Spiel der Herzen (German Edition)
ganzen Abend so viel getrunken, um ihre Worte über Spieler und Schuldeneintreiber zu vergessen?
Genau das hatte ihn bislang davon abgehalten zu heiraten: Er brauchte keine Frau, die ihm wegen seines Lebenswandels Vorhaltungen machte. Es brauchte ihn nicht zu kümmern, was sie dachte. Er wollte nicht, dass es ihm etwas ausmachte.
Aber, der Herrgott möge ihm beistehen, es machte ihm etwas aus. Was hatte sie mit ihm angestellt?
Es hatte keinen Sinn zu versuchen, noch einmal einzuschlafen. Selbst um seinen gesunden Schlaf hatte sie ihn gebracht! Und je früher er aufstand, desto eher konnten sie aufbrechen – und desto schneller konnte er sie und die Brauerei ihres Bruders und ihre ganze vermaledeite Familie hinter sich lassen. Sobald sie in Burton eintrafen, würde er mit ihrem Bruder sprechen und Lake Ale besichtigen. Dann konnte er hoffentlich gleich am nächsten Morgen nach London zurückkehren. Er musste schnellstmöglich wieder an die Arbeit und beginnen, die Dinge bei Plumtree in Ordnung zu bringen.
Das Frühstück wurde in aller Eile eingenommen, während der junge George sich lautstark über die frühe Stunde beschwerte.
»George«, fuhr er ihn schließlich an, nachdem er einen Toast hinuntergewürgt und etwas Kaffee in seinen rebellierenden Magen gezwungen hatte, »könntest du vielleicht etwas leiser sein?«
Annabel warf ihm über ihren mit Butter und Marmelade bestrichenen Teekuchen hinweg einen Blick zu. »Gestern ist es wohl spät geworden?«
»Etwas«, entgegnete er einsilbig. Sie hatte kein Recht, über ihn zu urteilen.
»Das verstehen wir doch, gnädiger Herr«, sagte Mrs. Lake beschwichtigend. »Gentlemen gehen eben gern ihren Vergnügungen nach.«
»Allerdings«, brummte Annabel.
Dieses freche Weib!
Mrs. Lake machte freundlich Konversation. »Ich freue mich darauf, die Kinder wiederzusehen, gnädiger Herr. Ich weiß sie zwar bei meiner Mutter gut aufgehoben, aber es ist einem nie ganz wohl dabei, seine Kinder bei jemand anderem zu lassen.«
Dazu konnte er sich schwerlich äußern, nachdem seine Mutter sich umgebracht und es jemand anderem überlassen hatte, ihre Kinder großzuziehen. »Wie viele haben Sie?«
»Einen Jungen und zwei Mädchen. Zusätzlich zu Geordie.« Sie senkte den Blick und richtete ihn auf ihren Scone.
Vier Kinder. Grundgütiger! Also hatte Annabel die Wahrheit gesagt: Ihr Bruder war nicht todkrank. Sonst hätte sie nicht so entschieden ihr Desinteresse an der Ehe bekundet. Jede Ehe wäre besser gewesen, als die arme Verwandte einer armen Witwe mit vier Kindern zu sein. Selbst die Ehe mit einem verantwortungslosen Taugenichts wie ihm, der sich an den Spieltischen Londons herumtreibt, um ja nichts Sinnvolles mit seiner Zeit anstellen zu müssen.
Er runzelte die Stirn. »Ich nehme an, Sie sind auch froh, Ihren Mann wiederzusehen«, sagte er, um nicht daran zu denken, wie Annabel ihn heruntergemacht hatte. »Niemand ist so eine gute Krankenschwester wie die Ehefrau, nicht wahr?«
Sie sah ihn überrascht an, doch dann lächelte sie, und ihm wurde klar, dass er ihren Blick missdeutet haben musste. »So ist es, Sir. Ich bin erst beruhigt, wenn ich mich davon überzeugt habe, dass es ihm gut geht.«
Es war das erste Mal, dass sie ihrer Sorge um den Zustand ihres Mannes Ausdruck verlieh, was ebenfalls Annabels Aussage bestätigte, dass Mr. Lake nicht an einer schweren Krankheit litt.
Als sie sich vor der Kutsche versammelten, nachdem der Pferdeknecht ihr Gepäck aufgeladen hatte, wendete sich George ihm zu. »Ich würde gern oben sitzen, gnädiger Herr, wenn es Ihnen recht ist.«
»Geordie«, sagte Mrs. Lake, »das haben wir doch schon besprochen. Es ist zu gefährlich.«
»Vielleicht sollten wir es ihm erlauben, Sissy«, sagte Annabel leise. Als sie Jarret einen raschen Blick zuwarf, wusste er, dass sie an ihr Gespräch am Vortag zurückdachte. »Geordie hat sich in den letzten Tagen sehr gut benommen und hat eine Belohnung verdient.«
»Meinst du wirklich, es ist in Ordnung?«
»Das meine ich.«
»Na gut, Geordie, dann hinauf mit dir!« Als George jauchzend auf den Kutschbock kletterte, fügte Mrs. Lake hinzu: »Aber du musst dem Kutscher gehorchen und deine Hände bei dir behalten und auf deinem Platz sitzen bleiben, hast du gehört?«
»Ja, Mutter!«, rief er und strahlte vor Vorfreude.
Jarret fragte sich unwillkürlich, warum Mrs. Lake sich stets dem zu beugen schien, was Annabel in Bezug auf George sagte. Natürlich war Mrs. Lake nicht so energisch wie
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