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Spieglein, Spieglein an der Wand

Spieglein, Spieglein an der Wand

Titel: Spieglein, Spieglein an der Wand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Bruhn
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zu sein. Als sie kürzlich so ausgerastet ist, lag es eindeutig daran, dass ich einen wunden Punkt bei ihr getroffen habe.
    Juliane ist Schütze. Ich suche ihr Horoskop. Der Erkenntnisprozess hat eingesetzt, steht da im Februar. Ganz genau, denn ungefähr zu diesem Zeitpunkt hat sie mich kennengelernt. Im April erklärt das Horoskop, ein neuer Freund bräuchte ihre Hilfe, und im Mai wird sie eine neue und kompromisslose Seite an sich selbst entdecken. Das passt wie Deckel auf Topf. Juliane wird eine kompromisslose und heterosexuelle Seite an sich selbst entdecken. Zusammen mit mir.
    Rasmus ist Fisch. Genau wie Johannes Boye Lindhardt. Der April wird für Menschen mit diesem Sternzeichen konfliktgeladen und enttäuschend. Das deutet hoffentlich auf eine aufgelöste Verlobung für Johannes Boye Lindhardt hin. Im Mai müssen die Fische neue Pläne schmieden, da sich die alten nicht in die Tat umsetzen lassen, gleichzeitig besteht eine Möglichkeit zu einem Urlaub oder einer Auszeit, in der Spekulationen über die Zukunft eine große Rolle spielen werden. Damit müssen Johannes Boye Lindhardts Hochzeitspläne gemeint sein, die sich nicht in die Tat umsetzen lassen. Woraufhin er ganz allein verreisen und seine Zukunft ohne meine Mutter überdenken muss. Ha!
    Johannes Boye Lindhardt hat mir nie etwas getan (außer mir meine Mutter wegzunehmen, und damit war sie selber einverstanden), aber er übertrumpft meinen Vater in allen Disziplinen und deshalb kann ich ihn nicht ertragen. Abgesehen von vielmehr Geld auf dem Konto hat er auch eine viel erfolgreichere Karriere hinter sich. Noch dazu hat er vier Mal den Ironman absolviert, wohingegen mein Vater lediglich Bassist in einer peinlichen Coverband ist, die unseren heimischen Keller vermutlich nie verlassen wird.
    Ich pfeffere die Frauenzeitschrift in den Müll und gehe in den Flur. Durch die offene Haustür kann ich meinen Vater sehen. Er stützt sich auf einen Spaten, daneben steht Rasmus, der ihm irgendetwas erzählt und dabei ganz aufgeregt mit zwei vollen Plastiktüten gestikuliert. Eltern und Freunde in einem unbeaufsichtigten Gespräch stellen immer ein gewisses Risiko dar, also eile ich nach draußen.
    „Hallo. Was willst du denn hier?“
    „Was für ein herzlicher Empfang! Ich freue mich auch, dich zu sehen.“ Rasmus zwängt sich mit den Tüten am ausgestreckten Arm durch das Gartentor. „Es gibt da etwas Wichtiges, das du unbedingt sehen musst.“
    „Und wie wäre es, wenn du mich erst anrufst?“
    „Ich habe dir vor einer halben Stunde eine SMS geschickt. Tschüss, hat mich gefreut.“
    Rasmus nickt meinem Vater zu und schlüpft eifrig ins Haus. Ich bleibe stehen und erwarte das Urteil.
    „Ach, DAS war Rasmus?“ Mein Vater sieht mich verwundert an. „Er ist irgendwie so anders als deine anderen Freunde.“
    „Stört dich das?“
    „Nein, nein, ich meine ja nur. Er ist jedenfalls überhaupt nicht wie Nick.“
    Der eine Mundwinkel meines Vaters kräuselt sich merkwürdig. Ich weiß nicht, ob es ein Lächeln oder ein Ausdruck von Unbehagen ist. Er stößt ein Grunzen aus, das alles zwischen Anerkennung und Irritation bedeuten kann, und widmet sich wieder seinen Ausgrabungen. Eine Reihe von Büschen, die meine Mutter im letzten Frühjahr gepflanzt hat, muss wieder raus. Mein Vater hätte lieber einen Zaun zum Bürgersteig hin. Und am liebsten würde er so viele Spuren meiner Mutter wie möglich auslöschen. Das Mutter-Tabu hindert mich daran, seine Idee zu kommentieren, also lasse ich ihn in Ruhe die Büsche ausgraben und gehe zu Rasmus hinein.
    „Schau dir das an!“
    Rasmus hat etwas Grünes und Glänzendes auf mein Bett geworfen. Daneben liegt ein großer Haufen glitzernder Federn.
    „Was ist das?“
    „Mein Kostüm für die Frühlingsparty! Jeppe hat es genäht. Es war sowieso schon halb fertig, und die andere Hälfte hat er gemacht, als er von Mizz Take This gehört hat. Mit ein paar ordentlichen Absätzen und diesem Ding auf dem Kopf bin ich mehr als zwei Meter groß.“
    „Es sieht aus wie ein explodierter Pfau.“
    „Jetzt sag schon, dass es geil ist!“
    „Ja, es ist schön.“
    „Du klingst fast so, als meintest du es ernst. Ich weiß, dass du es albern findest, aber für mich ist es wichtig.“
    „So weit habe ich dich schon verstanden.“
    „Also was denkst du? Ist es übertrieben?“
    „Es wird sicher echt glamourmäßig“, sage ich und hebe das Kleid vom Bett. „Und ich glaube, es passt zu deinen Augen.“
    Rasmus nimmt mir das Kleid

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