Speichelfaeden in der Buttermilch
als sicherer Sieger …
Da hat der grinsende Grissemann aber die Rechnung ohne den neuen polnischen Praktikanten Marek gemacht. Mareks einzige Aufgabe bei FM4 übrigens ist es, die dem Alkohol zugetanen Mitarbeiter mit billigem Jägermeister zu versorgen. Dieser Marek jedenfalls, kaum 17 Jahre alt, hat es allen gezeigt. Nachdem Heinz Reich mit »Schmarrn« ein ebenfalls achtbuchstabiges Wort ins Treffen führte, zischte Marek »Borschtsch«. Sofort herrschte eisige Stille im Raum. Wortchef Pieper, der sich im Lauf des Spiels nur kläglich mit »Schmutz« hervortat, reichte Marek sofort anerkennend die Hand. »Borschtsch« – russische Krautsuppe! Aber viel wichtiger: atemberaubende zehn Buchstaben! Wir zogen uns schon alle die Jacken an, wollten nachhause gehen, dachten, das kann niemand mehr toppen, da meldete sich der geizige Herr Edlinger zum ersten Mal zu Wort und meinte, er wüsste ein einsilbiges Wort mit sage und schreibe elf Buchstaben. »Spuck's aus!« brüllten wir ihn an. – »Borschtschs«, die Genetivbildung! Zur Untermauerung formte er gleich einen ganzen Satz: »Der Abgang des Borschtschs war ausgezeichnet.« Stimmt. Borschtschs. Das längste einsilbige Wort. Der einsilbige Herr Edlinger hat's gewusst.
2.5.
Liebes Tagebuch, jetzt bringt der frisurengelbe Blödelbarde Rainhard Fendrich endlich die heiß ersehnte neue Platte raus, und FM4 verschweigt das einfach! Das darf doch nicht wahr sein. Wenn irgendein popeliger Wiener Neustädter Punk einen Furz lässt, ist das diesem sogenannten Kultsender sieben Beiträge wert; nur der Name Fendrich scheint ein rotes Tuch zu sein. Dabei ist Rainhard Fendrich doch die ideale Identifikationsfigur für die FM4- Hörergemeinde: Er sieht nicht gut aus und er kann nichts. Ja meine Güte, was sollen die armen Austropopper denn noch machen, um von FM4 wahrgenommen zu werden? Reicht es nicht, dass sie sich im Garten das Gesicht verbrennen oder den Vorsitz von SOS -Mitmensch übernehmen, Handtaschen stehlen oder Kochbücher schreiben?
Aber Hauptsache »Sportfreunde Stiller« auf Powerplay spielen. Die Leute in der Musikredaktion haben sie nicht mehr alle. Ich bin so aufgebracht, liebes Tagebuch, ich muss mit irgendwem drüber reden … Großvata kannst du net owekumman auf an schnölln Kaffee …
Grissemann forderte gestern tatsächlich die Absetzung der beiden Musikchefs Makossa und Andreas Ederer. Grissemann ist ja – das musst du wissen –, Tagebuch, Europas größter Austropop-Fan. Angeblich ist er Ersatzmann für Wolfgang Ambros bei »Austria 3«. Er war in seiner Studentenzeit mit Stefanie Werger liiert und hat in den achtziger Jahren zusammen mit Peter Cornelius das Label »Holzkopf Records« betrieben. Nun ja, als Zweiter Vorsitzender des Wolfgang-Petry-Fanclubs Duisburg weiß ich, wie schwer es ist, seine Lieblingsmusiker bei FM4 unterzubringen. Hoffentlich beruhigt er sich wieder, der Grissemann. Senderchefin Eigensperger hat ihn jetzt mal eine Woche auf Kur nach Kenia geschickt. Dort kann er mit seinem Schwager Klaus Eberhartinger von der » EAV« zur Entspannung auf Safari gehen …
3.5.
Liebes Tagebuch. Es geht mir so was von aufn Sack, dass in dieser Stadt fast ausschließlich FM4- DJ s auflegen. Unter dem schicken Deckmantel FM4 kriegt jeder Nichtskönner einen Auflege Job. Ich bin der Einzige, der sich diesbezüglich nobel zurückhält. Und das, obwohl ich Anfang der Neunziger vom Magazin Spex zum drittbesten DJ der Welt gekürt worden bin. Fünf Plätze vor DJ DSL . Ich hab in New York aufgelegt, damals. Jetzt bin ich aus dem Alter draußen. Plattenauflegen verlangt viel Fingerspitzengefühl, muss man doch eine Platte nach der anderen auflegen. Dass aber jeder FM4- Telefonist hochnäsig hinterm DJ -Pult jedes noch so versifften Nachtklubs lehnt, dagegen muss endlich was getan werden. Selbst Stermann hat letzte Woche im Gasthaus »Deutschkreutzer« Marschmusik aufgelegt. Das geht zu weit.
Grissemann, der unerträgliche Schlechtmacher, hat sich den Zorn sämtlicher FM4- Star- DJ s zugezogen. Heinz Reich, Eva Umbauer, Makossa, SugarB, Smash, Functionist, Fleance, Tschamba Fii, Fritz Ostermayer, Tina 303 und wie sie alle heißen, sind schlecht auf ihn zu sprechen, nachdem Grissemann bei Senderchefin Eigensperger ein zeitweiliges Auflegeverbot für FM4- DJ s erwirkt hat. Das Argument, dass die Herren Zikmund und Pfister beim letzten »Club Nihil« im Wiener Szenelokal »Bricks« so voll mit Wodka waren, dass sie beide synchron vornüber auf
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