Spektrum
Martin.«
Mit ernster Miene streckte Hatti Martin die Hand entgegen, worauf die beiden sich begrüßten.
»Ist das ein Menschenbrauch?«, hakte der Kleine nach. »Ich bringe das immer ein wenig durcheinander, in der Galaxis gibt es so viele intelligente Rassen …«
Der Kellner trat an sie heran. Touristisch verstand er leider nicht, weshalb Hatti als Dolmetscher auftrat, um für sich ein Eis, für Martin einen Kaffee samt Kognak zu bestellen. Selbstredend stammte der Kaffee aus eigener Herstellung und hatte mit dem irdischen nichts gemein. Gleichwohl erinnerte der Geschmack an ihn. Zudem enthielt er zur Genüge von einem stimulierenden Alkaloid, vielleicht sogar Koffein. Den Kognak – genauer, seine lokale Variante – hatte Hatti Martin mit den Worten: »Sie sind jetzt erschrocken und stehen unter Schock, eine geringe Menge starken Alkohols würde Ihnen nicht schaden« empfohlen.
Martin nickte und verließ sich auf den natürlichen Lauf der Dinge. »Bist du eigentlich zufällig in meiner Nähe gewesen, Hatti?«, fragte er.
Abermals geriet der Junge in Verlegenheit, senkte den Blick.
»Nein, ich habe Sie schon länger beobachtet. Entschuldigen Sie bitte. Aber gleich als Sie aus der Station gekommen sind, habe ich damit angefangen.«
»Weshalb?«
»Ich habe eine Aufgabe zu erledigen«, erklärte der Knirps. Wenn er in diesem Moment erklärt hätte, er arbeite für eine arankische Sondereinheit, hätte Martin ihm geglaubt. Doch der Junge fuhr fort: »Morgen findet unser Seminar zu Xenopsychologie statt. Ich wollte ein Referat über das Verhalten von Humanoiden halten, die unseren Planeten zum ersten Mal besuchen.«
»Da hast du dich aber getäuscht, ich war nämlich schon mal auf Arank«, klärte Martin ihn auf. »Allerdings in einer anderen Stadt.«
»Das habe ich vermutet, denn Sie sind sehr sicher aufgetreten …«, seufzte Hatti. Er schielte zu dem Futteral mit dem Karabiner hinüber. »Ist da eine Waffe drin?«, fragte er.
»Ja.«
»Eine Strahlenwaffe?«
»Nein, eine Schusswaffe. Sie ist versiegelt. Was ist denn nun eigentlich mit dem Informatorium passiert, mein Freund?«
»Ich nehme an«, begann der Junge, »dass unter einer Temperatureinwirkung von anderthalb– bis zweitausend Grad die Moleküle des Polymers …«
»Nein, nein, du hast mich falsch verstanden. Woher kam diese hohe Temperatur? War das eine Bombe? Oder hat jemand geschossen?«
»Das ist eine verzwickte Frage«, seufzte der Junge. »Ich glaube, jemand hat auf Sie geschossen. Strahlenwerfer können einen Hitzestrahl von ausreichender Stärke abfeuern. Anfänglich habe ich an einen Schlag von einem Satelliten aus gedacht, doch das Informatorium steht unter dem Dachvorsprung eines Hauses, und der wurde nicht zerstört. Folglich muss der Schütze da drüben in dem Wolkenkratzer gesessen haben …«
Martin drehte sich um, ließ den Blick über die Fassade aus Glas und Metall gleiten. Es handelte sich hierbei um das Gebäude, in dessen Durchlass die Flugapparate verschwanden.
»Vielleicht hat man jedoch auch aus einem Gleiter geschossen …«, spekulierte der Junge weiter. »Auf alle Fälle wirkt das Ganze eher wie der Versuch, Sie einzuschüchtern, als wie ein ernsthaftes Attentat. Haben Sie hier Feinde?«
»Ich habe ja schon gesagt, dass ich keine habe«, entgegnete Martin in aller Schärfe. »Nicht mehr als jeder Mensch. Und schon gar nicht auf eurem Planeten!«
Der Kellner brachte Hatti das Eis, eine Schale gefüllt mit einer bunten klumpigen Masse, während Martin eine ganz gewöhnliche Tasse Kaffee und ein Glas mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit erhielt.
»Trotzdem macht jemand ernstlich Jagd auf Sie«, fuhr der Junge fort, kaum hatte sich der Kellner wieder entfernt. »Brauchen Sie Hilfe?«
»Könntest du mir denn helfen?« Martin wunderte sich über gar nichts mehr.
Der Junge lächelte verlegen. »Nein, wo denken Sie denn hin! Ich bin schließlich noch ein Kind! Ich könnte meine Eltern bitten, Ihnen zu helfen. Mein Papa ist ein angesehener Mann, er arbeitet in der Bürgermeisterei. Er könnte Ihnen sogar eine Leibwache stellen.«
»Und welches Interesse hast du an der Sache?«, fragte Martin so misstrauisch, als spreche er nicht mit einem unschuldigen Kind aus einer hochzivilisierten Welt, sondern mit einem alten, durchtriebenen Halunken von einem wilden Planeten.
»Erstens«, begann der Junge, ohne sich über die Fragen zu wundern, »pflegen unsere Völker freundschaftliche Beziehungen, und der Vorfall ist
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