Speichelfaeden in der Buttermilch
wieder mit seiner Bildung geprahlt und mit Fremdwörtern um sich geschmissen hat, die keine Sau versteht. »Sympathie und Antipathie« – ich mein, wer soll das kapieren? Boris und ich haben uns fürchterlich gelangweilt, als der alte Angeber Grissemann über irgendeinen Schriftsteller oder Maler gequasselt hat, der irgendwie »Joyce« heißt und offenbar irgendeinen Fußballschmöker über »Uli Hoeness« oder so ähnlich geschrieben hat. Boris und ich haben uns dann völlig fadisiert weggesetzt zu Miriam Hi und dem Tschuggnall Michi, wo wir noch einen ur-supie, voll witzigen Abend hatten, während Grissemann alleine dasaß und irgendein Buch von einem Sloterdijk las. Ist das nicht dieser Springreiter?
1.8.
Die mehr als gelungene Talkshow »Gottschalk in Salzburg« hat gezeigt, dass es durchaus sinnvoll ist, genrefremde Talkmaster auf seine Gäste loszulassen. Der wie ein Faschingsnarr gekleidete, ständig anzügliche Gottschalk sprach mit Opernstars wie Anna Netrebko. Mir fielen währenddessen noch andere ungewöhnliche Talkshow-Kombinationen ein. Wie wär's mit »Mirjam Unger in Monza« – die führerscheinlose FM4- Lady spricht mit Ferrarikonstrukteuren? oder »Martin Blumenau in Augsburg« – Blumenau diskutiert mit Jim Knopf und den anderen aus der Puppenkiste? Mein Gott, Boulevardfernsehen, quo vadis?
Grissemanns Idee, Talkmaster, die von der Materie ganz und gar nichts verstehen, moderieren zu lassen, hat mich auch inspiriert. Ich biete dem ORF hochoffiziell folgende geilen Konzepte an: »Charlotte Roche im Bärental« – die Viva-Moderatorin trifft Claudia Haider und ihr Kärntner Damenkränzchen; »›Fettes Brot‹ in den Tiroler Bergen« – die Deutsch-Hiphopper talken mit Bergbauern und Schafhirten und, das vermutlich beste TV -Konzept: »Jarvis Cocker in Bangkok« – der smarte »Pulp«-Frontman spricht mit fetten deutschen Sextouristen. Die Sendung kommt live aus einem Puff in Thailand. So, Fernsehmacher, jetzt seid ihr dran!
2.8.
Wir haben jetzt einen kleinen Garten, liebes Tagebuch. Im Hinterhof hat uns Senderchefin Eigensperger ein vier mal vier Meter großes Wiesenstück zur Verfügung gestellt, auf dem wir uns jetzt austoben können, wenn wir gerade nicht an Sendungen arbeiten. Chefcontroller Blumenau hat sich selbst zum Chefgärtner ernannt und steht mit einer riesigen Heckenschere in der Hand in der Mitte des Gärtchens, finster dreinblickend wie immer. Er hat 29 Kakteen in die Erde gesetzt, die er wie seinen Augapfel hütet. Pamela Rußmann will unbedingt einen Mammutbaum pflanzen, John Peel wiederum möchte Marihuana anbauen, aber nur weil ihm die hübschen gezackten Blätter so gut gefallen, wie er versichert – und der Mathias Zsutty will ein Radieschenbeet, um sich dann zwei Meter unter die Erde zu graben, um die Radieschen zu betrachten. Von unten. Du verstehst, Tagebuch.
Grissemann hat heute neun Regenwürmer, vier Grashüpfer, zwei Ameisen und einen Maulwurf im FM4- Garten ausgesetzt, um die Wiese mit Leben zu füllen. Der brutale Chefcontroller Blumenau hat mit der Heckenschere sofort aus neun Regenwürmern 18 gemacht und aus diesen 18 dann 36, und so weiter und so weiter. Er ist immer noch am Schneiden. Ich selbst habe meinen schönen Kot zur Erstellung eines prächtigen Misthaufens zur Verfügung gestellt. Und was braucht ein schickes Gärtchen noch? Richtig! Gartenzwerge! Kein Problem. Wir haben einfach Robert Zikmunt und Praktikant Albert – beide kleiner als 1,50 – alberne Mützen aufgesetzt und sie gebeten, sie mögen sich nicht mehr bewegen. Herrlich, unser Garten!
3.8.
Wie, liebes Tagebuch, vertreibt sich der erbarmungswürdige FM4- Nachtmoderator die nicht enden wollende Zeit zwischen 1 und 6 Uhr früh? Ja, das fragen sich Abertausende Hörer in ihren verzichtbaren Briefen. Das bisschen CD Auflegen und blabla Machen kann's ja nicht sein. Stimmt, und so hab ich, in deinem Auftrag, Tagebuch, mal Mäuschen gespielt und den lieben Zikmund Robert heimlich bei der Nachtarbeit beobachtet. Zwischen 1 und 2 hat er sich unter anderem mit Trockenshampoo die Haare gewaschen, seine Steuererklärung gemacht, einmal kurz masturbiert und das Zeit -Kreuzworträtsel gelöst. Zwischen 2 und 3 hat er den Boden geschrubbt, ein famoses Ölgemälde angefertigt und eine in der Mikrowelle heiß gemachte Dose Nutella ausgetrunken. Um 3 Uhr früh hat er zu nähen begonnen.
Zikmund näht ganz gern in der Nacht, wie er mir versichert hat, da hat er Ruhe. »Nicht immer nur Disco,
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