Spiel der Magier
war, sie zu fassen. Sie schlug nicht zurück gegen Mara, denn dieses entsetzliche Aufeinanderprallen hätte die Welt in ihren Grundfesten erschüttert, sondern stand einfach, ruhig, unbewegt und unbeweglich, gegen die tosende Flut von Maras Zorn an. Für einen kurzen Moment teilte Garion die Wahrnehmungen des Geistes in ihm, und er schauderte vor ihrer Größe zurück. In diesem einen Augenblick sah er die Geburt unzähliger Sonnen, die in riesigen Spiralen durch die samtene Schwärze des leeren Raums zogen, ihre Geburt und ihre Vereinigung zu Galaxien und riesigen, sich drehenden Nebeln nahm kaum einen Moment in Anspruch. Und hinter all dem sah er der Zeit selbst ins Gesicht – sah in einem einzigen Augenblick ihren Anfang und ihr Ende.
Mara schrak zurück. »Ich muß mich beugen«, sagte er heiser, und dann verbeugte er sich vor Garion, sein wutverzerrtes Gesicht wurde seltsam demütig. Er wandte sich ab, verbarg sein Gesicht in den Händen und weinte bitterlich. »Dein Kummer wird ein Ende haben, Mara«, sagte die Stimme sanft. »Eines Tages wirst du wieder Freude finden.«
»Niemals«, schluchzte der Geist. »Mein Kummer wird ewig währen.«
»Ewig ist eine sehr lange Zeit, Mara«, sagte die Stimme, »und nur ich kann ihr Ende sehen.«
Der weinende Gott antwortete nicht, sondern ging fort, aber das Echo seiner Wehklagen erfüllte wieder die Ruinen von Mar Amon.
Meister Wolf und Tante Pol starrten Garion gebannt an. Als der alte Mann sprach, war seine Stimme von Ehrfurcht erfüllt. »Ist das möglich?«
»Bist du es nicht, der immer sagt, alles ist möglich, Belgarath?«
»Wir wußten nicht, daß du direkt eingreifen kannst«, sagte Tante Pol.
»Hin und wieder bringe ich die Dinge ins Rollen mache ein paar Vorschläge. Wenn ihr genau zurückdenkt, könnt ihr euch vielleicht an einige davon erinnern.«
»Bekommt der Junge etwas von all dem mit?« fragte sie.
»Natürlich. Wir haben uns darüber unterhalten.«
»Wieviel hast du ihm erzählt?«
»So viel, wie er verstehen kann. Mach dir keine Sorgen, Polgara. Ich tue ihm nichts. Er weiß jetzt, wie wichtig all dies ist. Er weiß, daß er sich vorbereiten muß und daß er dafür nicht viel Zeit hat. Ich glaube, ihr solltet jetzt besser gehen. Die Anwesenheit des tolnedrischen Mädchens verursacht Mara großen Schmerz.«
Tante Pol sah aus, als ob sie noch etwas sagen wollte, warf dann jedoch nur noch einen Blick auf die Gestalt des weinenden Gottes und nickte. Sie ging zu ihrem Pferd und führte sie aus den Ruinen heraus.
Meister Wolf kam zu Garion, nachdem sie wieder aufgesessen waren, um Polgara zu folgen. »Vielleicht könnten wir uns beim Reiten etwas unterhalten«, schlug er vor. »Ich habe viele Fragen.«
»Er ist weg, Großvater«, sagte Garion.
»Oh«, machte Wolf vor offensichtlicher Enttäuschung.
Es war fast Sonnenuntergang, und sie hielten in einem kleinen Gehölz etwa eine Meile hinter Mar Amon an. Seit sie die Ruinen verlassen hatten, hatten sie keins der entstellten Gespenster mehr zu Gesicht bekommen. Nachdem die anderen gegessen hatten und zu Bett geschickt worden waren, saßen Tante Pol, Garion und Meister Wolf noch um ihr kleines Feuer. Seit das Bewußtsein in seinem Geist nach der Begegnung mit Mara verschwunden war, fühlte Garion sich immer schläfriger. Alles Gefühl war jetzt aus ihm gewichen, und er schien nicht mehr selbständig denken zu können.
»Können wir jetzt zu dem – anderen sprechen?« fragte Meister Wolf hoffnungsvoll.
»Er ist nicht hier«, antwortete Garion.
»Dann ist er nicht immer bei dir?«
»Nein. Manchmal ist er monatelang weg, ab und zu sogar noch länger. Jetzt ist er schon ziemlich lange da – seit Asharak verbrannt ist.«
»Wo genau ist er, wenn er da ist?« fragte der alte Mann neugierig.
»Hier drin.« Garion tippte sich an den Kopf.
»Bist du die ganze Zeit wach gewesen, seit wir in Maragor sind?« fragte Tante Pol.
»Nicht richtig wach«, antwortete Garion. »Ein Teil von mir hat geschlafen.«
»Konntest du die Geister sehen?«
»Ja.«
»Aber sie haben dir keine Angst gemacht?«
»Nein. Einige haben mich erstaunt, und bei einem ist mir übel geworden.«
Wolf sah ihn rasch an. »Aber jetzt würde dir nicht mehr übel, oder?«
»Nein. Ich glaube nicht. Ganz zu Anfang konnte ich so etwas noch fühlen. Jetzt nicht mehr.« Wolf blickte nachdenklich in das Feuer, als suchte er nach den richtigen Worten für seine nächste Frage. »Was hat der in deinem Kopf gesagt, als ihr euch
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