Spiel, bis du stirbst (Samantha Veselkova Krimi) (German Edition)
die ihm nicht gefiel. Er konnte sich einfach nichts Tolles leisten. Anfang nächsten Jahres wäre er fertig gewesen, und dann hatte er mit Deborah ein neues Leben aufbauen wollen. Doch plötzlich verschwand sie und wurde tot aufgefunden. Meine Güte, was hatte Jan alles mitmachen müssen.“
Und jetzt, wo alles durch ihre eigenen Erzählungen noch einmal präsent wurde, überkam es sie. Nicht langsam und schleichend, sondern schlagartig. Mit einem Mal brach es aus ihr heraus, flossen die Tränen in Strömen, nahm sie eine unendliche Traurigkeit gefangen. Nika zog sie zu sich und Sam ließ es geschehen. Die feste Umarmung des Mädchens gab ihr Wärme, die sie dankbar annahm. Etwas geschah, was Sam sich früher niemals zugestanden hätte: Sie ließ sich fallen. Sie weinte, wie sie selbst als kleines Mädchen nicht geweint hatte, und es war ein gutes Gefühl. Ohne einen Gedanken gab Sam sich dem puren Schmerz hin, bis keine Tränen mehr kamen.
Erst jetzt spürte sie, wie Nikas Hand ihr fortwährend über den Rücken streichelte. Sam hob den Kopf und sah in Nikas Augen, die scheinbar tief in ihre Seele blicken wollten. Es waren warme Augen, die eine unbegreifliche Verbundenheit ausdrückten. Sam konnte den Blick nicht genau deuten. Etwas lag in ihm, das sie fesselte, ihr aber gleichzeitig sagte, dass da etwas war, das sie nicht kannte, etwas für sie Neues.
„Danke, Kleines“, flüsterte Sam. „Das hat mir wirklich gut getan.“
Jetzt lächelte Nika. „Dann bin ich froh, dass ich gekommen bin.“
„Tust du das für jeden, den du gerade erst kennen gelernt hast?“, fragte Sam mit einem verunglückten Lachen.
„Nein, natürlich nicht.“
„Warum hast du es dann für mich getan?“
„Das spielt im Moment keine Rolle. Meinst du, wir sollen versuchen, ein wenig zu schlafen?“, lenkte Nika ab.
„Das ist sicher eine gute Idee.“
Sam zeigte Nika das Badezimmer, gab ihr Handtücher und forderte sie auf, sich wie zuhause zu fühlen. Dann streckte Nika sich auf der Couch im Wohnzimmer aus. Sam musterte sie und schüttelte dann den Kopf. „Hey, es ist doch Unsinn, dass du hier schläfst. Im Schlafzimmer habe ich ein Wasserbett, das zwei Meter zwanzig lang und zwei Meter breit ist, da sollten wir beide genügend Platz haben. Glaube mir, es ist viel gemütlicher, und vor allem wärmer.“
Nika blickte auf. „Ich habe noch nie in einem Wasserbett geschlaen. Stört es dich nicht, wenn ich neben dir bin?“
„Quatsch, was sollte mich daran stören? Los, komm schon.“
Im Schlafzimmer zog Sam ihre Trainingshose aus, während Nika unbeholfen neben dem Bett stand.
„Was ist?“, fragte Sam.
„Kann ich mich mit der Jeans in dein Bett legen?“, kam eine Gegenfrage.
Sam zog die Stirn in Falten. „Bitte?“
Nika druckste einen Moment herum, dann sagte sie: „Ich trage keine Unterwäsche.“
Erheitert lachte Sam auf. „Na, dann bin ich ja froh. Ich schlafe eigentlich immer nackt und dachte schon, ich müsste heute Nacht aus Solidarität Wäsche tragen. Aber wenn du auch keine hast, dann muss ich mir ja keine Gedanken machen.“ Schon zog sie ihr Top über den Kopf und entledigte sich auch ihres Slips. Nackt zu sein war für Sam nichts Ungewöhnliches. Es kam ihr zunächst nicht einmal in den Sinn, dass Nika es als anstößig empfinden konnte. Erst als es zu spät war, überlegte sie, dass andere Menschen zuweilen ein riesiges Problem damit haben konnten. Vorsichtig sah sie zu dem Mädchen rüber, aber ihre Zweifel waren unbegründet. Nika war gerade dabei, ihre Jeans auszuziehen, unter der sie tatsächlich nackt war. Ihr Oberkörper war bereits entblößt. Na also! Beide krochen sie unter die riesige Decke, für die Sam nur selten ausreichend große Bezüge bekam. Die Detektivin löschte das Licht. Sie war wirklich müde, aber sobald die Dunkelheit sie gefangen hielt, kamen die Tränen wieder. Obwohl sie nur leise weinte, musste Nika es mitbekommen haben, denn Sam spürte eine Hand, die erst über ihren Kopf, dann über ihren Rücken streichelte. Wie lange sie weinte, wusste sie nicht. Irgendwann schlief sie ein.
24 | Ungeahnt
Gregor hatte ihr Kaffee gemacht und ans Bett gebracht. Er konnte wirklich süß sein. Aber Moment … Gregor war doch gar nicht da! Sie war alleine … nein, alleine war sie auch nicht, irgendwer war bei ihr. Natürlich, die Kleine!
Sam öffnete die Augen. Sie lag auf dem Bauch, ein Bein leicht angewinkelt, und den Kopf zur Seite gedreht. Nika hatte dasselbe Tablett benutzt wie
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