Spiel der Magier
Wir haben Angst vor dem Wetter, vor mächtigen Männern, wir haben Angst vor der Nacht und vor den Ungeheuern, die in der Dunkelheit lauern, und wir haben Angst davor, alt zu werden und zu sterben. Manchmal haben wir sogar Angst vor dem Leben. Einfache Leute haben fast in jeder Minute ihres Lebens Angst.«
»Aber wie könnt Ihr das ertragen?«
»Haben wir denn eine Wahl? Angst ist Teil des Lebens, Mandorallen, und es ist das einzige Leben, das wir haben. Man gewöhnt sich daran. Wenn du sie jeden Morgen angetan hast wie einen alten Mantel, nimmst du sie kaum noch wahr. Manchmal hilft es, darüber zu lachen wenigstens ein bißchen.«
»Darüber zu lachen?«
»Das zeigt der Angst, daß du von ihr weißt, aber trotzdem weiter tust, was du ohnehin tun mußt.« Durnik sah auf seine Hände nieder, die behutsam den Leib der Stute massierten. »Manche Männer schimpfen, fluchen und toben«, sprach er weiter. »Ich glaube, das bewirkt das gleiche. Jeder muß seinen eigenen Weg finden, mit der Angst fertig zu werden. Ich persönlich bevorzuge das Lachen. Es erscheint mir irgendwie angebrachter.«
Mandorallens Gesicht wurde ernst und nachdenklich, als Durniks Worte ihm langsam ins Bewußtsein drangen. »Ich werde darüber nachdenken«, sagte er. »Es mag wohl sein, guter Freund, daß ich Euch für diesen freundlichen Rat mehr als mein Leben schulde.«
Wieder stöhnte die Stute, tief und herzzerreißend, und Durnik richtete sich auf und krempelte seine Ärmel hoch. »Das Fohlen muß umgedreht werden, Herrin Pol«, sagte er entschieden. »Und zwar bald, sonst verlieren wir beide die Stute und das Fohlen.«
»Laß mich ihr zuerst hiervon etwas eingeben«, antwortete sie und kühlte den brodelnden Topf mit etwas kaltem Wasser ab. »Halte ihren Kopf«, bat sie Hettar. Er nickte und legte seine Arme fest um den Kopf der schwer atmenden Stute. »Garion«, sagte Tante Pol, während sie der Stute von der Flüssigkeit einflößte, »warum gehst du nicht mit Ce’Nedra zu Silk und deinem Großvater hinüber?«
»Hast du schon mal ein Fohlen umgedreht, Durnik?« fragte Hettar besorgt.
»Ein Fohlen nicht, aber Kälber schon oft. Ein Pferd unterscheidet sich nicht so sehr von einer Kuh.«
Barak erhob sich rasch. Sein Gesicht war leicht grün. »Ich gehe mit Garion und der Prinzessin«, brummte er. »Ich glaube nicht, daß ich hier viel helfen kann.«
»Ich werde mich Euch anschließen«, sagte Mandorallen. Auch er war sichtlich blaß geworden. »Ich denke, es ist das beste, unseren Freunden für ihre Geburtshilfe genügend Platz zu schaffen.«
Tante Pol betrachtete die beiden Krieger leicht belustigt, sagte jedoch nichts. Garion und die anderen entfernten sich ziemlich schnell.
Silk und Meister Wolf standen hinter dem riesigen Steintisch und spähten in eine weitere kuppelförmige Öffnung in der glühenden Wand. »Ich habe noch nie solche Früchte gesehen«, meinte der kleine Mann gerade.
»Das hätte mich auch gewundert«, antwortete Wolf.
»Sie sehen so frisch aus, als wären sie eben erst gepflückt worden.« Silks Hand bewegte sich fast unwillkürlich auf die verlockenden Früchte zu.
»Ich würde es nicht tun«, warnte Wolf.
»Ich frage mich, wie sie wohl schmecken.«
»Fragen wird dir nicht schaden, probieren vielleicht doch.«
»Ich hasse unbefriedigte Neugier.«
»Du wirst darüber hinwegkommen.« Wolf wandte sich Garion und den anderen zu. »Was macht das Pferd?«
»Durnik sagt, er muß das Fohlen umdrehen«, erzählte Barak. »Wir dachten, es wäre besser, dabei nicht im Weg zu sein.«
Wolf nickte. »Silk!« mahnte er scharf, ohne sich umzudrehen.
»Tut mir leid.« Silk zog seine Hand zurück.
»Warum läßt du die Finger nicht davon? Du bringst dich nur in Schwierigkeiten.«
Silk zuckte die Achseln. »Das tue ich ohnehin ständig.«
»Laß es einfach, Silk«, sagte Wolf bestimmt. »Ich kann dich nicht ständig im Auge behalten.« Er fuhr mit den Fingern unter den schmutzigen, arg mitgenommenen Verband um seinen Arm und kratzte sich gereizt. »Das reicht jetzt«, sagte er. »Garion, nimm mir das Ding ab.« Er streckte den Arm aus.
Garion wich zurück. »Ich nicht«, lehnte er ab. »Weißt du, was ich von Tante Pol zu hören bekomme, wenn ich das ohne ihre Erlaubnis mache?«
»Sei nicht albern. Silk, dann du.«
»Erst sagst du mir, ich sollte mich nicht in Schwierigkeiten bringen, und dann bittest du mich, Polgara in die Quere zu kommen?«
»Ach, herrje«, sagte Ce’Nedra. Sie nahm den Arm des alten
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