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Spektrum

Spektrum

Titel: Spektrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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während er durch den grünen Bogen der Einreisestelle ging. Insgesamt war es mit den Grenzern in der letzten Zeit wirklich viel besser geworden. Sie traten irgendwie gelassener auf, ohne die Nervosität und das Misstrauen der ersten Jahre.
    Nach etwa zehn Minuten war er dem Gewusel und der Menge entkommen. Er schlenderte an den Geschäften »Für den Jäger« und »Alles für unterwegs« vorbei sowie an einer heimlich entstandenen, inzwischen jedoch legalisierten Markthalle, in der Waren und Ausrüstung von fremden Planeten feilgeboten wurden, passierte einige kleine Gasthäuser »für alle Rassen« und anheimelnde Restaurants mit verlockenden fremdländischen Namen, die nie geschmeckte Speisen versprachen.
    Erst dann nahm Martin sich ein Taxi. Der Privatfahrer hielt von sich aus an, öffnete die Tür, ohne vorher den Weg oder den Preis zu erörtern. »Sie sind von einer Reise zurück?«, fragte er.
    Hier, in einer gewöhnlichen Moskauer Straße, nahm sich die Touristensprache bereits fremd aus. Die Laute waren zu schlicht und zu weich, die Sätze zu kurz.
    »Ja. Gerade eben.«
    »Hab ich mir doch gleich gedacht. Ich selbst habe die Reise schon dreimal unternommen. Da habe ich mir gedacht, komm schon, bring den Kollegen nach Hause … Waren Sie weit weg?«
    Martin schloss die Augen und machte es sich bequemer. »Sehr weit. Zweihundert Lichtjahre.«
    »Und wie ist es da?«
    »Wie hier. Es regnet.«
    »Hab ich’s mir doch gedacht.« Der Fahrer brach in schallendes Gelächter aus. »Unterwegs ist es schön, aber zuhause ist es noch besser. Wo auch immer du hinfährst, etwas Besseres als die Erde findest du eh nicht. Ich reise einfach nur so, seitdem meine Freunde mich einmal mitgeschleppt haben. Damals waren wir alle betrunken, närrisch und haben darüber gestritten, ob wir es schaffen, einfach aufzubrechen und zurückzukommen. Ich bin wieder da, aber …«
    Martin sagte kein Wort. Die Hand in der Tasche, ließ er die beiden Jetons durch die Finger gleiten. Ohne Scanner waren sie nicht voneinander zu unterscheiden. Am Abend musste Martin noch einen Brief an die Angehörigen des toten Jungen schreiben und die bittere Neuigkeit zusammen mit dem Jeton an sie abschicken.
    Danach, so beschloss Martin, stand es ihm zu, sich zu betrinken.

Zwei
     
    Man sollte ein Geschäftstreffen niemals auf einen Montagmorgen legen.
    Am Samstagabend erscheint dergleichen noch als vorzügliche Idee, erlaubt sie es einem doch, das Telefonat rasch zu beenden und zu seinen Gästen zurückzukehren. Man glaubt dann ehrlich daran, der Sonntag werde ruhig und beschaulich verstreichen, man erledige ohne jede Hast die häuslichen Pflichten und den nachlässigen Wohnungsputz eines Junggesellen, tapere gemächlich zum Geschäft an der Ecke, um Bier und Tiefkühlpizza zu kaufen – die bösartigste Verunglimpfung der italienischen Küche durch die Amerikaner. Man kann sich sogar einbilden, der Sonntagabend werde mit einem Nickerchen vorm Fernseher enden.
    Nein, niemals sollte man versprechen, im neuen Jahr nicht mehr zu rauchen, nächsten Monat endlich Sport zu treiben oder am Montagmorgen frisch und munter zu sein.
    »Sie heißen Martin?«, fragte ihn der Besucher.
    Martin vollführte eine eigentümliche Kopfbewegung, die von »Ja« über »Nein« bis hin zu »Ich erinnere mich nicht mehr« oder »Mir platzt der Schädel, und Sie quälen mich mit dämlichen Fragen« alles Mögliche heißen konnte.
    Die letzte Interpretation wäre übrigens zutreffend gewesen.
    »Wollen Sie eine Kafetin?«, fragte der Besucher plötzlich, woraufhin Martin ihn mit aufkeimendem Interesse musterte.
    Auf den ersten Blick hatte die Quelle seiner Pein den Eindruck eines typischen Geschäftsmannes gemacht, der vor einem Jahr zum ersten Mal eine Krawatte getragen hatte, diese aber immer noch nicht eigenhändig zu binden vermochte. Ein gedrungener Mann mit kurz geschnittenem Haar, der in einem Anzug von Valentino und einem Oberhemd von Etro steckte. Martin wusste nur allzu gut, mit welchen Bitten solche Gestalten zu ihm kamen, und verstand sich seit Langem auf die Kunst, sie abzulehnen.
    Was Martin aus dem Konzept brachte, war die Uhr. Eine echte Patek. Die passte nicht ins Bild, was sich in vielerlei Hinsicht deuten ließ. Angefangen von hoffnungsloser Dummheit seines Besuchers bis hin zum Unangenehmsten: dass er nämlich gar nicht derjenige war, für den er sich ausgab.
    »Ja, gern«, gab Martin zu. Daraufhin reichte sein Besucher ihm einen Streifen mit eingeschweißten

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