Spiel der Magier
noch unsicher auf dem Hals. Es zog die Beine unter sich und versuchte aufzustehen. Instinktiv wandte es sich seiner Mutter zu und stolperte zu ihr, um zu trinken. Sein Fell, das vollkommen tiefbraun gewesen war, ehe Garion es berührte, zeigte nun auf der Schulter einen einzelnen leuchtendweißen Fleck, der genau die Größe des Mals in Garions Handfläche hatte.
Garion kam auf die Füße und stolperte an den anderen vorbei. Er ging zu der eiskalten Quelle, die aus der Öffnung in der Wand sprudelte und ließ sich Wasser über Hals und Gesicht laufen. Er kniete zitternd vor der Quelle und blieb lange Zeit keuchend so hocken. Dann spürte er eine zögernde, fast scheue Berührung am Ellbogen. Als er erschöpft den Kopf hob, sah er das nun schon kräftigere Fohlen neben sich, das ihn mit seinen feuchten Augen bewundernd ansah.
9
A m nächsten Morgen hatte sich der Sturm gelegt, doch sie blieben noch einen weiteren Tag in der Höhle, damit sich die Stute etwas erholen und das neugeborene Fohlen Kräfte sammeln konnte. Garion fand die Aufmerksamkeit des kleinen Tieres lästig. Wo er auch hinging, die sanften Augen folgten ihm, und ständig schnupperte das Fohlen an ihm herum. Auch die anderen Pferde beobachteten ihn mit stummem Respekt. Alles in allem empfand er es als etwas störend. Am Morgen ihrer Weiterreise entfernten sie sorgfältig alle Spuren ihres Aufenthaltes. Sie säuberten die Höhle spontan, ohne sich vorher abgesprochen zu haben. Es war etwas, was sie einfach kommentarlos taten.
»Das Feuer brennt noch«, sagte Durnik beunruhigt und blickte von der Tür her zurück in das schimmernde Gewölbe.
»Es wird von selbst ausgehen, wenn wir fort sind«, sagte Wolf. »Ich glaube sowieso nicht, daß du es löschen könntest wenn du es auch noch so sehr versuchtest.«
Durnik nickte ernst. »Du hast wahrscheinlich recht«, stimmte er zu.
»Schließ die Tür, Garion«, sagte Tante Pol, nachdem sie die Pferde auf das Sims außerhalb der Höhle geführt hatten.
Recht stolz auf sich, faßte Garion eine Kante der riesigen eisernen Tür und zog daran.
Obwohl Barak mit aller Kraft erfolglos versucht hatte, die Tür zuzudrücken, bewegte sie sich leicht, sobald Garions Hand sie berührte. Ein einziger Stoß genügte, um sie mühelos zuschwingen zu lassen. Die beiden massiven Flügel trafen mit einem lauten, hohlen Dröhnen zusammen, und nur eine dünne, kaum sichtbare Linie zeigte, wo sie aufeinanderstießen.
Meister Wolf legte seine Hand auf das geschwärzte Eisen, sein Blick war in die Ferne gerichtet. Dann seufzte er einmal, drehte sich um und führte sie über den Sims auf den Weg zurück, den sie zwei Tage zuvor gekommen waren.
Sobald sie die Bergschulter umrundet hatten, stiegen sie wieder auf die Pferde und ritten durch schmelzende Eisfelder zu den ersten niedrigen Büschen und verkrüppelten Bäumen, die ein paar Meilen unterhalb des Passes standen, talwärts. Obwohl der Wind noch frisch war, war der Himmel blau, und nur ein paar vereinzelte Wolken, die seltsam nah wirkten, jagten dahin.
Garion ritt zu Meister Wolf nach vorn. Seine Gedanken waren durch das, was in der Höhle geschehen war, in Aufruhr, und er mußte dringend einiges klären. »Großvater«, sagte er.
»Ja, Garion?« antwortete der alte Mann, aus seinem Halbschlaf hochschreckend.
»Warum hat Tante Pol versucht, mich zurückzuhalten? Mit dem Fohlen, meine ich.«
»Weil es gefährlich war«, erwiderte er, »sehr gefährlich.«
»Wieso gefährlich?«
»Wenn du etwas versuchst, das unmöglich ist, kannst du zuviel Energie darin verlieren, und wenn du es dann noch weiter versuchst, kann es fatal enden.«
»Fatal?«
Wolf nickte. »Du zehrst dich selbst völlig aus, und dann hast du nicht mehr genug Kraft, dein eigenes Herz weiter schlagen zu lassen.«
»Das wußte ich nicht.« Garion war entsetzt.
Wolf duckte sich, als sie unter einem tiefhängenden Ast hindurchritten. »Offensichtlich.«
»Sagst du nicht immer, nichts ist unmöglich?«
»In Grenzen, Garion. In Grenzen.«
Sie ritten einige Minuten schweigend weiter. Das Hufgeklapper ihrer Pferde wurde durch das dichte Moos, das den Boden bedeckte, gedämpft.
»Vielleicht sollte ich mehr über all das herausfinden«, meinte Garion schließlich. »Keine schlechte Idee. Was willst du wissen?«
»Alles, glaube ich.«
Meister Wolf lachte. »Ich fürchte, das wird dann sehr lange dauern.«
Garions Herz sank. »Ist es so schwierig?«
»Nein. Eigentlich ist es sehr einfach, aber einfache
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