Spiel, bis du stirbst (Samantha Veselkova Krimi) (German Edition)
sinnvoll gewesen, da man sofort sah, dass sich hier niemals jemand länger aufhielt. Vermutlich war Bruno nicht einmal oben gewesen, denn die Stange zum Herabziehen der Luke stand nicht in der Nähe.
Nächstes Problem: Wo hatte sie eigentlich die Stange hingetan? In der Garage? Nein. Aber wo dann? Um sich nicht länger damit aufzuhalten, ging sie ins Schlafzimmer, nahm sich einen Drahtkleiderbügel, bog ihn auseinander, und missbrauchte ihn als Zugdraht.
Nachdem sie die Leiter herabgezogen hatte, stieg sie hinauf, zog die Leiter hoch, und verschloss die Luke wieder, um ihr Gespräch vor den unteren Räumlichkeiten zu verbergen. Jetzt wählte sie erneut Marcs Nummer.
„Wer stört?“, meldete er sich. Natürlich, diese Nummer kannte auch Marc nicht.
„Hallo Marc, ich brauche dringend deine Hilfe.“
„Was gibt’s denn?“
„Ich muss mit meinem Computer ins Internet, aber ich befürchte, dass jemand dort ein Spionageprogramm installiert haben könnte. Es ist wichtig, dass derjenige, der das gemacht hat, nicht mitlesen kann, was ich tue. Hast du eine Idee?“
„Nichts leichter als das“, kam Marcs gelassene Antwort. „Als ich dir den PC hingestellt habe, waren da auch ein paar CDs, die ich dir dazu gegeben habe. Auf einer davon steht Knoppix. Starte den Computer von der CD, dann hast du ein Betriebssystem, das unabhängig von der Festplatte läuft. Es ist ein Linux System. Allerdings hast du von da aus nicht ohne weiteres Zugriff auf die Daten deiner Festplatte. Wenn du das brauchst, rufst du noch einmal an, sobald der Rechner gestartet ist, dann führe ich dich da durch.“
„Nein, die Festplatte ist mir egal. Aber ich kenne mich mit Linux überhaupt nicht aus und muss ins Internet.“ Sam merkte selbst, dass ihre Stimme einigermaßen verzweifelt klang.
Marc hingegen behielt seine stoische Ruhe. „Kein Problem, das System startet automatisch X-Windows, wo es auch einen Browser gibt. Es sieht alles ein wenig anders aus, als du es von Windows gewohnt bist, aber der Browser arbeitet genauso wie die, die du kennst.“
„Du bist ein Schatz! Wenn ich nicht zurechtkomme, werde ich dich noch mal nerven.“
„Mach das, wenn du mich erreichst. Schlaf gut.“
Sie legten auf und Sam fiel nach kurzem Überlegen ein, wo sie die CDs verstaut hatte. Schnell klappte sie wieder die Luke mitsamt Leiter nach unten, stieg hinab, und fand auf Anhieb besagte CD im Schreibtisch. Wie Marc versprochen hatte startete ihr Computer nun mit einem ihr fremden Betriebssystem. Es sah alles anders aus, aber sie hatte einen Mauszeiger und eine Bildschirmoberfläche mit verschiedenen Symbolen. Sofort erkannte sie, dass Marc offenbar bereits vor langer Zeit an sie gedacht hatte: Alle Symbole waren mit selbsterklärenden Namen versehen. Eines war mit ‚Internetbrowser’ beschriftet.
Sie startete das Programm, öffnete die Seite Sklavenzentrale.com, loggte sich dort ein und sah, dass sie achtundzwanzig neue Nachrichten hatte, was sie im Augenblick aber herzlich wenig interessierte.
Bevor sie sich in den Chat begab, überlegte sie, wie groß die Chance war, dass Bruno sich ebenfalls hier aufhielt. Eigentlich ging die Wahrscheinlichkeit gegen null, denn Bruno war ein Pädophiler, und kein BDSMler.
Oder irrte sie sich? Obwohl sie sich sicher war, dass Bruno keinen Kontakt zur Szene hatte, waren Sams Finger schweißnass, als sie den Chat öffnete. Sie begann beim Hauptchatraum, eines der fünf zur Auswahl stehenden Möglichkeiten. Es waren sehr viele Benutzer online. Sam schätzte sie auf über hundert, und kaum hatte sie den Chat betreten, wurde sie von einigen Bekannten begrüßt. Sie achtete nicht drauf, sondern tippte mit fliegenden Fingern:
„ACHTUNG! Ich brauche Hilfe!!!!!!
Eine Freundin von mir ist in Gefahr.
Wer mich nicht kennt, fragt einen der COPs, ob ich vertrauenswürdig bin – sie kennen mich alle.
Ich suche einen roten VW Jetta.“
Sie fügte noch das Kennzeichen hinzu, damit der Wagen eindeutig identifizierbar war.
Bereits nach ihren ersten zwei Zeilen erstarb jegliche weitere Kommunikation im Chat. Sam fuhr dann fort:
„Bitte bildet eine Telefonkette. Jeder soll möglichst viele Bekannte anrufen und von denen soll jeder wiederum einige Personen kontaktieren.
Das Auto ist wahrscheinlich im Rhein-Main-Gebiet unterwegs.
Wenn jemand den Wagen sieht oder gesehen hat, soll er mich anrufen.“
Sie gab die Handynummer an, die Bruno in keinem Fall kennen konnte. Ohne darauf zu warten, ob es Reaktionen gab,
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