Spiel der Dämmerung - Feehan, C: Spiel der Dämmerung - Mind Game (Ghost Walkers # 2)
Rauch des Feuers nahm ihm die Sicht. Er konnte nicht erkennen, wen er geheilt hatte. Er spürte die zärtlichen Berührungen der kleinen Hände, die seine nackte Haut liebkosten, senkte den Blick und sah eine Flut schimmernden schwarzen Haars, das über seinen Bauch strich, glänzend wie Seidenstränge, ihn neckte und mit ihm spielte, bis sein Körper sich vor sinnlichem Verlangen versteifte.
Nicolas streckte die Hand nach ihr aus, entschlossen, endlich zu erfahren, wer sie war. Seine Finger gruben sich in die seidige Fülle ihres Haars. Dann erwachte er unvermittelt, merkte, dass seine Fäuste sich um Dahlias Haar geschlossen hatten und sein Körper steinhart geworden war. Ihr Kopf lag auf seinem Magen, und sie bewegte sich unruhig, kämpfte mit Alpträumen. Er unterdrückte ein
frustriertes Stöhnen. Wenn er sie jetzt aufweckte, würde er sie in Verlegenheit bringen. Ließe er sie weiterschlafen, würden ihre Alpträume und sein Unbehagen sehr wahrscheinlich eskalieren. Er blieb ganz ruhig liegen, seine Hände in ihrem Haar vergraben, als sich ihr Atemrhythmus plötzlich veränderte. Sogleich wusste er, dass sie wach geworden war.
Dahlia spürte die Angst, die wie ein Felsblock auf ihrer Brust lastete. Sie erwachte aus einem Alptraum, der ihr nur zu vertraut war und sie nie ganz losließ. Schattenhafte Gestalten beobachteten sie. Beobachteten sie immer. Sie brauchte freien Himmel über sich, wo sie atmen konnte. Im Sanatorium war sie nachts oft aus dem Bett gekrochen und aufs Dach geklettert. Sie blieb ganz ruhig liegen, rührte sich nicht, lauschte dem gleichmäßigen Geräusch von Nicolas’ Atem und wusste dennoch, dass er nicht schlief. Wahrscheinlich war er von ihrem Gezappel aufgewacht, weil sie sich verspannt und ihr Atem sich beschleunigt hatte. Sie war sicher, dass er bereits so auf sie ausgerichtet war.
Erst jetzt merkte sie, dass sie sich an ihn schmiegte, ihr Oberschenkel zwischen den seinen lag, ihr Kopf auf seinem Bauch ruhte. Sofort rückte sie von ihm ab und spürte, wie ihr Haar aus seinen Fingern glitt. Schweigend lag sie da, unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Sie wollte sich entschuldigen, wusste aber nicht, wie. Am Ende zog sie sich feige aus der Affäre, weil sie es nicht länger aushielt. Sie kroch von der mit Moos gefüllten Matratze, achtete darauf, ihn nicht zu berühren, nicht wieder Körperkontakt herzustellen. In einer Stunde ungefähr würde es Tag werden. Sie kannte die nächtlichen Laute im Bayou. Nach Mitternacht lag sie meistens wach und konnte die
Stunden anhand der nächtlichen Serenaden der Insekten, der Vögel und Frösche bestimmen.
Obwohl Nicolas sich nicht bewegte, wusste sie, dass seine Augen offen waren, dass er sie dabei beobachtete, wie sie barfuß durch die Hütte tappte und leise die Tür öffnete. Nur zu deutlich spürte sie die Intensität seines Blicks, der ihren Rücken versengte. Und sie war sich nur allzu bewusst, wie dünn der Stoff seines Hemds war, das sie trug. Es reichte ihr zwar beinahe bis zu den Knien, doch darunter war sie nackt. Ihr Körper schmerzte, fühlte sich heiß an, ganz fremd. Die kühle Nachtluft strich über sie hinweg. Sie konnte nur hoffen, dass ihr Gesicht nicht so heiß glühte, wie es sich anfühlte.
Mit einer Leichtigkeit, die aus jahrelanger Übung resultierte, kletterte Dahlia auf das Dach der kleinen Hütte. Sie war ein wahres Bewegungstalent. Vorsichtig ließ sie sich auf den morschen Schindeln nieder und schaute zu den Wolken hinauf. So viele Nächte hatte sie schon im Freien verbracht, die Sterne beobachtet und sich gewünscht, sie könnte sich an den Wolken festhalten und mit ihnen davonschweben.
Irgendwann in der Nacht hatte der Regen nachgelassen. Sie liebte das leise, rhythmische Prasseln, ein Wiegenlied in ihren Ohren, das sie manchmal tatsächlich in den Schlaf lullte. Das Dach war feucht, die Luft über dem Sumpf nach dem reinigenden Regen frisch und klar.
Dass sie sich im Schlaf an einen wildfremden Mann geschmiegt hatte und halb auf ihm liegend erwacht war, darüber wollte sie nicht weiter nachdenken. Es war eben passiert. Daran konnte sie im Nachhinein ebenso wenig ändern wie an den Dingen, die Whitney mit ihr gemacht hatte. »Lily.« Leise flüsterte sie den Namen. Ihre heimliche
Freundin. Lily hatte sie mehr als einmal vor dem Irrsinn bewahrt, dennoch hatte man ihr eingeredet, dass es keine Lily gab. Nie eine gegeben hatte. Lily sei ein Hirngespinst, ein Produkt ihrer Fantasie. Solange sie sich erinnern
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