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Speichelfaeden in der Buttermilch

Speichelfaeden in der Buttermilch

Titel: Speichelfaeden in der Buttermilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Stermann , Christoph Grissemann
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auch mal nähen«, so sein neues Lebensmotto. Auch ich beobachte den Marathon-Moderierer Zikmund gern bei der nächtlichen Arbeit. Er näht übrigens ausschließlich Cocktailkleider für seine bezaubernde Lebensgefährtin. Um 5 legt er das Nähzeug beiseite, um sich in der letzten Stunde ganz seinem Steckenpferd Turniertanz zu widmen. Mit einer aufblasbaren Puppe aus dem Erotik-Shop übt er zwischen den Moderationen Tango- und Flamenco-Tanzschritte. Um 6 Uhr früh geht der großartige Herr Zikmund rechtschaffen müde nachhause. Er hat viel erledigt!
    8.8.
    Es ist höchste Zeit, liebes Tagebuch, einmal über den Herrn Paul Kraker was in dich reinzuschreiben. Herr Kraker, der heute leider nur noch selten Gast bei FM4 ist, ist drauf und dran, eine furiose Fernsehkarriere zu machen. Und das vollkommen zu Recht. Als Kulturnews-Moderator in der »Zeit im Bild« schlägt er den immer etwas blasierten Schwanenhals Rett um Längen, vom dusseligen schmollmundigen Pin-up Resetarits ganz zu schweigen, aber dieser Kelch ist ja Gottlob an uns vorüber gegangen. Auch der angestrengt auf »Sir« machende Martin Traxl ist, verglichen mit dem sensationellen Kraker, immer zweite Wahl. Wenn ich weiterschreibe, gehen die Superlative mit mir durch. Nur soviel noch: Ich fordere, Kraker soll alles moderieren. Von der »Millionenshow« bis »Aufgegabelt in Österreich«. Alles. Mindestens. Außerdem soll er noch EU -Kommissar, Justizminister und Weihbischof werden. Danke für die Aufmerksamkeit.
    Ich kenne den feinen Herrn Kraker ja nur flüchtig vom »Servus«-Sagen, aber es stimmt schon, der Mann hat offensichtlich keine Schwächen, ist vollkommen integer, freundlich, kompetent – und damit das glatte Gegenteil des herkömmlichen FM4- Redakteurs, der ja grundverschlagen, bösartig und mehr oder weniger dauerbetrunken zum Dienst erscheint. Leider moderiert Herr Kraker ja, wie gesagt, nur mehr sporadisch bei uns. Er sollte wieder öfter hier vorbeischauen, der Herr Kraker wäre ein Vorbild für uns alle! So, genug geschleimt jetzt, so toll ist er auch wieder nicht, der Kraker Paule …
    12.8.
    Wir hier bei FM4 haben eine neue Lieblingssendung im TV , liebes Tagebuch, Claudia Unterweger hat uns diesen herrlichen Tipp gegeben. Nun muss man wissen, dass das Fräulein Unterweger als hochgradiger Hypochonder sehr an medizinischen Ratgebersendungen interessiert ist. Die trashigste aber ist »Vertrauensarzt Dr. Ehrenberger« jeden Tag um dreiviertel 6 am ulkigen Grotesk-Sender ATV +. Dieser Dr. Ehrenberger hat tatsächlich die Chuzpe, sich großspurig »Vertrauensarzt« zu nennen, obwohl das Einzige, was man dieser Type entgegenbringen will, das schiere Misstrauen ist. Zum Schießen komisch das Ganze: Ehrenberger, steif wie ein Stock und Gesichtsausdruck eines veritablen Serial Killers, sitzt komplett humorfrei hinter seinem Angeberschreibtisch und gibt die banalsten Ratschläge wo gibt. Mal reinschauen, Tagebuch.
    Die »Vertrauensarzt Ehrenberger«-Hysterie kennt keine Grenzen mehr intern bei FM4 . Die Mitarbeiter kommen, um ihrem Idol zu huldigen, jetzt stets mit weißem Arztkittel in die Redaktion. Heinz Reich und Makossa baumelt ein Stethoskop um den Hals. Einen neuen Frisurenkult hat der verkrampfte Dr. med. auch ausgelöst: braver Linksscheitel. Auch seine hippe Sprache wird übernommen: »Na, wenn's wehtut, dann könnte ein Wehwehchen dahinterstecken …« Ehrenberger – devil in disguise – Fernsehgott in Weiß, und doch ein Arzt mit Grenzen!
    16.8. (Tagebuch allein)
    Heute schreibe nur ich, liebes Tagebuch, Stermann ist in Griechenland. Böse Zungen behaupten, er bereite sich dort auf die bald stattfindenden Special Olympics vor. Aber das ist Quatsch, er macht ganz banal Urlaub. Er gehört übrigens zu jenen Geizkrägen, die, sobald im Ausland, ihr Mobiltelefon gänzlich ausschalten, um nur ja keinen Cent zu viel zu zahlen. Ich hasse diese spießige Sparefroh-Mentalität. Ich selbst liebe Roaming-Gebühren, wähle mich voller Vorfreude ins teuerste Netz und telefoniere dann im Urlaub so viel wie der allerletzte Manager-Trottel. Ich denke mir: wenn man schon so einen silbernen Handknochen ständig in der Hemdtasche mit sich führt, dann muss man ihn auch verwenden. Dass die Reichsten immer die Geizigsten sein müssen! Dass denen das Wühlen im Internet nach den billigsten Flügen nicht abgrundtief peinlich ist? Nein, stolz sind sie noch drauf, wenn sie irgendwem den 12,90 Euro-Flug nach Malle vor der Nase weggeklickt haben.

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