Spiegelblut
einverstanden sind.«
»Das Mädchen und sein Vampir?«, brachte ich mühsam hervor.
»Nein«, er sah mich so durchdringend an, dass ich die Antwort bereits kannte, bevor er sie aussprach, »die beiden Vampire, die den Tausch vornehmen.«
»Aber …«
Er zog seine Hand von rechts oben nach links unten durch die Luft, eine kleine, elegante Geste, die von mir verlangte, mich wieder den bekannten Regeln zu unterwerfen.
»Ich habe mir diese Dinge nicht ausgedacht, Coco-Marie.« Er stand auf und blieb neben mir stehen. Ich starrte auf seine Füße und wunderte mich darüber, dass er barfuß war. »Einem Mädchen ist es auf solchen Bällen auch möglich, ihren Herren zu verlassen.« Ich zwang mich, nicht fragend den Blick zu heben. »Es muss nur einen anderen mit Blickkontakt dazu auffordern. Dieser hat dann das Recht, ihren rechtmäßigen Herren zu einem Duell herauszufordern. Gewinnt er, gehört das Mädchen ihm.« Er schwieg kurz, während mir für wenige Sekunden der Gedanke im Kopf herumspukte, mir einen neuen Vampir zu suchen. Die Sache hatte nur zwei Haken: Zum einen könnte ich ihn mir vorher nicht auswählen, da ich permanent zu Boden blicken musste, zum anderen wäre er aller Wahrscheinlichkeit nach seelenlos. Aber … was war mit den Vampiren des Sanctus Cor? Was war mit Pontus? Wenn ich ihn in der Öffentlichkeit aufforderte, mich unter seine Obhut zu stellen … Mal abgesehen von Damontez’ Zorn war es eine Überlegung wert.
»Coco-Marie?«
»Ja?«, fragte ich gespielt arglos und gab vor, meine Hände am Feuer zu wärmen.
»Schau mich mal an!«
Er stand über mir, und ich saß auf dem Boden. Ich musste den Kopf sehr weit in den Nacken legen, was mir wieder einmal meinen Rang deutlich machte, allerdings war seine Miene weich. »Es besteht ein gewisser sportlicher Ehrgeiz unter den Nefarius, anderen ihre Mädchen streitig zu machen. Sie umgarnen euch und scheuen weder Mühen noch hinterhältige Tricks, um den Blick eines Nachtschattenherzens zu bekommen. Und wenn sie ihn haben, bannen sie euch, so dass es immer so aussehen wird, als wärt ihr die Verantwortlichen. Seelenlose durften früher gar keine Blutmädchen nehmen, es war ihnen nur auf diesem Wege möglich, rechtmäßig an ein Nachtschattenherz zu kommen. Heute folgen die Seelenlosen natürlich ihren eigenen Gesetzen. Nichtsdestotrotz ist es eine Art Wettkampf, der oft mit hohen Einsätzen verbunden ist. Wir nennen sie Blutwetten. Offiziell sind sie gesetzwidrig, dennoch existieren sie. Das Königshaus ist dagegen machtlos. Es ist allerdings keine so schreckliche Widrigkeit wie die Blutspiele – nein, frag nicht, was das ist.«
Blutwetten um Blutware, dachte ich entsetzt. Mehr waren diese Mädchen nicht. Mein Kopf wurde vor Grauen so schwer, dass ich ihn kaum noch oben halten konnte. Und was waren Blutspiele?
Damontez legte die Hand auf meine Stirn und tat netterweise so, als läge es ausschließlich an meiner Schwäche. »Du hast immer noch Fieber, wenn es auch sinkt. Leg dich wieder hin.«
Ich tat wie geheißen und spürte erst in diesem Augenblick, wie sehr mich die Unterhaltung angestrengt hatte, wobei die seelische Komponente die körperliche überwog.
»Ich kann dich auf diesem Fest nur schützen, wenn du dich an alle Regeln hältst. Ist dir das klar?« Jetzt klang seine Stimme wieder hart.
Ich nickte beklommen. »Ich halte mich an die Regeln.«
»Der kleinste Widerstand und man wird mich infrage stellen.«
Natürlich ging es ihm auch um sein Ansehen und die Schmach, die ihn erwartete, wenn ich aus der Reihe tanzte.
»Ich …«
»Der kleinste Widerstand und ich werde dich zukünftig in allen Punkten wieder deinem Status entsprechend behandeln.« Er kniete plötzlich neben mir, ohne dass ich überhaupt eine Bewegung wahrgenommen hatte.
Erschrocken setzte ich mich auf, dann wurde mir bewusst, was er gesagt hatte. »Und sonst nicht?«, fragte ich hoffnungsvoll.
»Nein, sonst nicht«, sagte er und legte mir eine Hand in den Nacken. Er zog mich so weit zu sich, dass mein Gesicht nur noch zwanzig Zentimeter von seinem entfernt war.
Hilfe! Viel zu nah! Das macht er extra!
»Aber du hast Glynis nicht widersprochen, als sie gesagt hat, du dürftest erst wieder in einer Woche von mir trinken«, stammelte ich mit winziger Stimme. »Du hast ihr sogar zugestimmt und …« Ich wollte meinen Kopf wegdrehen, doch es gelang mir nicht. Damontez hielt mich gerade so fest, dass es mich bewegungsunfähig machte, mir aber nicht wehtat, wenn ich
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