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Spiegelkind (German Edition)

Spiegelkind (German Edition)

Titel: Spiegelkind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alina Bronsky
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Mister Cortex zu nutzen! Das ist sonst strafbar. Selbst mein Vater hat nicht den Status und der arbeitet bei HYDRAGON.«
    »Willst du diskutieren oder willst du suchen?« Ksü gähnte.
    Und ich hielt den Mund und tippte schnell das Wort ein – Phee.
    Keine Ahnung, was ich jetzt erwartet hatte. Dass der Computer plötzlich explodierte, dass eine Sirene losging, dass der Boden unter unseren Füßen durchbrach – irgend so was. Mein Herz klopfte bis zum Hals, die Hände wurden feucht. Mister Cortex schluckte mein Wort, wartete kurz und gab die Suchergebnisse heraus. So viele Treffer, so viele Seiten.
    Meine Kehle wurde trocken.
    Ich weiß nicht, warum ich nicht den ersten, nicht den zweiten, sondern den dritten Treffer anklickte. Es öffnete sich eine neue Seite und ich las:
    Wenn Pheen Kinder haben wollen, dann bleibt ihnen nichts anderes übrig, als sich mit einem Mann (Normalen) zusammenzutun. Meistens erklären sich dazu Männer bereit, die die Dienste einer Phee existenziell benötigen. Es entsteht ein Abhängigkeitsverhältnis, das viele Pheen nicht überleben. Die Töchter der Pheen werden mit fünfzigprozentiger Wahrscheinlichkeit auch Pheen. Die Söhne der Pheen werden keine Pheen (Pheen sind ausschließlich weiblichen Geschlechts), sondern mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit sehr besondere …
    Ksü klappte ihr Notebook vor meiner Nase zu und schnappte es sich.
    »Was ist …«, begann ich, sah es dann aber selbst.
    »Vielen Dank, dass du mir mit dem Rechenprogramm geholfen hast, Juli!«, ratterte Ksü los.
    Der Tutor stand an unserem Tisch und ich hatte ihn noch nicht einmal bemerkt! Mir wurde heiß und kalt. Das Lyzeum war streng – schon kleinste Vergehen wurden mit Abmahnungen geahndet, die ab einer bestimmten Kategorie teuer für die Eltern wurden und eine verpflichtende Verhaltensberatung nach sich zogen. Aber das, was ich getan hatte, lag jenseits von Abmahnungen. Ich konnte mir nicht im Geringsten vorstellen, was mit mir geschehen könnte, wenn ich erwischt worden wäre. Vielleicht war es so schlimm, dass darauf die größte Strafe stand, die über eine Minderjährige verhängt werden konnte. Ein Gericht konnte das Armband mit der Nummer einziehen. Dann war es nicht nur mit dem Schulbesuch vorbei. Man war nicht mehr normal, man war eine Unperson, konnte gleich in ein Freakviertel ziehen und sich dort lebendig begraben.
    Während ich mich Horrorszenarien hingab, redete Ksü weiter auf den Tutor ein.
    »Wenn man so neu ist, hat man wirklich keine Ahnung von nichts«, berichtete sie heiter. »Man muss vielleicht dringend mal, macht eine Tür nach der anderen auf, hinter der einen ist das Lehrerzimmer, hinter der anderen das Krankenzimmer und man macht sich inzwischen fast in die Hose …«
    Die Augen des Tutors wurden merkwürdig glasig.
    »Und ich weiß gar nicht, ob ich hier richtig gerechnet habe, aber Juli kann wirklich nicht immer alles für mich machen.« Ksü machte eine Handbewegung und das Blatt mit ihren Lösungen kroch aus dem Klassendrucker. »Deswegen bin ich so froh, dass Sie gekommen sind, um sich persönlich um mich zu kümmern.«
    Der Tutor blinzelte, nahm ihr Blatt, drehte sich um und ging damit zu seinem Pult.
    »Puh.« Ich atmete aus. »Das war vielleicht knapp. Du musst mit solchen Sachen besser aufpassen.« Ich stockte. »Ich meine, ich muss aufpassen. Ich hab die Suchanfrage ja gerade selber gestartet und gelesen, da konntest du nichts dafür …« Ich schwieg verwirrt.
    »Mach dir keine Sorgen«, murmelte Ksü. »Ich find’s echt süß, dass bei euch alles von Lehrern persönlich kontrolliert wird und nicht die Programme die Noten vergeben. Das ist irgendwie nostalgisch, wie diese Papierbücher und die Hefte. Wahrscheinlich schleimt sich die Schulleitung damit bei den Konservativen ein, die ihre Kinder ans Lyzeum schicken, weil sie Wert auf eine Erziehung ohne Technik legen. Dabei sind ihre Häuser genauso mit Elektronikschrott vollgestopft wie die aller anderen Normalen auch.«
    »Häh?«, fragte ich, in Gedanken bei den Zeilen, die ich gerade auf ihrem Computer gelesen hatte. »Wovon redest du?«
    »Nicht so wichtig«, sagte Ksü.
    Der Tutor kam zu uns zurück und warf Ksüs Lösungsblatt auf den Tisch. Bevor sie es mit einer Hand in ihre Tasche fegte, konnte ich gerade noch sehen, dass sie alle Aufgaben richtig gelöst hatte.
    In der Kantine saßen wir wieder zu zweit am Tisch. Wir schwiegen. Das, was ich auf Ksüs Computer gelesen hatte, schwirrte mir im Kopf herum

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