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Spektrum

Spektrum

Titel: Spektrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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»Vielleicht ein wilder …«
    »Bei Menschen oder anderen intelligenten Wesen mag es ein wildes Dorf geben«, erwiderte der Geddar. »Aber die haben keine Kchannan.«
    »Sie können sich nicht fortpflanzen«, erklärte David Martin. »Den Planeten der Geddarn dürfen nur Individuen eines Geschlechts verlassen.«
    Zu gern hätte Martin gewusst, ob diese Regel ausschließlich für die Robbenartigen galt oder ob sie sich auch auf die Geddarn selbst erstreckte. Die Vernunft gebot ihm indes, seine Neugier zu bezwingen. »Woher kommt dann dieser mordende Kchannan?«, fragte er schließlich.
    »Möglich ist alles«, antwortete der Geddar philosophisch. »Aber man kann nicht alles wissen.«
    Der Geddar trat in den Schatten und verschwand sofort zwischen den Obelisken.
    »Was für eine Bescherung«, bemerkte Martin. »Ein friedlicher, guter Planet. Ein beschauliches Leben. Und dann taucht aus dem Nichts ein fremdplanetarisches Untier auf und tötet eine unschuldige junge Frau!«
    »Haben Sie mit Unannehmlichkeiten zu rechnen?«, erkundigte sich David voller Anteilnahme.
    »An dem, was geschehen ist, trifft mich keine Schuld«, fasste Martin seine Gedanken zusammen. »Sie hatte noch nicht einmal entschieden, ob sie mit mir mitkommen wollte. Offiziell stand sie folglich nicht unter meinem Schutz. Wenn die Eltern des Mädchens mich überprüfen wollen, werden sie einen anderen Detektiv hierherschicken. Um das Mädchen tut es mir leid. Und das Ganze ist höchst … unschön. Was halten Sie denn von dem Vorfall, David?«
    Mit leichter Ironie sah David ihn an. »Was soll ich schon davon halten? Wenn das Mädchen tatsächlich kurz davor stand, das Geheimnis von Bibliothek zu entdecken, dann wird es auch Neider gegeben haben. Glauben Sie etwa, wir führten hier ein harmonisches, ruhiges und akademisches Leben? Wir sind ein ganz gewöhnliches Tollhaus! Es gibt Streitigkeiten unter Betrunkenen – und das bei einer minimalen Produktion von Alkohol! Schlägereien im Zuge der Aufdeckung einer wissenschaftlichen Wahrheit, zudem mit Selbstverstümmelung und Körperverletzung. Sexuelle Gewalt und jede nur denkbare Perversion … Schlichte Orgien versuche ich schon gar nicht mehr zu verbieten. Dazu kommt das Glücksspiel, wobei es in letzter Zeit Mode geworden ist, dem Verlierer bestimmte Taten abzuverlangen, die möglichst riskant und demütigend zu sein haben. Von Vandalismus ganz zu schweigen …« Viel sagend klopfte David auf die steinerne Bank. »… oder von religiösem Fanatismus und Intrigen …«
    »Gestern haben Sie mir aber ein weit lieblicheres Bild ausgemalt«, warf Martin ein.
    David hüllte sich in Schweigen.
    »Vielleicht sollten sie der Erde mitteilen, dass Bibliothek keineswegs der gefahrlose und friedliche Ort ist, für den es so viele halten?«, meinte Martin. »Damit diese jungen Närrinnen nicht mehr auf die Idee kommen, Ihren Planeten zu besuchen.«
    »Aber Sie, guter Mann, sind doch gar nicht mehr so jung. Oder so naiv«, entgegnete David ironisch. »Nach einem derartigen Schritt würden solche Leute uns erst recht bestürmen. Alles, was hier geschieht, ist Folge unserer unfruchtbaren Arbeit, Martin! Zu uns kommen kluge, arbeitswütige, ehrgeizige Personen. Jahrein, jahraus suchen sie nach einer Nadel im Heuhaufen – doch wo sie liegt, ist ihnen immer noch ein Rätsel. Ich brauche Ihnen doch nicht zu sagen, was weiter geschehen wird? Geben Sie mir den Schlüssel zu diesem Rätsel – und schon morgen werden sich alle unermüdlich damit befassen.«
    »Ich bin kein Linguist«, wehrte Martin ab. »Wenn Irina den Schlüssel gefunden hat, dann hat sie ihn mit sich genommen. Doch nach allem, was ich gesehen habe, ist sie mit ihrer Theorie mit Pauken und Trompeten durchgefallen.«
    »Hat sie etwa versucht, die Sprache Bibliotheks mit dem Touristischen in Verbindung zu bringen?«, wollte David wissen. »Und die Richtung des Leseprozesses von der Fläche der Inseln oder der Anzahl der Obelisken abzuleiten? Was hat Klim denn dazu gesagt? Dieser selbstzufriedene Wirtschaftsverwalter, der wegen Unterschlagung von der Universität gejagt wurde? Selbst er wird ihr diese Theorie doch nicht abgekauft haben?«
    Jetzt war es an Martin, sich in Schweigen zu hüllen.
    »Er wartet hier, bis seine Strafsache eingestellt wird«, fuhr David hitzig fort. »Er hat talentierte Wissenschaftler um sich geschart, hervorragende Lebensbedingungen für sie geschaffen und hofft nun auf Dividende. Typisch! Es ist eben viel einfacher, nur mit

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