Spiegelschatten (German Edition)
mir von hier zu verschwinden.«
» Aber du glaubst es nicht.«
» Nein. Ich traue Griet so etwas nicht zu. Allerdings ist es rein logisch eine Möglichkeit, die man in Betracht ziehen kann.«
» Warum weigerst du dich dann, mit der Polizei darüber zu reden?«
» Meinetwegen auch das. Aber geh mit mir weg! Bitte, Björn!«
» Ich könnte versuchen, eine Unterkunft für euch zu finden«, bot Romy an. » Ich hätte sogar schon eine Idee.«
» Nicht ohne dich«, entschied Björn.
» Heute Abend kommt einer vom Sicherheitsdienst und baut ein neues Türschloss bei mir ein«, sagte Romy. » Dann kann mir hier nichts mehr passieren.«
Jemand hat sich einen Nachschlüssel anfertigen lassen, dachte sie. Ich darf keinen meiner Schlüssel mehr aus der Hand geben. Nicht mal an Helen. Nicht, solange der Mörder frei herumläuft.
» Wer auch immer hinter den Morden stecken mag, Romy, ist hochgradig gefährlich. Gehen wir mal davon aus, dass dieser Jemand es wirklich auf mich abgesehen hat. Wer weiß denn, ob mein Untertauchen seine Wut nicht noch mehr anfacht? Und wer garantiert mir, dass er sie nicht an dir auslässt?«
» Ich. Weil ich äußerst vorsichtig sein werde.«
» Was ist jetzt?«, drängte Maxim.
» Ich gehe nicht ohne Romy.«
» Du störrischer alter Esel«, schimpfte Romy. » Und wenn ich Ingos Angebot annehme und für eine Weile zu ihm ziehe?«
» Er hat dir angeboten…«
» Ja. Ich weiß, dass ich oft nicht sehr nett über ihn geredet habe, aber ich glaube, er hat richtig Angst um mich.«
» Dann bin ich einverstanden«, sagte Björn und überrumpelte sie damit beide.
Eine Weile waren Romy und Maxim sprachlos. Dann stieß Maxim einen Freudenschrei aus, der sich schmerzhaft in Romys Trommelfell bohrte.
» Ich kümmere mich um eine Unterkunft für euch«, versprach sie, als das Klingeln in ihrem Ohr nachgelassen hatte. » Gebt mir ein, zwei Stunden und packt schon mal.«
*
Mit einem flauen Gefühl im Magen saß Björn auf seinem Bett und schaute Maxim dabei zu, wie er umherlief und seine Klamotten zusammensuchte. Jetzt gab es kein Zurück mehr.
Doch bevor er selbst ans Packen denken konnte, hatte er noch ein paar Aufgaben zu erledigen.
» Hör mir mal kurz zu«, sagte er, und Maxim hielt mitten in der Bewegung inne, den Arm voller T-Shirts. » Wenn ich den Kommissar anrufe, um ihm von Griet zu erzählen…«
» Damit habe ich nichts zu tun.«
Maxim stopfte die T-Shirts in seinen Rucksack und war schon wieder auf dem Weg zur Tür. Kurz darauf polterte es in Nils’ Zimmer. Als Maxim wieder auftauchte, trug er einen Stapel Bücher, die er in einer geräumigen schwarzen Segeltuchtasche verstaute.
» Tu’s einfach.« Er blickte sich suchend in Björns Zimmer um. » Hast du meine Laufschuhe gesehen?«
Als wäre ihm, nachdem die Würfel gefallen waren, nichts anderes mehr wichtig, als Björn möglichst bald von hier wegzubringen.
» Es ist okay für dich?«
» Ah. Da sind sie ja.« Maxim kniete sich hin und angelte seine Laufschuhe unter dem Bett hervor. Als er sich wieder aufrichtete, war sein Gesicht gerötet. » Willst du nicht auch langsam anfangen zu packen?«
» Du hast mir noch nicht geantwortet, Maxim.«
» Griet ist unschuldig und das werden die Bullen auch merken. Ihr kann also nichts passieren.«
» Danke, Maxim.« Björn atmete auf. » Aber bevor ich packe, muss ich ein paar Leuten erklären, warum ich mich entschieden habe, unterzutauchen.«
» Hat das nicht Zeit? Du kannst die Anrufe doch unterwegs erledigen.«
Doch Björn hatte die erste Nummer bereits gewählt.
*
Nach der Mittagspause brauchte Gregory Chaucer immer einen Kaffee, um seine Gedanken wieder auf Trab zu bringen. Er hatte gerade mit Genuss den ersten Schluck gekostet, als er durch die Glasscheiben Romy auf sein Büro zukommen sah.
Es musste sich um etwas Wichtiges handeln, sonst würde sie sein tägliches Ritual nicht stören.
» Ja!«, rief er, kurz und knapp, alles andere als einladend und ein bisschen zu laut, aber bei Romy zeigte das keinerlei Wirkung.
» Hast du ein paar Minuten für mich, Greg?«
Seufzend wies er auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch. Sie ließ sich auf der Kante nieder, ein Zeichen dafür, dass sie nervös war.
» Ich habe meine Meinung nicht geändert«, teilte er ihr mit, sicher, dass sie ihn bitten wollte, die Anwesenheitspflicht am Schreibtisch wieder aufzuheben.
» Es geht um etwas anderes.« Sie warf einen prüfenden Blick durch die gläserne Abtrennung. Doch die meisten
Weitere Kostenlose Bücher