Spiel der Dämmerung - Feehan, C: Spiel der Dämmerung - Mind Game (Ghost Walkers # 2)
zuwider.
Sie hielt sich im Schatten des Gebäudes, huschte an der Mauer entlang bis zur Hausecke, spähte herum und versuchte die Energie zu erspüren, die ihr sagen würde, dass sie nicht allein war. Energie war ein zweischneidiges Schwert. Wenn sie sich um sie herum sammelte, verlor sie die Fähigkeit, exakt zu »fühlen«, wo diese herkam. Das Haus strahlte Energie ab, das Resultat von Nervosität, Angst und Überlebenswillen. Das NCIS-Team innerhalb des Gebäudes hatte erwartet, sie allein vorzufinden, und war deshalb »sanft« eingedrungen und nicht auf Probleme vorbereitet. Jetzt wusste es, dass es umzingelt war und einem Feuergefecht mit einem unbekannten Gegner entgegensah.
Nicolas war entschlossen, die Chancen auszugleichen. Er lag auf dem Dach, sein erstes Ziel exakt im Visier. Falls die Kerle das NCIS-Team auslöschten, würde er sicherstellen, dass sie dafür bezahlten. Zum ersten Mal war er ein wenig abgelenkt, hätte Dahlia gern berührt und wissen wollen, dass sie in Sicherheit war. Er war überzeugt davon, dass er es spüren würde, wenn ihr Gefahr drohte. Er brachte seinen Finger in Position, hielt das Auge fest an das Zielfernrohr gepresst und hoffte, dass sie weit genug weg war, wenn er abdrückte.
Dahlia ging in die Knie, als die Welle der Gewalt über sie hinwegschwappte. Sie hielt sich den Bauch und kämpfte gegen das Schwindelgefühl an. Vor ihren Augen tanzten weiße Punkte. Ihre Luftröhre verengte sich. Sie rappelte sich wieder hoch und stolperte den schmalen Pfad zwischen Büschen und Mülltonnen entlang, hielt sich immer wieder an Ästen fest, um Luft zu holen. Dabei bemühte sie sich, ihre
Atemgeräusche so gering wie möglich zu halten. Nachts waren Geräusche viel leichter auszumachen, und trotz der Musik, die aus den Bars und Kneipen in den umliegenden Straßen zu hören war, wusste sie, dass die Männer, die sie verfolgten, auf das kleinste Geräusch achten würden.
Sie musste eine Straße überqueren. Es war zwar weit und breit niemand zu sehen, doch die Energie war so stark, dass sie unmöglich entscheiden konnte, ob jemand in ihrer Nähe war. Ihr blieb nichts anders übrig, als das Risiko einzugehen. Es war absolut unumgänglich, dass sie sich so weit wie möglich aus der Kampfzone entfernte. Sie schaute sich um, ein letzter vorsichtiger Blick, dann trat sie vom Gehsteig auf die Straße und rannte so schnell, wie es ihre wackeligen Beine erlaubten. Vor ihren Augen verschwamm alles. Die Straßen hier waren uneben, übersät mit Schlaglöchern. Sie stolperte weiter und konnte nur hoffen, dass man sie für betrunken hielt, sollte jemand sie sehen. Sie hatte die andere Straßenseite schon fast erreicht, als sich ein Mann aus den Schatten löste und vom Gehsteig auf die Fahrbahn trat. Er hatte eine Pistole in der Hand, und die war direkt auf sie gerichtet.
Obwohl Dahlia die dunkle Energie, die er abstrahlte, mit voller Wucht traf, ging sie weiter, torkelte jetzt ganz bewusst und brabbelte dabei vor sich hin, als hätte sie ihn nicht bemerkt. Sie bezweifelte, dass irgendjemand wusste, wie sie aussah. Das French Quarter war ein stark frequentiertes Viertel, selbst in den frühen Morgenstunden, und der Anblick eines betrunkenen Touristen war nichts Ungewöhnliches. Sie drehte den Kopf in die Richtung des Mannes, als sie nur ein paar Meter von ihm entfernt war, gab sich überrascht und hoffte, als Nachteule auf dem Heimweg durchzugehen.
»Kommste vonner Kostümparty? Siehst richtig echt aus«, lallte sie und stakste schwankend auf ihn zu, versuchte in seine unmittelbare Nähe zu gelangen.
Im nächsten Moment stellte sie verwundert fest, beinahe schockiert, dass er versuchte abzuschätzen, ob sie für ihn eine Gefahr darstellte. Sie trug ein schwarzes Sweatshirt und Stiefel, doch das offene Haar fiel ihr über den Rücken hinab bis zur Hüfte, und sie war ganz offensichtlich unbewaffnet. Außerdem war sie viel zu klein, um ihm körperlich irgendwie gefährlich werden zu können. Der Mann entspannte sich sichtlich. »Was zum Teufel glotzt du so?«
Sie nuschelte irgendetwas Unverständliches und spielte weiter die Betrunkene.
Ohne Vorwarnung packte der Mann sie am Arm und stieß sie gegen die Hausmauer. »Was machst du so spät noch auf der Straße?« Er hielt sie mit einer Hand fest, grabschte mit der anderen nach ihrer Brust und drückte ein paar Mal ziemlich fest zu.
Dahlia überdachte kurz ihre Chancen, ob sie sich gegen ihn wehren konnte, ohne ihre Scharade aufzugeben. Der
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