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Spektrum

Spektrum

Titel: Spektrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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auf den Tisch. »Was geschah dann? Anscheinend bestand für die miteinander verbundenen Zivilisationen irgendwann keine Notwendigkeit mehr, ihren Verstand weiter zu entwickeln … für eine mentale Evolution, wenn du so willst. Die intelligenten Lebewesen tauschten qualitative Veränderungen gegen quantitative ein, die ihnen durchaus genügten. Ein goldenes Zeitalter brach an. Wohlstand, Unsterblichkeit, unbeschränktes Wissen, eine Blütezeit von Kunst und Kultur … Etwa so muss es doch gewesen sein, oder?«
    »Hmm«, bestätigte Irina. »Das entspräche der Entwicklung, wie wir sie von der Massenkultur kennen. Imbissbuden auf dem Mond, Kurorte beim Sirius …«
    »Was soll es da schon für Kurorte geben?«, blaffte Martin, der sich schaudernd an den Sirius erinnerte. »Aber gut, gehen wir von diesem Axiom aus. Extrapolieren wir von Prärie 2 auf die ganze Galaxis … Was geschah dann?«
    »Die Sintflut.« Irina grinste. »Die globalen Katastrophen, die alle belebten Welten zugleich heimgesucht haben. Katastrophen, hintern denen kein konkreter Feind stand, sondern das Universum selbst! Vermutlich kriegte jeder Planet eine eigene Variante der Apokalypse ab, doch das Resultat war überall dasselbe: Das Transportnetz zerriss, die bewohnten Welten wurden in die Barbarei zurückgeworfen. Einige Welten dürften auch vollständig untergegangen sein.«
    »Und die Schließer?«, fragte Martin. Und gab sich selbst die Antwort: »Ein Teil von ihnen mutierte. Bis zur Unkenntlichkeit, wie die Bessarianer. Faktisch wurde damit eine neue Rasse für die neuen Lebensbedingungen geschaffen … Ein Teil mag die nächste Entwicklungsstufe erreicht haben. Die meisten dürften jedoch in ihr Sternensystem zurückgeworfen worden sein … um von dort aus einen neuen Versuch zu starten.«
    »Und diesmal war es leichter für sie, denn sie hatten ja noch die Flotte von der ersten Expansion«, fügte Irina hinzu. »Stimmt’s? Oder sie konnten auf Mechanismen zurückgreifen, die über unsere Vorstellungskraft gehen. Auf die Nanoroboter, die in der Atmosphäre des Riesen treiben und am laufenden Band neue Schiffe herstellen!«
    Martin nickte.
    »Außerdem«, spann Irina den Faden inspiriert weiter, »Navigationsstationen auf all den Planeten, die einmal zum Transportnetz gehört hatten. Gut getarnt, senden sie Navigationssignale aus … darüber hinaus könnten sie auch noch die Situation auf dem Planeten analysieren.«
    »Möglich wär’s«, stimmte Martin zu. »Lass uns von diesem Axiom ausgehen. Was machen wir dann mit Bibliothek?«
    »Das ist ein Denkmal«, sagte Irina unbekümmert. »Möglicherweise enthalten diese Obelisken tatsächlich Informationen … die Geschichte der letzten Entwicklungsstufe … aber das spielt keine Rolle.«
    Martin runzelte die Stirn. Es war gefährlich zu verkünden, etwas spiele keine Rolle! Freilich hatte er nichts, das er Irina entgegenhalten konnte. »Und die Aranker?«, fragte er deshalb.
    »Ich glaube«, setzte Irina vorsichtig an, »dass sind Menschen. Genauer gesagt, sie sind mit uns verwandt, auch wenn es im genetischen Code gewisse Unterschiede gibt. Nur … als es zur letzten Apokalypse kam, rangen sich die Aranker zu einigen sehr seltsamen Handlungen durch. Sie hatten eingesehen, dass diese Katastrophe eine Strafe für die eingestellte mentale Evolution ist. Und … und …«
    »Und sie manipulierten sich irgendwie«, beendete Martin den Satz. »Sie entzogen sich ein für alle Mal die Möglichkeit einer mentalen Evolution.«
    »Sie verzichteten auf die Seele.« Irina sah Martin leicht besorgt an, als fürchte sie seinen erneuten Spott.
    Doch Martin zeigte sich gut und freundlich. »So könnte man es auch ausdrücken … Und es sieht so aus, als hätten sie bekommen, was sie wollten, nicht wahr, Ira? Ihre Gesellschaft ist in der Tat sehr … entwickelt. Und glücklich. Nehmen wir uns den nächsten Planeten vor?«
    Irina schielte auf die Liste. »Die Dio-Daos?«
    Martin dachte kurz nach. »Auch das ist eine Möglichkeit, einem neuen Schlag vorzubeugen …«, befand Martin. »Indem sie die Entwicklung des Verstands vermeiden, den Fortschritt bremsen … und dabei Unsterblichkeit erlangen. Anscheinend können sie den Rand nicht voll genug kriegen.«
    Irina runzelte die Stirn. »Ihre Unsterblichkeit ist allerdings sehr seltsam.«
    »Anders kann sie gar nicht sein«, antwortete Martin aufbrausend. Diesem verbalen Jonglieren mit Zivilisationen und Epochen, mit Evolution und Regression, Apokalypsen und

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