Spiel der Finsternis: Der Bund der Schattengänger 10 - Roman (German Edition)

sicherer, aber wenn es Whitney gelingt, einen weiteren Spion bei uns einzuschleusen, und der das herausfindet, ist es vorstellbar, dass Whitney diese Mikrochips gegen uns einsetzen könnte.«
    »Wann hat Whitney begonnen, den Mädchen, an denen er experimentiert hat, Mikrochips zu implantieren? In welchem Alter?«
    Lily schüttelte den Kopf. »Darüber habe ich bisher noch keine Daten gefunden. Wir müssen vorsichtig sein, wenn wir uns in seinen Computer einschleichen. Flame bemüht sich hier – genau wie Jaimie in San Francisco –, an möglichst viele Informationen zu gelangen, und dann sehen wir uns an, was wir zusammentragen konnten. Es ist ein langwieriger Prozess, weil wir nicht wollen, dass er Verdacht schöpft. Aber trotzdem …« Sie ließ ihren Satz mit einem Kopfschütteln abreißen.
    Sam sah ihr forschend ins Gesicht. »Lily, meine Süße, du kannst mit mir reden. Dich bedrückt doch etwas. Geht es um Daniel? Ich weiß, dass er extrem aktiv ist, aber er ist wirklich ein erstaunlicher Junge.« Er tätschelte ihre Hand. »Ich weiß, dass Kinderbetten und Laufställe ihn nicht halten können – er kommt überall raus –, aber er ist liebevoll und reizend und so intelligent.«
    »Ich habe ihm Zeichensprache beigebracht, da es noch einige Monate dauern wird, bis er wirklich anfängt zu sprechen – zumindest sollte es noch eine Weile dauern. Aber wenn ich ihn nicht falsch verstanden habe, hat er mir in Zeichensprache verständlich gemacht, dass er einen imaginären Freund hat, der mit ihm spielt.«
    Sam war alarmiert, als er hörte, dass ihre Stimme stockte. Es klang so, als stünde sie dicht vor den Tränen.
    »Sie spielen Verstecken miteinander. Ich vermute also, er glaubt, er spielt mit seinem Freund, wenn er sich vor uns versteckt.«
    Sie blinzelte mehrfach schnell hintereinander, als wollte sie die Tränen zurückhalten, und Sams Herz schlug dröhnend. Lily zeigte ihre Verletzlichkeit nur selten, und wenn sie es tat, war es herzerweichend.
    »Ich weiß nicht allzu viel über Kinder, Sam. Es ist nicht leicht, als erstes Kind ein Superkind zu haben. Ich lese, und ich stelle Nachforschungen an, aber es gibt keine Gebrauchsanweisung. Das Einzige, was ich mit Sicherheit weiß, ist, dass Daniel glücklich sein und durch seine Eltern ein erfülltes Leben haben sollte, ohne einen imaginären Freund zu brauchen.«
    »Lily.« Seine Stimme nahm einen beschwichtigenden Tonfall an. »Du musst doch wissen, dass du eine gute Mutter bist.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich hatte schließlich nicht gerade eine Kindheit wie andere Kinder, Sam. Peter Whitney ist mein Vater. Die Mädchen, von denen ich glaubte, sie seien meine Schwestern, wurden fortgebracht und für Experimente benutzt. Ich war ein Experiment. Einen großen Teil meiner Kindheit über wurde ich isoliert. Unter uns gesagt, mir werden sämtliche Kurse auf Erden, die für Eltern angeboten werden, keine Hilfe sein. Weshalb sollte Daniel in seinem Alter einen imaginären Freund brauchen? Ich versorge ihn mit allen erdenklichen Anregungen geistiger und körperlicher Natur. Ryland und ich halten ihn ständig in den Armen und überschütten ihn mit Liebe. Ihr alle überschüttet ihn mit Aufmerksamkeit, und daher ist es einfach unverständlich.«
    Sam war es verhasst, den Schmerz in ihrer Stimme zu hören. Wäre Lily nicht gewesen, hätten sämtliche Schattengänger in fürchterlichen Schwierigkeiten gesteckt. Sie hatte ihren gewaltigen Reichtum mit ihnen geteilt. Sie übernahm ihre medizinische Versorgung, und, was noch wichtiger war, sie trug ihnen Übungen auf und fand Möglichkeiten, denjenigen, die keine Reizfilter hatten, zu helfen, in einer Welt zu leben, in der sie keinen Anker in ihrer Nähe hatten. Sie setzte ihre Forschungen und ihre Arbeit fort, um Wege zu finden, wie sie ihnen helfen konnte, sämtliche Hindernisse zu überwinden, auf die sie durch ihre genetische Weiterentwicklung und die Steigerung ihrer Gaben stießen, aber auch, wie sie lernten, den Einsatz ihrer übersinnlichen Gaben zu perfektionieren. Lily war ein authentischer, ungekünstelter und liebevoller Mensch mit außergewöhnlichen Wertvorstellungen. Er liebte sie wie eine Schwester, die er nie gehabt hatte.
    Neben all diesen Dingen, die Lily für alle vier Schattengängerteams tat, versuchte sie auch noch zu lernen, die Mutter eines Kindes mit ganz besonderen Gaben zu sein. Daniel war körperlich und geistig hochentwickelt, und trotzdem war er in Wirklichkeit noch ein Kleinkind. Es gab