Spiel, bis du stirbst (Samantha Veselkova Krimi) (German Edition)
bitter auf. „Sehr witzig“, sagte sie abfällig.
„Das ist mein Ernst“, sagte Sorghardt. „Sowohl bei Gina als auch bei Deborah war es ein Unfall. Aber Sie können sich vorstellen, was mit mir passieren würde, wenn herauskäme, dass ich etwas damit zu tun habe.“
„Ein Unfall“, wiederholte Sam. „Die Spuren an Deborahs Körper sahen nicht nach Unfall aus.“
Er nickte. „Ich zeige Ihnen etwas, dann werden Sie vielleicht verstehen, worum es geht. Von Gregor weiß ich, dass Sie sich in unserem Bereich auskennen und mehr oder weniger eine von uns sind.“
Sam lag eine boshafte Bemerkung auf der Zunge, aber sie schluckte sie herunter. Der Polizist dirigierte sie mit der Pistole den Flur entlang. „Los“, sagte er, „am Ende des Ganges ist rechts eine Tür. Die werden Sie öffnen und die dahinter liegende Treppe hinabgehen. Übrigens kann ich Ihnen sagen, dass die nächste menschliche Ansiedlung ein Hof ist, der einen knappen Kilometer von hier entfernt ist. Rufen oder Schreien hat also keinen Zweck. Selbst wenn Sie mich zwingen würden, abzudrücken, würde es kein Mensch hören.“ Seine Stimme war ruhig.
Sam schätzte ihre Chancen ab. Er stand nahe genug. Die Frage war nur, ob ihre Schnelligkeit ausreichte. Doch er würde sie niemals gehen lassen. Jetzt, wo sie wusste, dass er dazu gehörte, war sie eine persönliche Bedrohung für ihn.
„Ich warte“, sagte der Mann. In diesem Augenblick erkannte Sam, dass sie entweder jetzt agieren musste, oder nie wieder eine Möglichkeit dazu bekam.
Sie drehte sich langsam in die Richtung, in die sie gehen sollte. In dieser Drehung hob sie das rechte Bein, zunächst so langsam, dass es so aussah, als würde sie einen Schritt machen wollen. Im gleichen Moment, in dem sie in seinen Augen sah, dass er sich als Gewinner fühlte und die Konzentration nicht mehr zu hundert Prozent aufrecht hielt, beschleunigte ihr Bein die Bewegung und schnellte zu seiner Hand. Einen Wimpernschlag später flog seine Waffe durch den Raum. Ihr Fuß beschrieb einen Kreis, der zunächst nach unten ging. Kurz vor dem Boden schwang er wieder nach oben, um im nächsten Augenblick seinen Unterleib zu erreichen. Der Mann machte einen kleinen Hüpfer. Sam schritt auf den momentan wehrlosen Mann zu, und schlug mit aller Kraft ihre Faust auf seinen Kehlkopf.
Dem deutlichen Knacken folgte ein undeutliches Gurgeln. Beide Hände des Mannes griffen zu seinem Hals, während der Körper sich unkoordiniert herumwarf und zu Boden fiel. Dort zappelte er weiter. Hin und wieder erhaschte Sam einen Blick in die panisch geweiteten Augen, die in einem rot angelaufenen Gesicht um Hilfe flehten.
Der Detektivin wurde klar, dass er sterben würde. Sein Kehlkopf verschloss aller Wahrscheinlichkeit nach die Luftröhre. Sie empfand kein Mitleid, aber ein Bedauern darüber, dass sie von ihm keine Informationen mehr kriegen würde.
Das Zappeln wurde weniger. Von der Eingangstür her hörte Sam ein lautes Geräusch, wie von einem hastig betätigten Schloss. Ruckartig drehte sie den Kopf, es war aber niemand an der Tür.
„Elektrische Schlösser sind etwas Tolles“, hörte sie die Stimme der Frau hinter der Theke. Sam wandte sich ihr zu. In den Händen hielt die Rezeptionistin ein mächtiges Jagdgewehr, welches sie auf die Detektivin gerichtet hatte.
„Der einzige Grund, warum ich Sie nicht erschieße, ist, dass ich Sie noch leiden sehen will.“
Sam zuckte die Schultern. „Er hätte mich umgebracht, wenn ich nichts getan hätte“, sagte sie leichthin.
„Ja, und genau das werden Sie sich wünschen: Dass er sie umgebracht hätte, bevor Sie so dumm waren, etwas Unüberlegtes zu tun.“
„Oh, ich kann sie beruhigen, es war nicht unüberlegt. Wissen Sie, es gibt Menschen, die etwas schneller denken können als andere.“ Das Gefühl der Angst, das Sam dem Polizisten gegenüber verspürt hatte, wollte sich vor der älteren Dame trotz des Gewehrs nicht einstellen.
„Ihre schlauen Sprüche werden Ihnen noch vergehen.“ Jetzt nahm die Frau den Hörer eines Telefons ab, ohne dabei den Blick von Sam zu lassen.
Die Detektivin überlegte, wie lange ein Sprung über die Theke dauern würde. Zu lange, entschied sie. Viel zu lange.
„Ihr müsst sofort herkommen“, sprach die Frau in den Hörer. „Sie hat Florian ausgeschaltet. – Nein, ich habe sie unter Kontrolle, aber ich kann sie alleine nicht fesseln. Seht euch vor, wenn ihr kommt, sie ist verdammt schnell.“
Sie legte auf, und sagte an Sam gerichtet:
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