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Spektrum

Spektrum

Titel: Spektrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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begegneten sich, der Mann nickte leicht, irgendwie unbekümmert, aufmunternd, als seien er und Martin so alte und gute Bekannte, dass keine Worte mehr nötig waren und ein freundschaftlicher Blick ihnen genügte.
    »Viel Glück«, flüsterte Martin lautlos.
    »Danke«, erwiderte der Mann ebenso lautlos.
    Martin näherte sich dem Grenzer, der sich unter einer durchsichtigen Plane langweilte. Er hielt ihm seinen Ausweis hin.
    Das Dokument schaute sich der Grenzer nicht einmal an, statt dessen huschte sein Blick unter das Pult.
    »Ja, ich bin Martin Dugin«, gestand Martin ein.
    »Sie werden keinen Widerstand leisten?«, frage der Grenzbeamte. Er war noch ein rechter Grünschnabel und offensichtlich recht nervös. Oder versuchte er die Verhaftung ins Lächerliche, ins Banale zu ziehen?
    »Gott behüte«, erwiderte Martin. »Wozu?«
    Der Grenzer zögerte. Obwohl er bereits einen Knopf unterm Pult gedrückt hatte, schickten sich die Wachtposten nicht an, in den Regen hinauszueilen. Schlamperei, überall Schlamperei.
    »Haben Sie eine Waffe?«, fragte der Beamte.
    »Die haben mir die Schließer abgenommen«, bedauerte Martin. »Einen hervorragenden Revolver, meine Lieblingswaffe, wenn man so will. Und auch die Schuhe … Können Sie sich das vorstellen?«
    Beflissen sah der Grenzbeamte nach unten und musterte Martins nackte Füße, die bereits eine gleichmäßige Schmutzschicht bedeckte. Das war der Zeitpunkt, dem Grenzer eins über den Schädel zu ziehen und zu fliehen – sofern Martin dies denn plante.
    »Diese Mistviecher«, wunderte sich der Grenzer aufrichtig. »Weshalb denn die Schuhe?«
    »Das frage ich mich auch«, pflichtete ihm Martin bei.
    Schließlich kamen die Wachleute. Der Grünschnabel geriet nun vollends aus dem Konzept. »Gehen Sie mit ihnen mit, Bürger«, befahl er grob. »Und keine Dummheiten!«
    »Ich bin der Gehorsam selbst«, gab sich Martin erstaunt. Demonstrativ legte er die Hände auf den Rücken, um sich sodann, eingekeilt von seinen Begleitern, zur Verwaltung der Grenzwachen zu begeben, die die beiden untersten Stockwerke eines in der Nähe liegenden Wohnhauses einnahm.
    Juri Sergejewitsch traf gegen Abend ein, nachdem Martin bereits seine Gefängnisplörre verputzt hatte. Nun ja, »Plörre«, das war eher um des schönen Worts und der hohlen Tragik wegen gesagt. Im Grunde behandelte man diejenigen, die nach Verlassen der Station verhaftet wurden, ganz vorzüglich, brachte sie in blitzsauberen Einzelzellen europäischen Standards unter, in denen es ein Klosett, ein Bett und ein kleines Gitterfenster gab. Auch das Essen ließ nicht zu wünschen übrig, entsprach dem, was man in einer Kantine erhielt. Immerhin musste man hier die unterschiedlichsten Menschen unterbringen: westliche Touristen, die auf dem Heimweg das exotische Russland besuchen wollten, jedoch nicht an ein Visum gedacht hatten, aber auch russische Bürger, nicht die ärmsten übrigens, die auf den staubigen Pfaden ferner Planeten ihren Auslandspass verbummelt hatten.
    Mithin aß Martin ein geschmacksneutrales, wiewohl nahrhaftes Fischsteak, von dem er die Beilage in Form von Nudeln für den Mülleimer abzweigte, machte mit drei Löffeln dem Sommersalat aus Gurken, Tomaten und Pflanzenöl den Garaus und verschmähte anschließend nicht einmal den löslichen Kaffee von undefinierbarer Farbe und ebensolchem Geruch. Als er die letzten Schlucke trank, traf ihn ein erboster Blick Juri Sergejewitschs, der sich geschickt durch die halb offene Tür geschlängelt hatte und den Wachmann anblaffte, dieser möge dafür sorgen, dass sie ungestört blieben.
    »Ach, da habe ich alles verputzt«, jammerte Martin. »Von der Beilage ist noch etwa da. Möchten Sie vielleicht? Wer heute aus dem Blechnapf frisst, bekommt Nud…«
    Mit vollendetem Können packte Juri Sergejewitsch ihn beim Kragen und schüttelte ihn. »Verflucht noch mal, was hast du dir dabei gedacht, du Dreckskerl?«, donnerte er.
    Der Tschekist war in der Tat ernstlich erzürnt, weshalb Martin nichts Besseres einfiel, als zu erwidern: »Im Rahmen meiner Möglichkeiten bin ich dabei, das Universum zu retten. Schüttet es immer noch so?«
    Augenblicks gab Juri Sergejewitsch ihn frei, beruhigte sich und nahm auf dem akkurat gemachten Bett Platz. Als vorausschauender Mensch hatte Martin sofort das Bett bezogen, obgleich er hoffte, an einem vertrauteren Ort zu nächtigen.
    »Nein, es schüttet nicht mehr. Einfach ein Sommerschauer … wenn auch ein starker. Auf die Stadt begrenzt, im

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