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Spiegelschatten (German Edition)

Spiegelschatten (German Edition)

Titel: Spiegelschatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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Handschrift gewechselt.«
    Ingo verzog die Lippen zu einem kleinen Lächeln.
    » Wirklich, Ingo. Ich hab mich beim Lesen gefragt, ob ich wohl jemals etwas ähnlich Gutes zustande bringen werde.«
    » Wirst du. Garantiert.«
    Romy konnte sich seine Freundlichkeit nicht erklären. Sein Denken hatte immer nur um seine eigene Person gekreist. Er hatte keinen an sich herangelassen, niemandem Einblick in sein Privatleben gestattet.
    Unter den Kollegen war er als Einzelkämpfer mit krankhaftem Ehrgeiz verschrien. Man sagte ihm nach, jeden von der Karriereleiter zu schubsen, der ihm im Weg stand. Widerling und Kotzbrocken gehörten noch zu den weniger harten Begriffen, m it denen er belegt wurde. Auch Romy hatte ihn schon so bezeichnet.
    Und jetzt warf er das alles über den Haufen.
    » Du scheinst mir ja eine Menge zuzutrauen«, sagte sie.
    » Das tue ich.«
    Er sah der Kellnerin nach, wie er das immer tat, doch ohne diesen lüsternen Ausdruck in seinem Blick. Vielleicht, dachte Romy, macht er einfach mal Pause vom Ekligsein.
    » Du bist irgendwie… verändert«, sagte sie.
    Die Kellnerin brachte Romys Salat und die Lasagne für Ingo, und erst nach ein paar Bissen reagierte Ingo auf Romys Bemerkung.
    » Ist mir gar nicht aufgefallen.«
    » Mir schon. Als hättest du dein wahres Wesen bisher versteckt.«
    » Mein wahres Wesen. Wow! Große Worte.« Er nahm die nächsten Bissen, bevor er weiterredete. » Und du glaubst, mein wahres Wesen zu kennen?«
    Da war er wieder, der alte Ingo, der einem die Sätze knapp und präzise um die Ohren schlug, wenn man ihm zu nah gekommen war.
    » Nein.« Romy ließ ihn auch ein bisschen zappeln, indem sie sich eine Weile mit ihrem Salat beschäftigte. » Ich hab nur eine Vermutung angestellt.«
    Ingo ließ den Blick durch den Raum schweifen. Deutlicher konnte er Romy nicht signalisieren, dass dieser Teil des Gesprächs für ihn beendet war.
    » Tut mir leid«, sagte sie. » Ich wollte dir nicht auf die Füße treten.«
    » Hast du nicht getan.«
    Romy überlegte nicht lange. Sie reagierte spontan und ließ dabei völlig außer Acht, dass es unklug war, einem Kollegen von der Konkurrenz ihr Herz auszuschütten. Sie erzählte ihm von der Warnung des Mörders.
    Ingo legte das Besteck ab und schob seinen Teller beiseite. Seine Augen verengten sich, während er zuhörte.
    » Blut?«, fragte er schließlich. » Bist du sicher?«
    » Ziemlich.«
    » Er will dich zum Schweigen bringen«, sagte er. » Und er will verhindern, dass du dich weiter in die Sache reinhängst.«
    » Ich bin Björns Schwester. Wie soll ich mich denn da bitte raushalten?«
    » Mir brauchst du das nicht zu erklären.« Ingo winkte der Kellnerin und bestellte sich einen Espresso. » Du auch?«
    Romy schüttelte den Kopf.
    » Dein Artikel ist eine Kampfansage an den Mörder«, sagte er. » Zumindest kann er ihn so verstehen. Wie krank der Grund für sein Tun auch sein mag, er will sich nicht als Psychopath und Verbrecher beschimpfen lassen.«
    » Morde sind Verbrechen, Ingo. Und dieser Typ ist ein Psychopath.«
    » Du weißt das, ich weiß das, die meisten Menschen sehen das so. Der Mörder allerdings wird seine Taten anders einordnen. Für ihn ist das, was er tut, richtig.«
    » Du hältst ihn für einen religiösen Eiferer?«
    » Nicht unbedingt. Es kann ausreichen, dass er ein Problem mit Homosexualität hat.«
    » Wenn alle, die ein Problem mit Schwulen haben, plötzlich anfangen würden, Schwule umzubringen…«
    » Das tun eben nicht alle, Romy. Der Typ tickt nicht richtig. Irgendwas ist bei dem falsch gepolt, und er geht los und glaubt, die Welt von Männern säubern zu müssen, die es wagen, Männer zu lieben.«
    Nie würde Ingo so reden, wenn er selbst der Täter wäre, dachte Romy. Einen solchen Abstand zu seinen Taten könnte er gar nicht aufbringen. Ich würde den Hass in seinen Augen erkennen, und wenn er sich noch so sehr anstrengen würde, ihn zu verbergen.
    » Und wie geht es Björn?«, fragte er.
    » Wie schon? Er gibt sich tapfer, aber er ist voller Angst, seit…«
    Wieder überlegte sie nicht, bevor sie Ingo davon erzählte, dass auch Björn bedroht worden war.
    » Er auch?« Romy konnte sehen, wie es in Ingos Kopf arbeitete. » Was ist mit seinen Freunden? Wurden die ebenfalls bedroht?«
    » Keine Ahnung.« Romy hatte keinen Hunger mehr. Sie schob ihren Teller beiseite, wie Ingo es getan hatte. » Aber ich werde sie fragen. Jeden Einzelnen.«
    Ingo runzelte die Stirn.
    » Du glaubst doch nicht, dass ich mich

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