Spiel der Angst (German Edition)

schikanieren.« Emily war langsam sarkastisch geworden. »Also an der Stelle Entwarnung, würde ich sagen.«
    Sie hob behutsam die Mappe auf.
    Darin ein mit Computer ausgedruckter Text.
    HABT IHR EUCH SCHON EINMAL GEFRAGT, WAS AUF DEM DOLLAR DAS $-ZEICHEN ZU SUCHEN HAT? WARUM EIN »S« FÜR ETWAS, DAS MIT »D« ANFÄNGT? UND WAS SOLL DER STRICH DAZWISCHEN? WISST IHR ES? ODER NICHT?
    Diesmal schien es zunächst kein Rätsel zu sein. Der Text ging weiter.
    ES HÄNGT AUCH MIT BABYLON ZUSAMMEN. UND SOMIT AUCH MIT NEW YORK.
    DAS DOLLARZEICHEN, DAS $, IST DIE SCHLANGE.
    DIE BRUDERSCHAFT DER SCHLANGE, DIE IM JAHR 3000 VOR CHRISTI IN MESOPOTAMIEN GEGRÜNDET WURDE, WAR DIE TREIBENDE KRAFT HINTER DEN EROBERUNGSZÜGEN SARGONS VON AKKAD. IHR ZIEL WAR ES, DIE GESAMTE MENSCHHEIT ZU UNTERWERFEN. ES WAR DIE SCHLANGE DER ZEIT, DIE SICH IN DEN SCHWANZ BEISST, DIE MIDGARDSCHLANGE, DIE DIE ERDE UMSCHLIESST UND DIE UNS ALS KRONOS DRACHEN UND ALS BIBLISCHE SCHLANGE DER VERSUCHUNG WIEDERBEGEGNET.
    SARGON VON AKKAD SCHUF DAS ERSTE, GROSSE VORDERASIATISCHE REICH, DAS DREIHUNDERT JAHRE LANG BESTAND HATTE. DANN BRACH ES AUSEINANDER, UND DIE NACHFOLGER SARGONS ZOGEN NACH WESTEN.
    ICH ERZÄHLE EUCH VON DEN EINFLÜSSEN ÄGYPTISCHER KULTE IN DEN GOTTESBILDERN VON AKKAD, VOM ÄGYPTISCHEN SCHÖPFERGOTT ATUM, DER AUCH RE GENANNT WURDE, DER NUT UND GEB GRÜNDETE, EBENFALLS HIMMEL UND ERDE, UND VON PTAH, DEM HAUPTGOTT DER STADT MEMPHIS, DER DIE DINGE ERSCHUF, INDEM ER IHREN NAMEN NANNTE. AUF SARKOPHAGEN UND AN DEN WÄNDEN DER PYRAMIDEN WURDE PTAH GEZEIGT, WIE ER RAMSES II ERWECKTE, PTAH, EIN ALTER, BÄRTIGER MANN, DER DEN PHARAO AUS DEM NICHTS ENTSTEHEN LIESS, EINEN MANN, DER ETWAS IN DER HAND HIELT, WAS EINER SICHEL GLICH, WÄHREND EINE SCHLANGE AM BODEN ENTLANGKROCH. ICH ERZÄHLE EUCH VON NINURTA UND MARDUK.
    UND ICH BEFEHLE EUCH, DORTHIN ZU GEHEN, WO DIE BRUDERSCHAFT DER SCHLANGE HERKOMMT. ZU IHREM BERG. NACH SÜDOSTEN.
    »Schon wieder Marduk!« Julia blickte Emily an.
    »Der wird ja immer länger und komplizierter«, sagte die und ließ den Zettel sinken. »Als Nächstes schreibt er auch noch ein Buch für uns.«
    »Die Sache ist klar«, sagte Julia. »Wir sollen irgendwo hingehen.«
    »Und wo kann das sein?«
    Emily blickte sich um. Tausende von Passanten waren um sie herum, aber niemand konnte ihr helfen. Sie hatte einmal gehört, dass der heutige Mensch an einem einzigen Tag im Einkaufszentrum oder in der großen Stadt mehr Menschen sieht, als der Urmensch in seinem ganzen Leben. Entsprechend verloren fühlte man sich häufig.
    »Das ist doch wieder alles Blabla«, meinte Julia. »Bis auf diesen letzten Absatz.«
    UND ICH BEFEHLE EUCH, DORTHIN ZU GEHEN, WO DIE BRUDERSCHAFT DER SCHLANGE HERKOMMT. ZU IHREM BERG. NACH SÜDOSTEN.
    »Gibt es hier einen Berg?« Emily sah ihre Freundin fragend an.
    »Na ja, diesen komischen Müllberg, wo wir waren. Ich hoffe aber, dass wir da nicht noch einmal hinmüssen.«
    »Der ist es wahrscheinlich auch nicht.«
    »Und was ist mit Südosten gemeint?« Julia stemmte die Hände in die Hüften. »Dieser Sargon von Akkad lebte ja offenbar in Babylonien oder sonst wo. Der Irre erwartet doch von uns nicht ernsthaft, dass wir nach Vorderasien reisen?«
    »Kann ich mir nicht vorstellen. Würde viel zu lange dauern, und dieser Typ will ja immer mit neuen Sensationen gefüttert werden. Die hat er nicht, wenn wir stundenlang im Flugzeug sitzen.«
    »Auch wieder wahr. Also ist es wahrscheinlich irgendwo in der Nähe.«
    Julia schaute sich um. An der Ecke Liberty Street, Broadway war ein Informationsbüro. Es gab Theaterkarten, Kinokarten, Stadtpläne, Tickets für Ausflüge mit der Staten Island Fähre nach Ellis Island und der Freiheitsstatue und vieles mehr.
    »Vielleicht fragen wir da mal?«
    Emily verzog das Gesicht. »Meinst du, die wissen das?«
    »Keine Ahnung, fragen wir einfach mal unverbindlich.« Julia war schon auf dem Weg.
    »Und wie?«
    »Ganz unvoreingenommen.« Sie zwinkerte Emily zu. »Lass mich nur machen!«
    Eine schwarze Frau mit Rasterlocken saß Kaugummi kauend hinter dem Tresen des Informationsbüros. Hi, ich bin Tammy , stand auf ihrem Namensschild.
    »Guten Abend, Madam«, sagte Julia. »Wir sind auf ein exquisites Event eingeladen, für das wir eine ziemlich kryptische Einladung bekommen haben. Das machen die immer so. Wir müssen herausfinden, welche Location das ist. Diesmal sind wir aber etwas unter Zeitdruck und dachten, dass Sie uns vielleicht helfen können.«
    »Schauen wir mal«, sagte Tammy.