SPIEGEL E-Book: Deutschland, Deine Reichen: Wer sind sie - und warum so viele? (German Edition)
Aktion zeigt auch, wie schlicht und reibungslos Eliten-Bashing mittlerweile selbst für eine großbürgerliche Leserschaft funktioniert.
Nur: Wer sind diese Reichen überhaupt? Woran glauben sie? Was treibt sie an, und wie sehen sie den Rest der zunehmend kapitalismuskritischen Republik?
Also wird es Zeit, eine andere Reise zu unternehmen, eine, die das Gespräch mit diesem Reichtum sucht. Deshalb startet der SPIEGEL eine vierteilige Reise in die Welt des Geldes, zu deutschen Millionären und Milliardären, zu jungen und alten Erben, buntschillernden Boulevardvögeln, kauzigen Unternehmern ebenso wie angestellten Top-Managern.
Da wird ein Unternehmer von seinem skurrilen Hobby berichten, in den Straßen Berlins Pfandflaschen zu sammeln. Da wird sich einer der mächtigsten Aufsichtsräte der Republik als scharfer Bankenkritiker outen. Und ein junger Milliardär wird erstmals öffentlich durchrechnen, was von einem Bruttofirmengewinn von 250 Millionen Euro bei ihm überhaupt ankommt.
Es ist eine Reise, die in den angestammten Enklaven des Reichtums beginnen könnte, in den rhododendrenbewehrten Villen in Hamburgs Elbvororten oder rund um den Starnberger See, in Essen-Bredeney, dem Berliner Grunewald oder eben in Kronberg.
Die Leben dort ähneln sich durchaus. Wenn man den Erzählungen von Personal und Bewohnern glauben darf, bieten all diese Luxusnischen ihren Bewohnern ein einzigartiges Heimat- und Wir-Gefühl. Man kennt eben auch all die Leute genau, die man nicht kennen möchte. Andererseits werden die goldenen Käfige von ihren Bewohnern durchaus als solche wahrgenommen.
Man gönnt sich drei Kinder oder mehr, die alle dasselbe Gymnasium besuchen, nebenher Hockey spielen und Cello oder Klavier. Studieren werden sie in England oder in den USA. Die Hausherrinnen kasteien sich derweil, um in die Size-Zero-Jeans zu passen, wenn sie mit dem Geländewagen zum Einkaufen fahren. "In Deutschland sterben die Armen an Übergewicht, die Reichen verhungern eher", schmunzelt ein Seelsorger.
Der Ton der Reichen ist (selbst)ironisch distanzierend. Man schützt sich damit quasi vor sich selbst und vor den Schattenseiten des eigenen Schicksals. Denn natürlich gibt es hier alles, was es anderswo auch gibt, nur mit anderen Vermögensvorzeichen: wohlstandsverwahrloste Kids, Drogenkonsum, kaputte Ehen. Und wenn der Patriarch das Hausmädchen schwängert, ist das größte Problem, dass die Schwarzarbeit der kleinen Ecuadorianerin auffliegen könnte.
Soweit die Klischees, die sich in der Wirklichkeit allesamt wiederfinden lassen. Doch Reichtum ist auch ganz anders, und das weitaus raffiniertere Versteck des Geldes ist die Masse geworden. Nun sitzt es auch in Berlin-Mitte, wo Christiane Kofler (frühere zu Salm, geborene Hansen) lebt, die mit dem Verkauf ihrer Anteile an dem Schmuddelsender Neun Live zu Vermögen gekommen ist, das sie heute in Kunst investiert. Das Geld lebt sogar überm Gärtnerplatz mitten in der Münchner Innenstadt, wo der FC-Bayern-Kicker Bastian Schweinsteiger komfortabel wohnt.
Überhaupt waren Deutschlands Reiche nie zuvor eine derart bunt zusammengewürfelte Truppe. Die finanzielle Oberschicht reicht von Sportlern wie Sebastian Vettel oder Dirk Nowitzki (beide mit einem geschätzten Jahreseinkommen von rund 16 Millionen Euro) bis zu Comedy-Millionären wie Mario Barth und international gehandelten Künstlern wie Gerhard Richter oder Anselm Kiefer.
Vom VW-Dirigenten Ferdinand Piëch über Unterhaltungsgröße Thomas Gottschalk (ARD) bis zu Hermann Bühlbecker (Lambertz), der gern "Printen-König" genannt wird.
Noch nie konnte man in Deutschland so schnell reich werden wie heute – als Sportler, TV-Star, Unternehmensgründer. Wahre Internet-Reiche sind zum Beispiel die drei Brüder Oliver, Marc und Alexander Samwer. Sie haben mal das Online-Auktionshaus Alando eröffnet – und an Ebay verkauft. Sie haben die Klingeltonklitsche Jamba gegründet – und verkauft. Sie sind an Groupon beteiligt, bei Facebook ein- und mit Gewinn wieder ausgestiegen. Sie haben StudiVZ an den Holtzbrinck-Verlag abgegeben, als das Netzwerk noch für ein großes Ding gehalten wurde. Zurzeit freuen sie sich über ihre Beteiligung am Webshop Zalando.
Daneben gibt es die alten Verwalter noch viel älteren Geldes, die sich zunehmend weiter verzweigenden Dynastien der Oetkers in Bielefeld und Berlin oder der Haniels in Duisburg, schnell zu Wohlstand gekommene Banker wie Alexander Dibelius (Goldman Sachs), aber auch Legionen von
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