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Spektrum

Spektrum

Titel: Spektrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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eher salzig, etwa wie Tomatensaft, schmeckte.
    Tief in seiner Seele wusste Martin, wie irreführend das Äußerliche sein konnte. Der Saft brauchte keine pflanzliche Basis zu haben, sondern konnte von einem gigantischen blasigen Wurm ausgeschieden worden sein, die zähen Fleischstreifen in der Brühe die zerkochten Hüllen von Larven, die saure Soße der Aufguss einer zermalmten Made sein.
    Martin verjagte indes alle ketzerischen Gedanken, aß mit Appetit und wurde dafür mit Worten des Schließers belohnt: »Diese Speisen kommen den Mahlzeiten der Menschen äußerlich, geschmacklich und vom Ursprung so nahe wie möglich. Sie schmecken mir übrigens auch.«
    Dankbar nickte Martin. Bisweilen antworteten Schließer ja doch – freilich nur auf unausgesprochene Fragen. Ihrem Verhalten haftete etwas von dem verwöhnter Kinder an, die niemals eine direkte Bitte erfüllten, zugleich jedoch aus eigenem Antrieb reizend und gut sein konnten.
    »Einsam ist es hier und traurig«, sagte der Schließer rasch, als schäme er sich der eigenen Gutmütigkeit. »Sprich mit mir, Wanderer.«
    Martin stellte das Glas mit Saft ab und nickte.
    »Ich möchte von verwaisten Kindern erzählen«, fing er an. »Manchmal kommt dergleichen ja vor …«
    Der Schließer wartete.
    »Ich weiß nicht genau, warum ihre Eltern verschwunden sind«, fuhr Martin fort. »So etwas passiert. Eine Katastrophe … jemand mit bösem Willen … jedenfalls bleiben die Kinder allein zurück. Sie gleichen ihren Eltern überhaupt nicht: Ihre Welt hat sich verändert, und das Einzige, was ihre Eltern ihnen geben konnten, war die Fähigkeit, in dieser neuen Welt zu überleben.
    Und vermutlich die Erinnerung. An die verschwundene Welt, an die verschwundenen Vorfahren. Daran, dass sie anders sein müssen. Es spielt überhaupt keine Rolle, ob besser oder schlechter, sondern einfach anders. Die Kinder verbargen ihre Kränkung. Ach, Schließer, es ist eine schreckliche Sache, wenn ein Kind gekränkt ist! Eher kommst du hinter das Geheimnis von Bibliothek als hinter das einer Kinderseele. Die stolzen Geddarn ziehen die Kchannans zu intelligenten Wesen heran – und nichts fürchten sie so sehr, als dass diese gekränkt werden. Die kühlen und weisen Aranker können ihren Kindern nichts abschlagen … vielleicht haben sie erkannt, wie sich die Tränen der Kinder auf die Zukunft auswirken? Die Bewohner von Prärie 2 grollen den bösen Göttern ebenfalls, die ihre Vorfahren im Stich gelassen haben … aber sie behalten die Kränkung für sich … Diese verwaisten Kinder haben jedoch beschlossen, die bösen Götter herauszufordern. Die Rasse der Dio-Daos, die über ein erbliches Gedächtnis verfügt, verlor ihre Geschichte und hat nur erstarrte Rituale bewahrt. Die Kinder erinnern sich an das Armageddon, das ihre Eltern durchgemacht haben …«
    Der Schließer, der Martin aufmerksam zugehört hatte, rutschte unruhig hin und her. »Mir ist klar, worauf du hinauswillst. Halte dich nicht mit Überflüssigem auf.«
    »Dann gehe ich nicht auf Scheali und Talisman ein«, erklärte Martin rachsüchtig. »Die Bessarianer erwiesen sich als begabte Kinder und würdige Erben. Sie schufen eine neue Zivilisation … eine unscheinbare und bescheidene Zivilisation, die jedoch in der Lage ist, die stärksten Bewohner der Galaxis herauszufordern. Sie legten sich einen Sinn für Humor zu, mithin jenes winzige Etwas, das den Verstand stets vom Instinkt trennt. Sie haben viel vollbracht … nur eins nicht: heranzureifen. Sie blieben verwaiste Kinder, die ihre Eltern rächen wollten. Mitunter impulsiv, manchmal kriegerisch und immer selbstsicher … wiesen sie den Gedanken von sich, sterblich sein zu können. Sie waren bereit, für Jahrtausende alte Kränkungen Rache zu üben, und wollten nicht einsehen, dass ihre Rache nur die Rache der anderen nach sich ziehen würde. Meiner Ansicht nach ist das kein biologisches Spezifikum ihrer Rasse. Eher ein soziales Stereotyp. Diejenigen, die die Bessarianer hervorgebracht hatten, schafften es nicht mehr, sie zu erziehen.«
    »Hat denn jemand die Menschen oder Geddarn erzogen?«, fragte der Schließer.
    »Wir hatten viel mehr Zeit«, entgegnete Martin. »Wir sind unseren Weg gegangen. Wir sind gereift … natürlich nur so gut wir konnten, aber immerhin. Den Bessarianern ist das noch nicht gelungen. Und ich weiß nicht, ob sie jetzt noch eine Chance haben, das zu bewältigen.«
    »Du machst dir um die Bessarianer Sorgen?«, wollte der Schließer

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