Sphaerenmusik
es. Es würde nur eine große Aufregung und viele Verhöre geben und sicherlich kam dabei doch nichts heraus.
Der Schuldige würde schweigen, und beweisen konnte man nichts. Schließlich hatte sie den Plan ja noch. Sie würde lediglich die Konsequenzen daraus ziehen und ab jetzt ihre Zimmer stets verschließen.
Sie räumte ihre Zimmer wieder auf, dann schloss sie die beiden Flurtüren ab und stellte noch vor jeder einen Stuhl mit der Lehne so davor, dass die Türklinken nicht ganz heruntergedrückt werden konnten.
Als sie im Bett lag, überlegte sie noch lange, wer der Eindringling gewesen sein könnte. Der Mönch oder vielleicht sogar der Phantom-Geiger? Verbarg sich hinter ihnen jemand von der Diene rschaft? Sie traute es keinem von ihnen zu.
Joan? Sie konnte es sich nicht denken. Aber i rgendwie war ihr Joan nicht aufrichtig vorgekommen. Sie hatte gesagt: „Auch San...“, schien sich aber dabei versprochen zu haben, denn sie hatte sich schnell verbessert: „Sanders...“ Wen hatte sie gemeint?
Von einem Freund ihres Vaters namens Sanders war noch nie die Rede gewesen.
Dann dachte Silvia an Mike. Aber auch der kam nicht in Frage. Hatte sie doch selbst gesehen, wie er gleich nach ihrer Unterhaltung in sein Auto gestiegen und abgefahren war. Der ungebetene Gast in ihren Zimmern schien es auch sehr eilig gehabt zu haben, sonst hätte er nicht diese Unordnung hinterlassen, sondern wenigstens versucht, seine Spuren zu tilgen.
In der Nacht kam Sturm auf. Er rüttelte wild an den Fensterläden. Silvia schreckte aus einem ku rzen Schlaf hoch. Unheimlich pfiff der Wind um das Schloss. Es hörte sich an, als wenn eine wilde Meute in der Luft umhertobte.
Da sie nicht wieder einschlafen konnte, knipste sie das Licht an und nahm ein Buch vom Nach ttisch.
Plötzlich zuckte sie zusammen. War da nicht eben ein Geräusch an der Tür? Bestürzt sah sie, wie die Klinge heruntergedrückt wurde, bis sie auf der Stuhllehne auflag. Jemand rüttelte leise an der Tür. Eine Weile rührte sich nichts, bis auf einmal etwas klirrte. Langsam wurde der Schlüssel aus dem Schlüsselloch geschoben. Da wich endlich die E rstarrung von ihr und sie schrie: „Ist da jemand? Was wollen Sie?“
Stille!
Dann war ihr, als ob sich leise Schritte davonstahlen. Sie hielt den Atem an, um besser hören zu können, aber der Wind heulte wieder laut auf und sie wusste nicht mehr recht, ob sie auf dem Flur wirklich etwas gehört hatte oder nicht.
Die junge Frau sprang aus dem Bett und schob noch die Kommode vor die Schlafzi mmertür.
Lange lag sie wach und zermarterte sich den Kopf, wer vor ihrer Tür gewesen sein könnte. Nachts schliefen nur ihre Verwandten im Schloss und dann noch Joan und Mike, aber Mike war diese Nacht nicht hier!
Ihr wurde klar, dass sie nicht mehr bis zur Rückkehr Mikes warten konnte. Der Eindringling hatte es sicher nur auf den Plan abgesehen. Solange nicht jeder den Geheimgang kannte, war sie in Gefahr.
* * *
Gleich am nächsten Morgen verbündete sich Silvia mit Pamela, allerdings ohne ihr das nächtliche Erlebnis zu verraten. Dem Ansturm der beiden Mädchen war der gutmütige John nicht gewachsen. Gleich nach dem Frühstück gingen John, Silvia, Pamela und der Butler auf Entdeckungstour. Sie hatten sich mit Taschenlampen und sogar einem Seil ausgerüstet.
Die Kapelle lag im Erdgeschoss des hinteren Gebäudes. John öffnete die mit wunderschönen Ornamenten versehene Tür in der Mitte des Ga nges. Sie betraten einen sehr düsteren Raum. Er hatte nur kleine Fenster, die kaum Licht durchließen, da sich hinter ihnen steil die Felswand aufreckte. An den Wänden hingen alte, brüchige Gobelins, die so nachgedunkelt waren, dass man kaum mehr darauf die Farben erkennen konnte. Außer einigen Gebetsschemeln befand sich nur noch ein Altar in der Kapelle. Seine Seiten bedeckten kunstvolle Reliefs. Ein verblichenes rotes Tuch lag auf der glatten Steinplatte. Auf ihm standen zwei Kelche und ein Schrein mit dem Bildnis der Mutter Gottes.
Vom Plan geleitet ging John zielstrebig auf den Altar zu, hantierte rechts und links an der Verzi erung, bis sich je eine Schiene vom Boden löste und den Altar beweglich machte. Gemeinsam schoben sie ihn beiseite. Unter ihm führte eine steile Treppe in eine unbekannte Tiefe.
„Der Geheimgang, endlich!“, rief Pamela, die sich über die Schulter ihres Vaters gebeugt hatte.
John schob sie zurück und betrat zuerst die Treppe. Ihm folgten die anderen. Nach einigen Stufen blieb John
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