Spiegelschatten (German Edition)
Bonn und Köln verteilen,.«
» Er hätte aufwendig recherchieren müssen, allein um die Verbindung zwischen Ihrem Bruder und Ihnen herauszufinden«, mischte sich der Kollege des Kommissars ein. » Trittbrettfahrer wollen aber den direkten Nervenkitzel. An Arbeit ist ihnen nicht gelegen.«
» Krank«, murmelte Romy. Dann hob sie den Kopf. » Wir gehen also davon aus, dass der Mörder von Leonard, Sammy und Tobias das hier geschrieben hat? Und auch das, was mein Bruder an seiner Tür vorgefunden hat?«
» Wir?« Der Kommissar zog die Augenbrauen hoch und ließ das Wort eine Weile in der Luft hängen.
» So hab ich das nicht gemeint… Verzeihung.«
» Wo hatten Sie Ihren Wagen geparkt?«, fragte er.
» In der Genter Straße«, antwortete Romy. » Das Parken ist in dieser Gegend echt ein Problem. Ich stelle meinen Wagen ab, wo gerade Platz ist. Manchmal muss man eben ein paar Meter laufen. Das ist hier im Belgischen Viertel so.«
» Also immer woanders?«, hakte der Kommissar nach.
Romy nickte.
» Derjenige, der Ihnen diese Nachricht unter den Scheibenwischer geklemmt hat, muss demnach Ihr Autokennzeichen kennen.«
Und mich beobachtet haben, dachte Romy und rieb sich unbehaglich die Arme.
» Welcher Freund Ihres Bruders ist so gut über Sie informiert, dass er über Ihre Parkgewohnheiten Bescheid weiß und sogar Ihr Kennzeichen im Gedächtnis hat?«
» Sie vermuten den Täter unter den Freunden meines Bruders?«
» Beantworten Sie bitte meine Frage.«
» Viele kennen mich gut. Und ich kenne viele von ihnen gut. Und vielleicht fällt es dem einen oder andern leicht, sich Zahlen und Ziffern zu merken. Dafür spricht einiges, denn unter Björns Freunden befinden sich etliche Informatiker.«
Obwohl Romys Gedanken selbst schon in diese Richtung gegangen waren, konnte sie sich einfach nicht vorstellen, dass einer von Björns Freunden fähig wäre, Menschen zu töten.
» Wir sprechen hier von einem Serientäter, der Schwule umbringt, Herr Kommissar. Mit so jemandem wäre mein Bruder niemals befreundet.«
» Sie glauben tatsächlich, dass man einem Täter ansieht, dass er ein Täter ist?« Der Kommissar schüttelte mit mildem Vorwurf den Kopf. » Das glauben Sie? Nach allem, was wir beide vor noch gar nicht so langer Zeit miteinander durchgemacht haben?«
Er hatte recht. Mit Romys Fähigkeit, Menschen einzuschätzen, war es nicht weit her gewesen. Sie war in Lebensgefahr geraten. Und hatte sie nicht immer die Meinung vertreten, jeder sei zu einem Mord fähig, sofern er dazu getrieben würde?
» Haben Sie in den vergangenen Tagen ungewöhnliche Dinge bemerkt?«, fragte der Kollege des Kommissars. » Ist Ihnen jemand aufgefallen, der ihre Nähe gesucht hat…«
Ingo.
» …dem Sie plötzlich häufiger begegnet sind als sonst? Den Sie dabei ertappt haben, dass er Sie beobachtet?«
Ingo? Niemals.
» Gibt es jemanden, der sich Ihnen gegenüber anders verhält?«
Cal.
» Der Ihnen möglicherweise etwas verübelt? Der wütend auf Sie ist? Neidisch? Sie vielleicht sogar hasst?«
Cal.
Nein. Nicht Cal!
» Frau Berner?«
Die Stimme des Kommissars.
Mit ihm redete Romy lieber als mit seinem Kollegen. Zu ihm hatte sie Vertrauen.
» Und so einer bringt dann die Freunde meines Bruders um? Obwohl er mit mir Probleme hat? Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn.«
» Das eine kann mit dem andern zusammenhängen«, sagte der Kommissar. » Die Fäden eines Falls sind oft eng miteinander verflochten. Der Wahrheit nähert man sich immer nur Schritt für Schritt.«
» Nein«, sagte Romy entschieden. » Mir ist nichts aufgefallen.«
*
Er wurde berühmt. Die Zeitungen berichteten über ihn, sogar das Fernsehen fing an, sich für ihn zu interessieren.
Sie nannten ihn den Schwulenmörder .
Was kümmerten ihn ihre schwachsinnigen Begriffe! Und dass sie für alles und jedes ihre Schubladen brauchten. Wenn es sie glücklich machte, dann sollten sie ihn eben so nennen.
Die Meinung der Leute war ihm egal.
Die Meinung der Welt.
Nicht jedoch die Meinung der Stimme, die ihn wieder piesackte. Er hatte schon alles versucht, um sie zum Schweigen zu bringen, aber wieder hatte er begreifen müssen, dass er gegen sie machtlos war.
Du glaubst, du kannst dich auf deinen Lorbeeren ausruhen?
Er HASSTE es, wenn sie lachte.
Mit ihrem gemeinen Lachen machte sie ihn so klein, dass er sich selbst nicht mehr erkennen konnte.
Es hallte in seinen Ohren, bohrte sich durch den Gehörgang, durchdrang mit Leichtigkeit sein Trommelfell und
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