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meinem Team."
Dabei ist die Frage, wer tatsächlich den Eingriff durchführt, keine Kleinigkeit: Das Oberlandesgericht Koblenz hat entschieden, dass ein Patient bei einer Schönheits-OP überhaupt nichts bezahlen muss, wenn er von einem anderen als dem vorab zugesicherten Mediziner operiert wurde (Aktenzeichen 5 U 1309/07).
Schon die hohe Zahl von jährlich 3000 Operationen in der Bodenseeklinik macht es unmöglich, dass Mang überall dabei ist. Der Mann führt eine Art Schönheitsimperium, das davon profitiert, dass Aussehen mittlerweile gesamtgesellschaftlich als Konsumgut anerkannt ist.
Die Mang Medical One AG, die der Professor zusammen mit dem ehemaligen Metro-Chef Erwin Conradi betreibt, ist heute an 17 Standorten aktiv. Mang ist Vorstandsvorsitzender. Die Umsatzrendite der Klinikkette lag vergangenes Jahr noch bei 15 Prozent, in zwei Jahren soll sie nach Firmenangaben schon bei 25 Prozent liegen.
Schönheits-OPs werden in den meisten Fällen von den Patienten selbst bezahlt. Nur wenn medizinische Gründe vorliegen, zahlt die Krankenkasse den Eingriff.
Auf der Internetseite der Bodenseeklinik findet sich eine klar umrissene Preisliste: Botox-Behandlung 400 Euro pro Zone, Stirn-Lifting 5000 Euro, Brustvergrößerung 4000 bis 5500 Euro, Nasenkorrektur 4000 bis 6000 Euro. Das sind nur die Basiskosten, die Endpreise liegen aufgrund zahlreicher Extraposten merklich höher. Es geht zu wie bei Billigflügen, die am Ende gar nicht mehr so billig sind.
Generell werden heute rund zwei Drittel aller Schönheits-OPs an Patientinnen zwischen 20 und 45 Jahren durchgeführt, hier dominieren Brust und Nase. Zwischen 40 und 50 Jahren geht's dann ums Fettabsaugen, und ab 50 werden Gesichtsfalten bekämpft.
In seinem Buch "Verlogene Schönheit" gibt Papst Mang zwar den Moralapostel der Branche und versichert: "Seit einiger Zeit beunruhigt mich die Tatsache, dass in einer Gesellschaft, die jegliche Form von naturbedingter Alterung kategorisch ablehnt, das Streben nach Schönheit immer mehr zu einem rücksichtslosen, selbstzerstörerischen Wahn wird."
Dass er sich da selbst widerspricht, scheint ihm gar nicht aufzufallen. So verkündet er auf Seite 17 seines Buchs, dass er zum Beispiel Po-Implantate "strikt ablehnt". Wer dagegen die Leistungsbroschüre der Mang Medical One AG durchblättert, findet genau diese Implantate angepriesen: "Gerade bei Männern sind kräftige Waden und ein muskulöser Po Bestandteil des Schönheitsideals. Spezielle Inlays und Operationstechniken machen es heute möglich, fehlendes natürliches Volumen auch an Waden und Po zu ersetzen."
Auf der Homepage der Mang Medical One Klinik Dortmund wird unverhohlen geworben: "Um einen Hintern à la Jennifer Lopez oder Brad Pitt zu bekommen, eignen sich vor allem Po-Implantate."
Die Frage, wie dieser Widerspruch zu erklären ist, beantwortete Mang nicht.
Die Verbraucherzentrale Hamburg hat dieses Jahr getestet, wie gut Schönheitschirurgen wirklich aufklären. Dazu schickten die Prüfer Frauen, die sich über eine Brustvergrößerung informieren wollten, zu 26 Plastischen Chirurgen. Das Ergebnis war eine Blamage für die gesamte Branche: Bei 21 von 26 Ärzten war die Beratung "schlecht" oder "ganz schlecht", das heißt, dass sie nur unzureichend über Risiken aufklärten und sich bereit erklärten, das zu machen, was die Patientinnen wollten. Motto: "Sie wollen groß? Sie kriegen groß!"
Chirurgen müssten viel häufiger von sinnlosen Operationen abraten – auch wenn sie damit auf Einnahmen verzichten, findet Professor Peter Vogt von der Medizinischen Hochschule Hannover. "Grundsätzlich ist eine ästhetische Chirurgie nur gerechtfertigt, wenn eine echte Verbesserung der Lebensqualität damit verbunden ist." Vogt leitet als Präsident die Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC), einen Fachverband, in dem hierzulande jene Operateure vereinigt sind, die eine sechsjährige Ausbildung zum Plastischen Chirurgen absolviert haben und für sich in Anspruch nehmen, die seriösen Vertreter ihres Fachs zu sein. Das Problem bei Schönheits-OPs sei, dass man häufig nicht wisse, wie riskant sie sind und was sie über-haupt nutzen, weil entsprechende Studien fehlen.
DGPRÄC-Präsident Vogt gibt zu, dass Operateure oft zu wenig Bescheid wüssten. Die Berufsordnung schreibe zwar vor, dass jeder Arzt nur das operieren dürfe, wofür er ausgebildet worden sei, und nur das tun sollte, was er auch beherrsche,
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