Spiel der Finsternis: Der Bund der Schattengänger 10 - Roman (German Edition)
respektieren. In dieser Situation konnte sie so oder so nur verlieren.
Zum ersten Mal schlich sich echte Anspannung in sie ein. Sie zwang sich, normal zu atmen und so ruhig und gelassen zu wirken wie sonst auch. Diese kräftigen Finger, die an der Innenseite ihres Handgelenks über ihre Haut strichen, hielten in der Bewegung inne und legten sich wie eine Fessel um ihren Arm.
»Ich weiß , dass sie vertrauenswürdig ist, Ryland«, sagte Sam, ohne seine Stimme zu erheben.
Azami wagte es nicht, ihm einen Blick zuzuwerfen. Ihr Herz hatte begonnen, ganz seltsam zu schlagen, in einem Rhythmus, der ihr neu war. Sie verspürte den unerwarteten Drang, sich zu ihm hinüberzubeugen und ihm ihr Gesicht entgegenzuheben. Seine Stimme klang absolut aufrichtig. Seine schlichte Aussage bedeutete Ryland nichts, doch ihr bedeutete sie alles.
Einen Moment lang brannten ihre Augen und zwangen sie, ihre Wimpern zu senken. Ihr Vater hatte sich für sie eingesetzt. Ihre Brüder befanden sich in diesem Moment in einem anderen Raum und hörten zu, damit sie ihr zu Hilfe eilen konnten, falls es notwendig sein sollte, und zu dritt könnten sie eine Chance haben, sich den Weg freizukämpfen. Nie hatte jemand anders zu ihr gestanden, und Sam stand nicht nur zu ihr, er stellte sich vor sie. Er glaubte in einem Maß an sie, das ihn dazu brachte, zwar niemanden zu täuschen, aber doch von ihr abzulenken.
Ryland kannte Sam offenbar sehr gut. Diese stählernen Augen wurden schmaler. »Du bist mir eine verdammt große Hilfe, Springer. Wenn uns hier jemand verarscht, dann bist du es.«
»Ich sage die volle Wahrheit, Rye«, entgegnete Sam.
»Na klar. Was zum Teufel geht zwischen euch beiden vor?«
Sam zuckte die Achseln. »Ich habe die Absicht, ihre Brüder um Erlaubnis zu bitten, sie zu heiraten.«
Azami schnappte nach Luft, wandte ihm abrupt den Kopf zu und blickte zu ihm auf. Still für sie zu kämpfen war eine Sache, aber er stellte sich offen auf ihre Seite, und das war etwas ganz anderes.
Sams Finger schlossen sich fester um ihren Arm, und er sah Ryland fest ins Gesicht. »Azami ist ein Schattengänger. Sie ist eine von uns, und nicht nur das, sie ist die Richtige für mich. Ich will, dass ihr das von vornherein wisst. So sicher bin ich mir ihrer.«
»Und du glaubst nicht, es besteht die Möglichkeit, dass deine Gefühle für sie dich geblendet haben? Du bist ihr gerade erst begegnet. Meinst du nicht, es sei etwas zu schnell gegangen?«
Azami zuckte zusammen. Sie wusste, worauf Ryland anspielte – dass es Whitney irgendwie gelungen war, sie als ein Paar anzulegen. Sie hielt ihren Kopf gesenkt, um zu verhindern, dass ihr jemand ihre inneren Qualen ansah.
»Und wie hat sich das bei dir bewährt, Ryland?«, fragte Sam barsch. Er sah sich am Tisch um. »Bei jedem von euch, der verheiratet ist?« Er zog seine breiten Schultern hoch und ließ sie wieder sinken. »Mir ist ziemlich egal, ob Whitney Azami und mich als ein Paar angelegt hat oder nicht – wobei ich nicht wüsste, wie ihm das gelungen sein könnte –, denn ich weiß, dass sie zu mir passt. Daran habe ich nicht den geringsten Zweifel.«
Azami schüttelte den Kopf. Selbst wenn sie Sam noch so sehr für sich haben wollte, durfte sie nicht zulassen, dass er sich opferte. »Machen wir mal langsam. Es gibt noch etwas, was du wissen solltest, etwas, was relevant für das sein könnte, was du im Moment empfindest, Sam.«
»Ich brauche nicht mehr zu wissen, Azami«, beteuerte ihr Sam.
Wieder brannten Tränen in ihren Augen, und sie zwinkerte mehrfach rasch hintereinander. Die Kehle schnürte sich ihr einen Moment lang zu.
»Es mag ja sein, dass du nicht mehr zu wissen brauchst«, sagte Ryland. »Aber ich muss mehr hören. Sprechen Sie bitte weiter, Azami.«
Es war ein großes Zugeständnis, dass er sie wieder mit ihrem Vornamen angesprochen hatte. In seiner Stimme hatte eine Warnung mitgeschwungen, die Sam galt. Sie legte ihre Hand auf seine, eine behutsame Vorsichtsmaßnahme unter dem Tisch. Sie wollte nicht, dass er sich Ärger mit seinem Team einhandelte, zumindest nicht, ehe er gehört hatte, was sie zu sagen hatte.
»Bisher scheint es so, als passten Whitneys Paare zusammen. Ich habe die Vermutung angestellt, das könnte vielleicht ein Teil seiner übersinnlichen Gabe sein, die er zweifellos besitzt. Diejenigen unter Ihnen, mit denen ich mich eingehender zu befassen versucht habe, scheinen einander großen Halt zu geben, aber keiner von Ihnen ist in eine Lage gebracht worden,
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