zu zeigen, wo hier der Hammer hängt. Als dann ein gewisser Kevin das verrunzelte Gesicht des Stammesältesten Stermann erblickte, sagte er, dass er ihn schon mal gesehen habe – und zwar in der Körperwelten-Ausstellung! Die wollen uns fertig machen …
Die neuen jungen Mitarbeiter sind ganz schön talentiert, liebes Tagebuch. Blumenau, Grissemann und ich wurden den Neuen als persönliche Betreuer und Förderer zur Seite gestellt. Wir helfen gern, wenn wir können. Heute durften sie Pilotsendungen aufnehmen. Und die waren allesamt – man muss es leise sagen – großartig! Selbstverständlich wird nichts davon jemals auf Sendung gehen. Der Chefcontroller, der Grissemann und ich haben all diese Radiojuwelen sofort wieder gelöscht. Der Senderchefin teilten wir mit, dass nichts Brauchbares dabei gewesen sei und die Neuen alle höchstens für diverse Putz- und Schreibdienste eingeteilt werden könnten! Wir züchten uns doch nicht unsere eigene Konkurrenz heran, wir arbeiten doch nicht an unserem eigenen Untergang!
20.3.
Ich weiß nicht, ob du's wusstest, liebes Tagebuch, aber knapp die Hälfte der Redakteure hier ist vorbestraft. Ich habe in den Akten nachgeschaut und meinen Augen nicht getraut. Hier ein kleiner Auszug: Fred Schreiber verurteilt 2001 wegen Mundraub in der Billa-Filiale Margareten, Hannes Duscher verurteilt 2002 wegen unerlaubten Bettelns in der Mariahilfer Straße, Rudi Schöllerbacher verurteilt 2001 wegen verbotener Nächtigung in einem Waggon am Südbahnhof, Clemens Haipl verurteilt Mai 2003 wegen Betrugs. Er hat sich als peruanischer Straßenmusikant verkleidet und an einem nicht genehmigten Platz auf der Gudrunstraße 6,20 Euro erschwindelt.
Kollege Stermann hat das größte Vorstrafenregister: 48 Verurteilungen wegen Körperverletzung und zwölf wegen Groben Unfugs. Seine gesamte Radioarbeit wurde von einem Wiener Richter als Grober Unfug bezeichnet. Er muss nach jeder Salon-Helga-Sendung vier Stunden in Dunkelhaft.
Auch die FM4- Damen sind nicht frei von Schuld, liebes Tagebuch. Frau Lang wurde neunmal beim Lippenstift- und Hansaplast-Klau erwischt. Mirjam Unger hat im November 2002 eine ganze H&M -Filiale ausgeraubt, Martina Bauer hat einmal im Vollrausch einen Heißluftballon entführt, und Esther Csapo ist momentan sowieso nur auf Bewährung draußen. Als aktenkunde Stalkerin von Tony Marshall. Sie darf dem Sänger nicht näher als 500 Meter kommen.
1.4.
Liebes Tagebuch, wir haben heute alle sehr viel gelacht, denn Chefin Eigensperger hat uns auf einer Großleinwand Mel Gibsons Klamauk-Film »The Passion of the Christ« vorgeführt. Im Vergleich zu unserer Arbeitssituation bei FM4 eine echt spaßige Klamotte. Natürlich haben wir als
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