Spiel der Finsternis: Der Bund der Schattengänger 10 - Roman (German Edition)
es ihm schwergefallen, über den ungeschützten Parkplatz zu seinem Fahrzeug vorauszugehen. Das Gefühl drohender Gefahr wurde stärkter, statt sich zu zerstreuen. Bei jedem Schritt stellten sich ihm die Nackenhaare auf, aber er geriet nie aus dem Takt und ließ sich auch nicht anmerken, dass er besorgt war. Das Trio spielte die Rolle von Geschäftsleuten, aber irgendwie kamen sie ihm nicht so vor, als seien sie welche. All seine Sinne blieben in Alarmbereitschaft, und er fühlte tatsächlich, wie die Giftbeutel pulsierten, die im Zuge von einem von Whitneys wahnsinnigen Experimenten in seine Handgelenke implantiert worden waren. Da sein Körper mit einer solchen Intensität reagierte, war er ganz sicher, dass er sich nicht irrte und dass mit ihren drei Gästen etwas nicht in Ordnung war.
Es war nahezu unmöglich, das Gesichtserkennungsprogramm zu täuschen, und es hätte mit Sicherheit wenigstens einen von ihnen als Betrüger entlarvt und augenblicklich Alarm geschlagen, doch Lily hatte die Identität von allen dreien bestätigt. Offenbar war der größere Mann wirklich Daiki Yoshiie, der Gründer von Samurai Telecommunications, und die beiden anderen waren sein Adoptivbruder und seine Adoptivschwester. Die Firma war schnell an die Spitze aufgestiegen und hatte sich international einen makellosen Ruf erworben. Es hieß, sie würde nach dem Verhaltenskodex geführt, den man unter der Bezeichnung Bushido kannte, und das Wort ihrer Teilhaber sei Gold wert.
Sam wusste zu jedem Zeitpunkt ganz genau, wo sich jeder der drei Besucher befand. Sie hatten sich aufgefächert, als sie ihm folgten, und die Frau war direkt hinter ihm. Keiner von ihnen erzeugte beim Gehen Geräusche, weder das Auftreffen ihrer Fußsohlen noch ein leises Rascheln ihrer Kleidungsstücke war zu hören. Trotzdem »sah« er sie. Er besaß die Fähigkeit, alles, was hinter ihm war, zu »fühlen« und genau zu vermessen. Er plante in Gedanken jeden Schritt. Beim ersten Anzeichen für einen Angriff würde er einen Schritt zurück und nach links machen, um Eiji in die Enge zu treiben, während er die Frau als Erste ausschaltete, weil er der Überzeugung war, dass sie die echte Bedrohung darstellte. Dann würde er Eiji das Genick brechen und ihn als Schutzschild gegen Daikis Angriff benutzen. Es würde ein einziger flüssiger Bewegungsablauf sein müssen, Azami und sofort nach ihr Eiji zu töten.
Nico würde ganz bestimmt Daiki umlegen. Trotzdem war Sam bewaffnet und plante, Daiki zu erschießen, sowie er Eiji aus dem Weg geräumt hatte. Er studierte jeden Schritt in Gedanken ein, bis er wusste, dass jede Bewegung flüssig war. Währenddessen achtete er darauf, unbeschwert zu atmen und lässig zu schlendern. Sie überquerten den Parkplatz ohne Zwischenfälle.
Er schloss den Geländewagen auf und öffnete die Beifahrertür. Daiki schlüpfte hinein – zu Sams großer Bestürzung. Er hatte erwartet, dass die Frau den Vordersitz nehmen würde. Sie warf ihm einen schnellen Blick zu, bei dem ihre geschwungenen Wimpern den Ausdruck in ihren Augen verbargen, und ging um das Fahrzeug herum, um sich auf den Platz hinter dem Fahrer zu setzen. Ein Muskel in Sams Mundpartie zuckte. Er wollte die Frau da haben, wo er sie sehen konnte. Die beiden Männer bewirkten nicht, dass sich ihm so die Nackenhaare aufstellten. Das Letzte, was er wollte, war, dass sie hinter ihm saß.
Sam nahm Daikis Tasche und verstaute sie hinten, sammelte dann auch Eijis Tasche ein und stellte sie behutsam in den Stauraum. In dem Geländefahrzeug gab es drei Sitzreihen, und dadurch war der Stauraum klein, doch die Besucher schienen mit leichtem Gepäck zu reisen. Azami hatte ihre Reisetasche sehr ordentlich neben sich abgestellt. Er hätte sich gern eine Vorstellung von dem Gewicht dieser Tasche gemacht. Die Frau war eindeutig die Bedrohung, auf die sein Körper reagierte.
Er war umfassend über die Besucher informiert worden. Über Azamis Leben, bevor Mamoru Yoshiie sie adoptiert hatte, war nur wenig bekannt. Über Yoshiie waren Gerüchte im Umlauf, aber nichts Konkretes. Er stand in dem Ruf, ein direkter Abkömmling eines berühmten Samurai zu sein, und es hieß, seine Familie hätte sämtliche Kampfkünste und die Lebensweise des Samurai an ihn überliefert. Er war als Meister der Schwertschmiedekunst bekannt. Er schien ein stiller, sanftmütiger Mann zu sein, der ganz in seinem Familienleben aufging. Bei allen, die ihn kannten, stand er in einem guten Ruf, und doch hielten sich die
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